Keinen Narren zum Mandanten

Ich würde mal sagen: Glück gehabt. Damit meine ich ein Strafurteil, das ein früherer Rechtsanwalt aus dem hessischen Langen Anfang der Woche kassierte. Der Strafverteidiger hatte eingeräumt, dass er einen inhaftierten Mandanten mit Drogen versorgt hat, die dieser wiederum zum großen Teil im Knast vertickte.

Das Gericht nahm dem Juristen einiges ab, wenn man diesem Prozessbericht glauben darf. Danach hatte sich zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten über die Jahre ein „freundschaftliches Verhältnis“ entwickelt. Der Anwalt glaubte nach eigenen Angaben quasi an ein gutes Werk, als er seinem Auftraggeber Drogen in den Knast mitbrachte. Dabei profitierte er davon, dass Verteidiger normalerweise nicht intensiv kontrolliert werden.

Die Tränen, die der Mandant in der Haft vergoss, sollen den Anwalt erweicht haben, die Ersatzdroge Subutex und Haschisch einzuschmuggeln. Obwohl der angeklagte Anwalt seine eigene finanzielle Situation als desolat schilderte, glaubte ihm das Gericht, dass er selbst keinerlei finanzielle Vorteile an dem Geschäft hatte. Die zu schmuggelnden Drogen sollen ihm „Dritte“ in den Briefkasten geworfen haben.

Das Gericht berücksichtigte es laut dem Bericht offensichtlich unter anderem zu Gunsten des Angeklagten, dass er sich wegen gescheiterter Investments in finanzieller Not befand. Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie unterschiedlich sich Sachverhalte bewerten lassen. Gerade dieser Umstand hätte anderen Richtern wohl eher als Indiz dafür gedient, dass die Interessen des Juristen kaum so uneigennützig gewesen sein dürften, wie er es darstellte.

Zumal sich an dieser Stelle einige Fragen aufgedrängt hätten. Wer waren denn diese Dritten? Waren auch sie so gute Freunde des Angeklagten? Oder hat dieser sie bezahlt? Und wenn ja, wie hat er das aus der Haft heraus organisiert.

Man sieht, die entlastenden Angaben hätten auch unschwer in ihr Gegenteil verkehrt werden können. Dann hätte sogar Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Raum gestanden. Und nicht „nur“ die Beihilfe, wegen der der Jurist verurteilt wurde. Unter dem Strich gab es eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten.

Eins kann man festhalten, auch ohne dabei gewesen zu sein: Dieser Jurist hatte ausnahmsweise keinen Narren zum Mandanten, als er sich selbst verteidigte. Darauf muss er seine Tätigkeit allerdings künftig ohnehin beschränken. Seine Zulassung als Anwalt hat er freiwillig zurückgegeben.