Am Ende eine Prise Gerechtigkeit

Die Strafjustiz hinkt naturgemäß immer hinterher. Auch bei der rechtlichen Aufarbeitung gesellschaftlicher Missstände. Uns beschäftigen längst ganz neue Abzockmodelle. Die Strafrichter arbeiten dagegen noch Sachverhalte auf, die wir schon als Schnee von gestern empfinden.

So ist zu hören, dass demnächst doch mal der Prozess gegen einen Anwalt beginnt, der jahrelang ganz oben in der Gewinnabschöpfungskette bei Abofallen gestanden haben soll. Immerhin hat dieses einst lukrative Marktsegment in einem anderen Fall aber auch schon den Bundesgerichtshof erreicht. In der Untersparte Gewinnspieleinträge trifft es aktuell sogar einen weiteren Anwalt. Dieser ist nun rechtskräftig mit einer Bewährungsstrafe belegt worden, weil er über einen längeren Zeitraum dubiosen Forderungen etwas zu heftig Nachdruck verlieh.

Konkret ging es darum, dass der Jurist als Inkassoanwalt für ein Unternehmen auftrat, das per Telefon anbot, Kunden in die Teilnehmerlisten für Gewinnspiele einzutragen. Die einzige tatsächliche Tätigkeit der Firma bestand aber darin, den Angerufenen gleich noch ihre Bankverbindung abzuluchsen und dann fleißig Geld abzubuchen.

Die Masche sprach sich rum, die Einnahmen gingen zurück. So kam der Anwalt ins Spiel. Er entwarf Mahnschreiben, in denen er den Empfängern mit gnadenlosen Zivilklagen drohte. Und sogar mit Strafanzeigen. Dabei erweckte er den Eindruck, er habe die jeweilige Forderung geprüft. Die Mahnungen verschickte die Firma der Einfachheit halber selbst, allerdings auf dem Briefbogen des Juristen.

Dieser ließ sich für seine (Un-)Tätigkeit ordentlich entlohnen. Obwohl er von vornherein mit der Firma vereinbart hatte, dass keinesfalls geklagt wird. Im Gegenteil: Kunden die aufmucken, sollten sofort ihr Geld zurückerhalten. Insgesamt kassierte der Mann – im Vergleich zu anderen Fällen – bescheidene 140.000 Euro. Das war ungefähr ein Sechstel des erschwindelten Geldes.

Zwar beteuerte der Anwalt vor Gericht, er habe nicht gewusst, dass die Forderungen unrechtmäßig seien. Aber das half ihm nicht weiter. Der Bundesgerichtshof bejaht strafbare Nötigungsversuche. Und zwar schon deswegen, weil es mit den Grundsätzen eines geordneten Zusammenlebens unvereinbar und daher verwerflich sei, wenn ein Anwalt juristische Laien mit Behauptungen und Androhungen überzieht, obwohl er sich nur „scheinbar“ mit den rechtlichen Voraussetzungen befasst hat.

Ganz am Ende siegt dann halt doch die Gerechtigkeit, zumindest ein bisschen. Bis dahin heißt es halt warten – gestern wie heute (Aktenzeichen 1 StR 162/13).