Tod vor der Klinikpforte

Wenn man die Geschichte hört, macht sie betroffen. In Düsseldorf ist ein 65-jähriger Spaziergänger nachts keine 50 wenige Meter vom Eingang einer Klinik zusammengebrochen. Der Pförtner des Krankenhauses informierte nur die Feuerwehr, weigerte sich gegenüber einem Zeugen aber wohl, die diensthabenden Ärzte zu holen.

Als dann doch zwei Ärzte auf den Rummel aufmerksam wurden, habe der Pförtner sie wieder reingeschickt, was diese dann auch machten. Schließlich, so der Pförtner, sie ja bereits die Feuerwehr alarmiert. Der 65-Jährige verstarb kurze Zeit später auf der Intensivstation der betreffenden Klinik – dorthin hatte ihn der Rettungswagen der Feuerwehr eingeliefert.

Zunächst wiegelte die Klinikleitung ab und wies jedes Verschulden von sich. Ärzte hätten das Klinikgelände gar nicht verlassen und dem Mann helfen dürfen, das sei gegen die Dienstvorschriften und auch versicherungsrechtlich dürfe man nichts machen. Für den „öffentlichen Raum“ sei die Feuerwehr zuständig.

Man braucht wohl nur wenig Fantasie, um zu ahnen, die Rechtfertigung ist reichlich unoriginell. Immerhin gibt es für jedermann bei uns die Pflicht, bei Unglücksfällen Hilfe zu leisten. Wer das nicht tut, obwohl es erforderlich und den Umständen nach zumutbar ist, kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr belegt werden (§ 323 c StGB). Die Pflicht trifft auch Ärzte, und diese müssen im Rahmen ihrer persönlichen Kenntnisse und Möglichkeiten handeln.

Allerdings haben Ärzte keine Sonderpflichten. So gibt es Urteile, nach denen Mediziner nicht schon deshalb strafbar handeln, wenn sie in Notfällen einen Hausbesuch verweigern. Das wird allerdings kaum auf den Düsseldorfer Fall zu übertragen sein. Dort lag das Opfer buchstäblich vor der Tür. Eher geht die Sache in die Richtung diverser anderer gerichtlicher Entscheidungen zur Frage, ob Bereitschaftsärzte einen frisch Eingelieferten, offenbar sofort Behandlungsbedürftigen ohne triftigen Grund warten lassen dürfen. Sie dürfen nicht.

Wenig nachvollziehbar finde ich auch die Argumente der Klinik, der Notarztwagen der Feuerwehr sei ja schon nach sieben Minuten vor Ort gewesen. Darauf befinde sich auch das nötige Equipment für die Erstversorgung, während Geräte aus dem Krankenhaus kaum auf die Straße gerollt werden könnten.

Allerdings dürfte es weder auf das eine noch das andere ankommen. Die Frage ist doch, ob und was Ärzte in den Minuten vor Eintreffen des Notarztes hätten ausrichten können. Außerdem, ob die Mediziner mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln hätten helfen können, notfalls also mit ihrem Notfallkoffer (so was gibt es in jeder Ambulanz). Oder halt auch nur mit ihren bloßen Händen.

Um den Versicherungsschutz braucht sich übrigens niemand zu sorgen, der Hilfe leistet. Wer handelt, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Daran ändern auch keine hausinternen Vorschriften oder die Klauseln der Klinikversicherung was. Im Zweifel wären sie nämlich unwirksam.

Immerhin scheint auch das Krankenhaus mittlerweile einzusehen, dass nicht alles korrekt gelaufen ist. Nach derzeitigem Kenntnisstand, heißt es in einer Stellungnahme, gehe man nun davon aus, der Pförtner habe die unübersichtliche Lage nicht richtig eingeschätzt und hätte die Ärzte besser informieren soll. Dass dies versäumt worden ist, bedauert die Klinik.

Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile verlauten lassen, es seien keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten zu erkennen. Offenbar sieht man nicht mal Anlass, der Sache auf den Grund zu gehen. Auch eine schnelle Vorfestlegung, die man womöglich nachträglich noch bedauern wird.

Berichte: Express, Spiegel online

Stellungnahme des Krankenhauses