„Du Mädchen“

Eins ist klar: Die Anrede „Du Mädchen“ ist nicht unbedingt eine Beleidigung. Aber sie kann es sein, wenn der Angesprochene ein Polizeibeamter im Dienst ist, noch dazu ein männlicher.

Dies stellte jetzt das Amtsgericht Düsseldorf fest und verurteilte eine Beifahrerin zu einer Geldstrafe von 200 Euro wegen Beleidigung. Zu der etwas zugespitzten Formulierung war es gekommen, als der Polizist den Fahrstil des Autofahrers beanstandete.

Ob das Urteil tatsächlich richtig ist, wage ich zu bezweifeln. Immerhin dürfte es ja eher um die Dienstauffassung der Beamten gegangen, die vielleicht pingelig war. Und weniger darum, den Beamten als Individuum in seiner Ehre herabzusetzen. Da erinnert der Fall doch mehr an die Freisprüche, die es zum Beispiel schon gab, wenn Verkehrssünder Polizisten als „Wegelagerer“ titulierten.

Im Prozess soll der Ehemann der Angeklagten übrigens als Zeuge erklärt haben, seine Gattin würde „so etwas nie zu einem Bullen sagen“. Ob das wiederum Konsequenzen haben wird, ist leider nicht überliefert.

RAK2014 EXTRA.12 kleinKarikatur: wulkan

Bewährungsstrafe für Richter

Das Landgericht Erfurt hat einen Bußgeldrichter wegen Rechtsbeugung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Richter jahrelang Bußgeldsachen pflichtwidrig bearbeitet hat.

Der Richter habe immer wieder Verkehrssünder freigesprochen, weil er die Akten der Bußgeldstellen, die ihm vorgelegt wurden, nicht für vollständig und aussagekräftig hielt. Allerdings wurde diese Auffassung immer wieder vom zuständigen Oberlandesgericht als unzulässig beurteilt. Trotzdem soll der Richter weitergemacht haben.

Der 60-jährige Richter war in einem früheren Prozess freigesprochen worden. Doch der Bundesgerichtshof hob den Freispruch auf. Im nueuen Prozess ging es jetzt auch darum, ob der Richter überhaupt schuldfähig war. Hierzu wurde auch ein Gutachten eingeholt.

Das Landgericht hielt aber im Ergebnis eine Bewährungsstrafe von 16 Monaten für angemessen. Der Richter verliert nun auch seine Pensionsansprüche, sofern das Urteil rechtskräftig wird.

Mordparagraf soll geändert werden

Schon seit den Anfangstagen der Republik wird immer wieder kritisiert, dass die geltende gesetzlichen Regelung der Tötungsdelikte wesentlich in der Zeit des Nationalsozialismus geprägt wurde. Das gilt insbesondere für die Terminologie des Mordparagrafen § 211 StGB.

Jetzt sollen die Vorschriften zeitgemäß gestaltet werden. Zu diesem Zweck hatte das Bundesjustizministerium einen Expertenkreis beauftragt. Dessen Abschlussbericht liegt nun vor.

Zwar soll auch künftig eine lebenslange Freiheitsstrafe möglich sein. Doch soll es mehr Möglichkeiten geben, eine Tat angemessener zu beurteilen. Deshalb soll nicht mehr so stark auf die sogenannten Mordmerkmale abgestellt werden. Diese führen bei statischer Anwendung oft zu Ergebnissen, die nicht als gerecht empfunden werden, insbesondere bei Beziehungstaten.

Die Ergebnisse des Berichts sollen nun in einen Gesetzentwurf einfließen. Mit einer Verabschiedung unter Hochdruck ist aber nicht zu rechnen, im Gegensatz zur Vorratsdatenspeicherung.

Kein Mietgeheimnis

Durch die Weitergabe von Prozessunterlagen an den Vormieter, damit dieser gegen den ehemaligen Vermieter seine Ansprüche geltend machen kann, verletzt der Mieter keine Pflichten aus dem Mietvertrag. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

Weil die Fläche ihrer Mietwohnung falsch berechnet war, zogen Mieter vor Gericht. Sie bekamen Recht und mussten monatlich rund 300 Euro weniger zahlen. Über diesen Prozesserfolg informierten Sie auch ihre langjährigen Vormieter, die nun ebenfalls rund 15.000 Euro zurückverlangten.

