Tiefschlag für die Abmahner

Das Urteil war lang erwartet, im Ergebnis ist es aber alles andere als eine Überraschung. Der Bundesgerichtshof hat heute festgestellt, dass Inhaber eines Internetanschlusses die Onlineaktivitäten ihrer volljährigen Kinder weder überwachen noch diese in irgendeiner Form über die Risiken des Filesharings belehren müssen. Ein weiter Tiefschlag für die Abmahnindustrie.

Der Inhaber eines Internetanschlusses war auf knapp dreieinhalbtausend Euro verklagt worden, weil über seinen Anschluss Musik in eine Tauschbörse eingestellt worden war. Sein volljähriger Sohn räumte gegenüber der Polizei – die heute in solchen Fällen meist gar nicht mehr ermittelt – ein, dass er sich an der Tauschbörse beteiligt hat.

Gleichwohl verklagten die Rechteinhaber den Vater – und bekamen zunächst sogar teilweise Recht. Die Gerichte waren der Auffassung, ein Internetanschluss stelle eine „Gefahrenquelle“ dar. Deshalb müsse der Anschlussinhaber alle Nutzer überwachen, sie aber zumindest belehren.

Das sehen die Karlsruher Richter in letzter Instanz anders. Zwischen Familienangehörigen bestehe ein besonderes Vertrauensverhältnis. Volljährige seien überdies eigenverantwortlich. Vor diesem Hintergrund gebe es weder Belehrungs- noch Überwachungspflichten. Das Gleiche dürfte auch im Verhältnis zu Ehegatten gelten.

Die Richter wiesen die Klage deshalb ab.

Interessant ist die Entscheidung auch vor dem Hintergrund eines aktuellen Urteils des Amtsgerichts München. Obwohl das Gericht eher gut auf die Rechteindustrie zu sprechen ist, wies es jetzt in einem ähnlichen Fall ebenfalls die Klage ab.

Der Unterschied war hier, dass die Mutter Anschlussinhaberin war, aber glaubwürdig behauptete, nur ihr Sohn nutze überhaupt das Internet. Der Sohn wiederum bestritt schlicht und einfach, die fraglichen Dateien in die Tauschbörse gestellt zu haben.

Wegen der glaubwürdigen Angaben der Mutter sah das Amtsgericht keine Möglichkeit, diese als „Störerin“ zu verurteilen. Beim Sohn erkannte das Gericht ebenfalls keine Haftung. Denn wenn jemand nicht Anschlussinhaber sei, müsse der Rechteinhaber beweisen, dass der Betreffende eine Urheberrechtsverletzung tatsächlich begangen hat. Das war der Klägerin aber nicht möglich, weil sie – wie heute üblich – keinerlei Belege dafür hatten, wer die Tauschbörse tatsächlich genutzt hat.

Im Ergebnis kann sich ein Anschlussinhaber also darauf zurückziehen, nichts von den Aktivitäten volljähriger Haushaltsangehöriger gewusst zu haben. Damit liefert er auch keineswegs den tatsächlichen Nutzer des Anschlusses ans Messer. Diesem steht es nämlich dennoch frei, seine Verantwortung zu bestreiten. Da Hausdurchsuchungen, wie noch im eingangs geschilderten Fall des BGH, heute nicht mehr stattfinden, werden die Rechteinhaber in so einem Fall ins Leere laufen.

Eine Einschränkung gilt allerdings nach wie vor. Wenn es schon vorher Abmahnungen gab, muss der Anschlussinhaber auch die volljährigen Anschlussnutzer an die Kandare nehmen.