Wieso ein Gesetz für die Justiz nicht gilt

An dem Verbot gibt es nichts zu deuteln. Dennoch verstoßen noch immer Gastwirte dagegen, Taxifahrer oder Kioskbesitzer. Auch Kulturinstitute sind unter den Sündern, sogar die Justiz macht fleißig mit. Denn es war ja schon von jeher so: Wer seine Zeche nicht zahlen kann, macht einen Deckel und lässt seinen Personalausweis an der Theke.

Diese Art von Pfand ist eben landauf, landab beliebt. Wer den Ausweis abgibt, muss ihn wiederhaben und wird deshalb zahlen oder Geliehenes zurückgeben. Sicherheit hin, Sicherheit her: Wer hier mitmacht, verstößt gegen das Recht, nämlich § 1 Bundespersonalausweisgesetz: „Vom Ausweisinhaber darf nicht verlangt werden, den Personalausweis zu hinterlegen oder in sonstiger Weise den Gewahrsam aufzugeben.”

Die Praxis sieht anders aus. Besucher von Gefängnissen etwa kennen sie. Wer jemanden hinter Gittern sprechen will, wird nach seinem Personalausweis gefragt, der gefälligst beim Pförtner zu hinterlegen ist. Diese Gewohnheit rechtfertigt das Justizministerium in Nordrhein-Westfalen mit gleich zwei „Sicherheitsargumenten“.

Erstens, so erklärt Behördensprecher Peter Marchlewski den illegalen Alltagsbrauch, soll die Identität des Besuchers beim Verlassen des Gebäudes noch einmal kontrolliert werden. Zweitens soll kein Gefangener auch nur auf die Idee kommen, „an ein fremdes Ausweisdokument gelangen zu können“.

Den Verstoß gegen das schon immerhin gut zwei Jahre alte Personalausweisgesetz rechtfertigt der Sprecher des Justizministeriums auf Art und Weise dieses Hauses. Er verweist auf ein anderes Gesetz, das für den Strafvollzug. Und nach dessen Vorschriften, nicht wahr, können Besucher von Gefängnissen durchsucht werden.

Da sei doch, gibt Marchlewski zu bedenken, die Hinterlegung des Ausweises „das mildere Mittel“. Dass dennoch durchsucht werden darf und durchsucht wird, erwähnt er nicht.

Soviel Entblößung müssen die Gäste der beiden Kunstsammlungen in Düsseldorf nicht über sich ergehen lassen. Wenn sie aber mit Audio-Guide die Ausstellungen durchstreifen wollen, wird ihnen dafür regelmäßig der Ausweis abverlangt. Täglich geben bis zu 200 Menschen ihre Dokumente an fremdes Personal weg. Das pappt eine Nummer darauf und rückt erst damit wieder raus, wenn das Gerät zurück gegeben wurde.

„Wir wussten wirklich nicht“, sagt Museumsmanager Gerd Korinthenberg, „dass das verboten ist“. Die Kunstsammlung will demnächst entscheiden, wie sie ihre gesetzeswidrige Tauschpraxis ändert – und ob sie dann Glasperlen, Bargeld oder andere Sicherheiten verlangt (pbd)