Der verlorene Chip

Auf “Karte” essen, trinken und Spaß haben: Immer mehr Restaurants, Diskotheken, Sportclubs und andere Dienstleister geben am Eingang Abrechnungskarten aus. Darauf werden erst mal alle Ausgaben des Kunden gebucht. Bezahlt wird am Ausgang. Gegen Rückgabe der Karte. Was aber ist, wenn der Kunde während seines Aufenthalts die Karte verliert?

Auf dem Papier läuft es dann so, wie man es von Parkhäusern kennt. Parkhäuser berechnen seit jeher Pauschalen, wenn der Kunde sein Ticket nicht mehr vorzeigen kann. Das Brandenburgische Oberlandesgericht musste jetzt eine Antwort auf die Frage finden, in welchen Grenzen diese Praxis auch für einen Freizeitpark zulässig ist.

Der Park berechnet einen Eintrittspreis, der zur Nutzung der meisten Attraktionen berechtigt. Für Speisen, Getränke und Extras werden die Kunden am Ausgang zur Kasse gebeten. Hierfür erhält jeder Besucher ein Armband mit Chip, auf dem die Extras beim Kauf gebucht werden. Der Kreditrahmen auf dem Chip ist mit 150 Euro für Erwachsene und mit 35 Euro für Kinder eingestellt.

Bei einem Verlust des Chips behielt sich der Freizeitpark in seinen Bedingungen vor, den Kreditrahmen komplett zu berechnen. Das wiederum missfiel einem Verbraucherschutzverein, der gegen die Klausel klagte und jetzt vor Gericht recht bekam.

Den Richtern am Brandenburgischen Oberlandesgericht missfiel, dass der “Kreditrahmen” mit 150 Euro für Erwachsene sehr hoch eingestellt war. Es sei kaum zu erwarten, so die Richter, dass Gäste regelmäßig den größten Teil oder gar die Gesamtsumme ausschöpfen. Immerhin haben die Besucher ja schon den Eintritt als solchen gezahlt, so dass weitere 150 Euro pro Erwachsenem kaum realistisch schienen.

Im Wege des Schadensersatzes könne der Betreiber laut Gesetz nur den Betrag für einen verlorenen Chip verlangen, der “nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge” zu erwarten sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Gäste entweder selbst oder die “Finder” eines Chips den Kreditrahmen ausreizen können. Das allgemeine Missbrauchsrisiko rechtfertige es nicht, stets die Kunden damit zu belasten.

Auch einen weiteren Punkt beanstanden die Richter. Nach der Klausel hafte der Kunde verschuldensunabhängig. Das sei jedoch unzulässig. Pauschaler Schadensersatz sei nur zulässig, wenn der Kunde die Möglichkeit habe, sein fehlendes Verschulden zu belegen.

Das Urteil kann für jeden wichtig sein, dem so eine Karte mal abhanden kommt. In der Regel wird man mit dem Hinweis, dass kaum einer das Limit ausreizt, den Pauschalpreis zumindest reduzieren können.

Das Oberlandesgericht hat allerdings die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 6. Februar 2013, Aktenzeichen 7 U 6/12