Das gefiel der Vermieterin natürlich nicht, weswegen sie ihren Mietern wegen „Geheimnisverrats“ fristlos kündigte. Das Amtsgericht München entschied jedoch, dass die Mieter sich nicht pflichtwidrig verhalten haben.

Die Weitergabe der Prozessunterlagen einschließlich des Gutachtens und der sonstigen Beweismittel an die Vormieter, damit diese ihre -offenbar berechtigten – Ansprüche gegen die Vermieterin durchsetzen können, stelle keine Verletzung der mietvertraglichen Pflichten dar.

Die Vormieter, so das Gericht, hätten ohnehin ein Recht zur Akteneinsicht nach § 299 ZPO gehabt, da sie ein rechtliches Interesse daran besaßen, die Prozessunterlagen einzusehen (Aktenzeichen 452 C 2908/14).

RA-CartoonsKarikatur: wulkan

Akte Mundlos bleibt geheim

Der Springer Verlag hat keinen Anspruch auf Einsicht in sämtliche Akten, die dem Bundesministerium der Verteidigung zu dem NSU-Mitglied und früheren Soldaten Uwe Mundlos vorliegen. Das entschied das Verwaltungsgericht Köln.

Der Verlag beantragte im Herbst 2012 beim Bundesministerium der Verteidigung Auskunft in die Mundlos-Akten. Dieses lehnte ab, da die Akten dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorgelegt werden müssten. Zudem bestehe kein Anspruch, da es sich überwiegend um Personalakten oder Dokumente des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) handele, die vom Informationszugangsanspruch generell ausgenommen seien. Die übrigen Unterlagen seien als Verschlusssachen eingestuft seien, da ihre Offenlegung nachteilige Auswirkungen auf sicherheitsempfindliche Belange der Bundesrepublik Deutschland haben könnte.

Dem folgte das Gericht im Ergebnis und verneinte einen Anspruch aus dem Informationsfreiheitsgesetz. Zwar stehe dem Anspruch nicht entgegen, dass die Akten für den NSU-Untersuchungsausschuss zusammengestellt worden seien. Jedoch seien die Akten des MAD nach dem Willen des Gesetzgebers – wie Akten der Geheimdienste insgesamt – grundsätzlich vom Informationszugangsanspruch ausgenommen.

Außerdem stehe der Datenschutz entgegen. Dieser Schutz gelte – jedenfalls so kurz nach dem Versterben – auch nach dem Tod des Betroffenen fort. Auf diesen Schutz könnten auch die Angehörigen des verstorbenen Uwe Mundlos nicht verzichten (Aktenzeichen 13 K 3809/13).

Bundestag: Gutachten sind für alle da

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages unterstützt mit seinen Gutachten die Arbeit der Abgeordneten. Dennoch dürfen die Analysen nicht geheim bleiben, entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht.

Ein Journalist hatte auf Herausgabe der Gutachten geklagt, die der frühere Abgeordnete Karl-Theodor zu Guttenberg in Auftrag gegeben hatte. Eine Privatperson wollte außerdem eine Ausarbeitung einsehen, in welcher der Wisenschaftliche Dienst sich mit UFOs und außerirdischen Lebensformen beschäftigt.

Der Bundestag behauptete, das Informationsfreiheitsgesetz sei nicht anwendbar. Denn es gehe bei den Gutachten nicht um die Verwaltung, sondern um parlamentarische Tätigkeit. Mit dieser Argumentation hatte die Parlamentsverwaltung keinen Erfolg. Es handele sich sehr wohl um Verwaltungstätigkeit, so das Gericht.

Auch das Urheberrecht steht nach Auffassung der Richter nicht entgegen, wenn Bürger und Medien die Gutachten sehen wollen (Aktenzeichen 7 C 1.14 und 7 C 2.14).

