Anwälte als Hartz-IV-Abzocker

Die Zahl klingt erst mal beeindruckend: Fast 40 Millionen Euro soll die Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2012 investiert haben. Für Anwaltshonorare. Allerdings geht es nicht die Kosten irgendwelcher externer Berater. Sondern um Anwaltsgebühren wegen verlorener Hartz-IV-Verfahren.

Das hält aber zumindest Spiegel online nicht davon ab, der Sache einen bemerkenswerten Spin zu geben. Statt die hohe Zahl von Prozessen zu beklagen, welche bei der Arbeitsagentur offenkundig in die Hose gehen, werden die prozessführenden Anwälte in die Nähe von Gierhälsen gerückt. Dazu dienen dann plastische Beispiele, wonach einzelne Kanzleien mit Hartz-IV-Klagen bis zu 300.000 Euro Gebühren eingenommen haben sollen.

Jeder einzelne Cent, den die Arbeitsagentur an die Anwälte überweisen musste, beruht allerdings auf einem eigenen Fehlverhalten der Behörde. Sie hat sich eben nicht rechtmäßig verhalten und Anspruchsberechtigten Sozialleistungen vorenthalten. Das kann an den schlecht gemachten Gesetzen liegen. Aber auch an dem Verhalten der einzelnen Jobcenter, welche die Vorschriften mitunter sehr kassenfreundlich auslegen.

Dass Anwälte, was wohl vorkommt, massenweise Verfahren um die gleiche Sache führen können, liegt halt daran, dass die Agentur ebenso massenweise vorher die Vorgaben der Sozialgerichte missachtet. Was trotz der hohen Erfolgsquote für die Arbeitsagentur immer noch lukrativ sein könnte. Betroffene wehren sich nämlich nur gegen einen Bruchteil der Bescheide, die Masse unrechtmäßiger wird klaglos geschluckt.

Interessante Hintergründe berichtet mein Anwaltskollege Christian Wolf in seinem Blog. Wolf vertritt Hartz-IV-Empfänger vor Gericht.

Grundlage für den SpOn-Artikel ist das druckfrische Buch „Vorsicht Rechtsanwalt: Ein Berufsstand zwischen Mammon und Moral“ von Joachim Wagner,der auch mit mir im Vorfeld über die Anwaltszunft gesprochen hat. Ob ich es bis ins Buch geschafft habe, weiß ich allerdings noch nicht.

Nachtrag: Spiegel online hat jetzt auch einen ausführlichen Beitrag von Joachim Wagner zum Thema