Nach dem Urteil ist vor der DNA

Obwohl ich mich in einem Ermittlungsverfahren als Verteidiger gemeldet hatte, erging ein Strafbefehl gegen meinen Mandanten. Das passierte, weil die Polizei mein erstes Schreiben, mit dem ich um Akteneinsicht bat, nicht gleich an die Staatsanwaltschaft weiterleitete, der Staatsanwalt selbst aber geradezu blitzartig arbeitete.

Der Strafbefehl war also in der Welt, bevor der Staatsanwalt etwas von meiner Tätigkeit wusste. Ich erfuhr erst nachträglich von alledem. Nämlich, als mich mein Mandant beiläufig darüber informierte, er habe die Geldstrafe akzeptiert.

Na ja, immerhin hat der Mandant die Einspruchsfrist absichtlich verstreichen lassen. Es ist ja seine eigene Entscheidung, ob er sich tatsächlich gegen den Tatvorwurf verteidigen will. Gut möglich, dass auch die Frage nach dem finanziellen Aufwand eine Rolle spielte. Ein Anwalt kostet ja auch Geld.

Allerdings hätte ich darauf wetten können, wieder vom Mandanten zu hören. Denn ihm war womöglich nicht ganz klar, dass die Sache damit nicht ausgestanden war. Schon wenige Wochen später fasste der Ermittlungsrichter nämlich einen weiteren Beschluss. Die Anordnung, dass mein Mandant eine DNA-Probe abgeben muss. Begründung: Von ihm seien auch künftig Straftaten zu erwarten.

Bei vielen Staatsanwaltschaften ist es mittlerweile Standard, praktisch jeden Verurteilten zur DNA-Probe vorladen zu lassen. Wer nicht freiwillig antritt (wozu niemand verpflichtet ist), wird eben per Gerichtsbeschluss dazu angehalten und dann notfalls mit Gewalt gezwungen.

Die durchaus engen juristischen Voraussetzungen für eine DNA-Probe werden oft genug sehr weit ausgelegt. Längst nicht jeder, der vom Gericht dazu verdonnert wurde, hätte nach dem Buchstaben des Gesetzes, das immerhin Straftaten von erheblicher Bedeutung  oder ein Sexualdelikt verlangt, dazu verdonnert werden dürfen.

Bei dem betreffenden Mandanten ist es überdies fraglich, ob von ihm auch künftig Straftaten zu erwarten sind (eine weitere gesetzliche Voraussetzung). Jedenfalls bestehen gute Aussichten, dass das Beschwerdegericht die Voraussetzungen für die DNA-Abgabe doch noch verneint.

Wenn es allerdings das Anliegen des Mandanten gewesen sein sollte, Geld zu sparen, dürfte sich diese Hoffnung nun nicht erfüllen. Eher wäre es billiger gewesen, sich von Anfang an gegen den Vorwurf selbst zu verteidigen. Denn eine Einstellung des Verfahrens wäre mir einigem Einsatz möglich gewesen – wasserdicht war an der Sache nämlich nichts.

Nun ja, nicht mein Problem. Ich freue mich jedenfalls über die Fortsetzung des Mandats.