(Not) Made in Germany

Die Brauerei Beck’s sparte sich den Transport ihres Bieres in die USA – sie braute lieber gleich dort. Und zwar in St. Louis. Dennoch warb das Unternehmen amerikanische Bierfreunde mit den Slogan „German Quality“ und „Originated in Bremen, Germany“.

Dieser kleine Trick kann die Beck’s-Mutter InBev nun teuer zu stehen kommen. Denn in den USA stehen Sammelklagen von Verbrauchern vor dem Abschluss, mit denen „geprellte“ Kunden entschädigt werden sollen.

Wer einen Beck’s-Kauf mit einem Kassenzettel nachweisen kann, soll bis zu 50 Doller Schadensersatz erhalten, berichtet das Wall Street Journal. Selbst Biertrinker, die nur behaupten, sie hätten das falsche Beck’s getrunken, sollen mit bis zu 12 Dollar entschädigt werden.

Die Verfahren sollen, so das WSJ, voraussichtlich im August abgeschlossen werden.

In der Post

Vorhin hatte ich den Mitarbeiter einer Staatsanwaltschaft am Telefon. Er forderte mich recht unwirsch auf, die mir in einem Verfahren zur Einsicht übersandte Ermittlungsakte zurückzuschicken. Ich konnte ihn beruhigen: „Die Akte ging schon vor mehr als einer Woche an Sie zurück.“

Ach so, der aktuelle Poststreik. Davon hatte er dann auch schon was gehört. Aber dass davon auch Behörden betroffen sind? War ihm wohl irgendwie nicht bekannt. Nun denn, möglicherweise habe ich mit meinem kleinen Hinweis ja etlichen Anwaltskollegen einen ähnlich unfreundlichen Anpfiff erspart.

Sicher bin ich mir aber nicht.

Taxifahrer müssen Kreditkarten nehmen

Berliner Taxifahrer müssen ihre Kunden bargeldlos zahlen lassen. Eine entsprechende Regelung ist sei kurzem in Kraft. Das Verwaltungsgericht Berlin wies jetzt Eilanträge von Taxibetrieben ab, die sich gegen das bargeldlose Zahlen richten.

Gerade weil Berlin ein Anziehungspunkt für ausländische Touristen sei und Fahrten mit einem Taxi häufig auch von Flughäfen aus in Anspruch genommen würden, erschwere eine Beförderung ohne Möglichkeit bargeldlosen Zahlungsverkehrs die Taxifahrt für ausländische Besucher, befinden die Richter.

Die mit der Zahlungsmöglichkeit einhergehenden Kosten für die Taxifahrer halten sich nach Auffassung des Gerichts im Rahmen. Geräte könnten monatlich schon für unter 20,- Euro zuzüglich Transaktionsgebühren von ca. 0,10 Euro gemietet werden.

Außerdem, so das Gericht, würden die Kosten durch den zugelassenen Kreditkartenzuschlag in Höhe von 1,50 Euro kompensiert (Aktenzeichen VG 11 L 213.15, VG 11 L 216.15).

Und es hat Zoom gemacht

Konzerte im Knast. Immer eine schöne Abwechslung. Wie ich von Mandanten weiß. Beim Auftritt des Künstlers Jan Delay soll es nicht anders gewesen sein. Aber jetzt gibt es unerwartete Komplikationen.

Der NDR hat das Konzert nämlich gefilmt und auch in seine Mediathek gestellt. Dort ist es allerdings schon wieder verschwunden, denn im Video vom Knast-Gig soll auf den Schlüssel eines Gefängnismitarbeiters gezoomt worden sein. Angesichts der scharfen Bilder fürchtete die Haftanstalt, jemand könne die Schlüssel nachmachen und für nicht vorgesehene Zwecke missbrauchen. Das berichtet die WAZ.

Ein größerer Schaden sei jedoch nicht entstanden, versichert die Gefängnisleitung. Die rund 600 Schlüssel würden sowieso regelmäßig ausgetauscht, den nächsten Wechsel habe man jetzt nur vorgezogen.

Schadensprotokoll oder Eingeständnis?

