Viel Bewegung im Redtube-Fall

Im Fall der Redtube-Abmahnungen bewegt sich so manches. Vor allem bei den Abmahnern selbst. Die ominöse The Archive AG, die als Rechteinhaberin auftritt, wechselt gerade auf bemerkenswerte Weise ihr verantwortliches Personal und die Anschrift. Auch von anderer Stelle wird über gewisse Auflösungserscheinungen berichtet.

Offiziell wurden die Abmahnungen im Namen der The Archive AG verschickt. Diese ist jedoch bisher kaum in Erscheinung getreten. Es gibt nur eine Erklärung per Mail, die angeblich von der The Archive AG stammen soll. Sie datiert aber vor Weihnachten, da tönte auch Unternehmensanwalt wesentlich vollmundiger als zuletzt.

Ansonsten, so berichten alle unisono, die in der Sache recherchieren: Der Telefonanschluss der The Archive AG funktioniert zwar, aber es geht niemand ran. Auf Briefe, Faxe oder E-Mails reagiert das Unternehmen nicht. Die Website der Firma ist schon länger nicht mehr online. Bekannt wurde jetzt auch ein Wechsel des Firmensitzes, vom schweizerischen Bassersdorf nach Weisslingen. Bei den Adressen soll es sich um unscheinbare Wohnhäuser handeln.

Sehr bemerkenswert ist auch ein Wechsel im Führungspersonal. Nachdem schon anderen Ende des Jahres aus dem Handelsregister verschwanden, ist nun auch der bisherige Direktor Philipp Wiik ausgeschieden. An seine Stelle tritt ein bisher völlig Unbekannter namens Djengue Nounagnon Sedjro Crespin. Über ihn ist lediglich bekannt, was im Handelsregister steht. Dass er Staatsbürger von Benin ist.

Ebenso wenig auffindbar ist inzwischen die Firma itGuards. Diese soll angeblich die Software zur Feststellung möglicher Urheberrechtsverletzungen durch das Betrachten der Redtube-Streams entwickelt haben. Nach überinstimmenden Berichten ist die Website der itGuards verschwunden.

Zum Jahreswechsel verdichteten sich außerdem Zweifel, dass die The Archive AG tatsächlich die Rechte an den fraglichen Filmen hat. Nachdem Firmenanwalt Thomas Urmann öffentlich einräumte, es könne zu Fehlern bei den Lizenzen gekommen sein, haben viele bei den Beteiligten recherchiert. Der letzte angebliche Rechteinhaber, eine „Hausner Productions“, ist am angeblichen Firmensitz in Berlin nicht bekannt. Weder für das Gewerbeamt, wo das Unternehmen angemeldet sein müsste. Noch vor Ort. Es gibt keine Firmenschilder, und auch die Hausverwaltung soll eine Firma Hausner nicht kennen.

Unklar ist nach wie vor auch, wie die Rechte an den Streifen überhaupt an Hausner Productions gekommen sein sollen. Nach Berichten gibt es Zweifel, ob die angeblichen Zwischenhändler existieren oder zumindest von ihrem Glück wussten. Recherchen im Bereich der Filmverwertungsgesellschaft GÜFA sollen auch Anhaltspunkte ergeben haben, dass Lizenznummern sowie GÜFA-Siegel gefälscht sein könnten.

Eine weitere Frage ist, welche Rolle die amerikanische Firma Combat Zone spielt. Combat Zone soll die Streifen produziert haben. Interessant ist, dass Combat Zone die Filme noch heute offiziell anbietet. Schon dieser Umstand macht fraglich, ob die The Archive AG überhaupt ausreichende Vertriebsrechte eingeräumt erhalten haben kann.

Ohnehin verbleiben die schon länger bekannten Punkte. Etwa die Frage, wie auf legalem Wege die IP-Adressen der angeblichen Stream-Betrachter ermittelt worden sein können. Oder ob das Landgericht Köln, das die Herausgabe der Daten angeordnet hat, aktiv getäuscht wurde.

Es wird interessant, ob und wie intensiv die eingeschalteten Staatsanwaltschaften ermitteln. Angesichts der aktuellen Entwicklungen wäre es überraschend, wenn es nicht bald zu energischeren Maßnahmen kommt.

Schamlose Eigenwerbung: „Alles, was Unrecht ist“ – das Buch zum Blog. Jetzt im Buchladen oder als E-Book.