Hausordnungen müssen länger werden

Bei großen Prozessen, vor allem solchen mit großem Medieninteresse, sind „sitzungspolizeiliche Anordnungen“ heute eine Selbstverständlichkeit. Darin regelt der Vorsitzende des Gerichts, ob und wie Besucher kontrolliert werden, wo Kameras postiert werden können, ob Journalisten im Saal Notebooks nutzen dürfen und vieles mehr.

Ab sofort wird es für die Richter etwas anspruchsvoller, solche Regeln zu formulieren. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich entschieden, dass die Anordnungen nicht allzu karg ausfallen dürfen. Die Verfügung las sich meist wie eine Hausordnung („… ist nicht gestattet“, „… sind nicht zulässig“). Begründung für die einzelnen Maßnahmen? Meist Fehlanzeige.

Genau die fehlende Begründung akzeptiert das Gericht jedoch nicht. Im Rahmen eines Mordprozesses, der in Hamburg läuft, gab das Gericht jetzt dem Axel Springer Verlag recht. Nicht so sehr deshalb, weil die vom Richter aufgestellten Regeln die betroffenen Journalisten zu sehr knebeln. Sondern schlicht schon deswegen, weil der Vorsitzende nicht reingeschrieben hat, warum er die einzelnen Einschränkungen (zum Beispiel ein Interviewverbot im Sitzungssaal) für erforderlich hält.

Auch bei Anordnungen zum Sitzungsablauf sei ein Richter verpflichtet, die Gründe für seine Entscheidung offenzulegen. Das müsse durch eine nachvollziehbare Abwägung geschehen. Nachträglich, so das Gericht ausdrücklich, kann die Begründung nicht mehr geliefert werden.

Der betreffende Vorsitzende kann sich dann mal gleich an die Arbeit machen. Der nächste Sitzungstag ist am Montag (Aktenzeichen 1 BvR 1858/14).