Ein unterschriebenes „Schadensprotokoll“ ist nicht unbedingt ein Schuldeingeständnis. Das ergibt sich aus einem Urteil des Landgerichts Hamburg. Der Betreiber einer Waschstraße hatte ein „Schadensprotokoll“ unterzeichnet, nachdem ein Kunde Lackschäden reklamierte. Das allein reichte dem Gericht aber nicht.

Wie sich aus dem Urteil ergibt, kommt es immer auf die Gesamtaussage des Protokolls an. Hier gab das Papier lediglich die optisch erkennbaren Schäden wieder. Außerdem enthielt es eine Schätzung der Schadenshöhe. Es traf aber keine Aussage darüber, wer für die Schäden letztlich verantwortlich ist. Auch enthielt es den ausdrücklichen Hinweis, dass mit der Unterschrift gerade keine Schuld eingeräumt wird.

Hieraus schloss das Gericht, dass es nicht um eine verbindliche juristische Schuldzuweisung ging. Der Autofahrer musste also auf anderem Wege beweisen, dass die Waschsstraße den Lackschaden verschuldet hat. Das gelang ihm jedoch nicht. Link zum Urteil.

Fahrtenbuch geht nur sofort

Bei Fahrtenbuchauflagen dürfen Behörden nicht trödeln. Wenn die Auflage erst 21 Monate nach Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens ergeht, ist dies nicht mehr verhältnismäßig.

So urteilt aktuell das Verwaltungsgericht Freiburg. Einem Fahrzeughalter war ein Fahrtenbuch auferlegt worden, weil der Täter eines Verkehrsverstoßes nicht ermittelt werden konnte (Aktenzeichen 4 K 1025/15).

Haustüre muss offen bleiben

„Von 22 bis 6 Uhr morgens ist die Haustüre zu verschließen.“ So oder ähnlich sehen es viele Hausordnungen in Mehrfamilienhäusern vor. Allerdings ist die Pflicht zum Türabschließen juristisch unwirksam, entschied jetzt das Landgericht Frankfurt am Main.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte mehrheitlich beschlossen, dass alle Bewohner nachts die Haustür abschließen müssen. Hiergegen klagten jedoch Miteigentümer.

Das Landgericht räumt zwar ein, dass eine verschlossene Haustür wohl für mehr Sicherheit sorgt. Allerdings steige damit auch die Gefahr, dass bei Unglücksfällen der wichtigste Fluchtweg versperrt ist. Gerade in Paniksituationen sei nicht gewährleistet, dass die Menschen im Haus einen Schlüssel greifbar haben und auch an diesen denken, wenn sie zum Ausgang laufen. Das gefährde unmittelbar Menschenleben.

Die Tür dürfe nur verschlossen bleiben, wenn sie von innen ohne Schlüssel geöffnet werden kann. Solche Schließsysteme seien auf dem Markt, so das Gericht (Aktenzeichen 2-13 S 127/12).

Baudarlehen: Rechtslage weiter unklar

Unzählige Bankkunden ärgern sich Tag für Tag über hohe Zinsen für ihre langfristige Baufinanzierung. Eine Möglichkeit zum Ausstieg versprachen fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen, die Banken über viele Jahre verwendet haben. Eine höchstrichterliche Entscheidung sollte möglicherweise morgen fallen – doch jetzt ist die Verhandlung kurzfristig abgesagt worden.

Der Bundesgerichtshof hatte Revisionen gegen Urteile unterer Instanzen zugelassen, die das Widerrufsrecht der Bankkunden wegen Verwirkung verneinten. Daraus ergab sich die Hoffnung für die Bankkunden, dass sie in Karlsruhe doch recht bekommen und aus den Verträgen aussteigen können.

Der BGH teilte mit, die Kläger hätten ihre Revisionen zurückgenommen. Das löst natürlich Spekulationen aus, ob die verklagten Banken nicht in letzter Sekunde die Reißleine gezogen haben, um ein Präzedenzurteil zu verhindern. Zum Beispiel, indem sie die Forderungen der klagenden Kunden akzeptieren – und möglicherweise noch etwas drauflegen. Näheres weiß beck-online.