Die alten Fehler in der Endlosschleife

Während gerade mal wieder eine Abmahnwelle wegen Filesharings durchs Land rollt, arbeitet die Politik an Lösungen für das Problem. Angeblich. Zwar ist nun ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung bekanntgeworden. Doch der wird kaum dafür sorgen, dass Abmahnungen mit exorbitanten Forderungen Internetnutzer nicht mehr in Schockstarre verfallen lassen.

Interessanterweise haben wir ein Gesetz, das die Anwaltskosten für Filesharing-Abmahnungen auf 100 Euro begrenzt. Es gilt schon seit Jahren – doch gebracht hat es nichts. Die Vorschriften knüpfen nämlich nicht an die Frage an, ob ein Internetnutzer Privatperson ist. Vielmehr werden die Abmahnkosten nur auf 100 Euro gedeckelt, wenn der Betroffene nicht in “gewerblichem Ausmaß” gehandelt hat.

Diese Einschränkung griffen die Gerichte, warum auch immer, dankend auf. Sie definierten das gewerbliche Ausmaß kurzerhand so, dass die Preisgrenze praktisch nirgends gilt. So konstatiert auch Filesharing-Anwalt Christian Solmecke, der tausende Abmahnopfer vertritt, gegenüber Spiegel online:

In den Tauschbörsen-Fällen habe ich bislang noch keinen Fall gesehen, in dem die Anwaltsgebühren auf 100 Euro gedeckelt worden sind.

So geht es nicht nur ihm.

Für die Abmahner änderte sich nichts. Sie konnten munter weiter ihre Serienbriefe verschicken und mit horrenden Forderungen Angst und Schrecken in deutschen Kinderzimmern verbreiten.

Offenkundig besteht auch nicht der Wille, ernsthaft etwas daran zu ändern. Stattdessen legt die Bundesjutizministerin jetzt einen Entwurf vor, der die alten Fehler wiederholt. Denn statt eine klare Linie zu fahren, werden die alten Ausnahmen lediglich neu formuliert. Nun geht es nicht ums gewerbliche Ausmaß, sondern die “besonderen Umstände des Einzelfalls”. Oder der “Anzahl und Schwere der Rechtsverletzungen”.

Wer erwartet ernsthaft, dass solche schwammigen Ausnahmetatbestände etwas an der bekannten Tendenz der Gerichte ändert, Filesharer nach Möglichkeit zur Kasse zu bitten? Der Münsteraner Juraprofessor Thomas Hoeren teilt diese Befürchtungen. Er nennt die nun verwendeten Formulierungen ebenfalls eine Einladung an die Gerichte, weiter nach Belieben zu entscheiden.

Eines schafft der Gesetzentwurf immerhin. Die bisherige Grenze der Abmahnkosten steigt von 100 auf rund 150 Euro. Das ist immerhin ein stattlicher Inflationsausgleich für die Abmahnbranche, auch wenn natürlich keiner der Protagonisten ernsthaft beabsichtigt, künftig so wenig Geld für Filesharing-Abmahnungen zu verlangen.

In fünf, sechs Jahren sprechen wir dann vielleicht wieder über ein vernünftiges Gesetz. Bis dahin dreht sich das Abmahnkarussell munter weiter.