Streit um „Biene Maja“

Ein ehemaliger Strafrichter am Amtsgericht Saarbrücken könnte bald vorbestraft sein. Er bekam einen Strafbefehl über 90 Tagessätze. Bei einer Karnevalsfeier der Justiz soll er einem Gerichtsangestellten einen Bierkrug an den Kopf geworfen haben.

Auslöser des Streits zwischen den beiden Herren war wohl eine als „Biene Maja“ verkleidete Besucherin der Feier. Der Jurist hat jetzt zwei Wochen Zeit zu überlegen, ob er den Strafbefehl akzeptiert. Er ist nach dem Vorfall ins Justizministerium versetzt worden.

Nachtrag: Der Richter will den Strafbefehl akzeptieren.

Rekordsumme für Kachelmann

Rekordschmerzensgeld für Jörg Kachelmann: Der Axel Springer Verlag muss dem Fernsehmoderator 635.000 Euro zahlen, so ein Urteil des Landgerichts Köln. Kachelmann sah sich durch die Berichterstattung der Bild-Zeitung und anderer Springer-Medien im Rahmen des Strafverfahrens gegen ihn herabgesetzt.

Mit dem Burda Verlag hatte sich Kachelmann vor einigen Monaten außergerichtlich geeinigt. Mit Springer kam es zu keiner Einigung, so dass das Landgericht Köln entscheiden musste. Kachelmann hatte 2,25 Millionen Euro eingeklagt.

Die Urteilssumme soll das höchste Schmerzensgeld sein, das bislang in einem Medienprozess erstritten wurde. Dementsprechend zufrieden ist sein Anwalt Ralf Höcker: „Herr Kachelmann musste die schlimmste Hetzkampagne der deutschen Presserechtsgeschichte über sich ergehen lassen. Dieses Urteil ist die Quittung. Es wird hoffentlich abschreckende Wirkung auf den Boulevard haben.“

Der Springer Verlag will gegen das Urteil Berufung einlegen.

NSU-Akten im Fundbüro

Eine CD mit vertraulichen Akten aus dem Münchner NSU-Verfahren ist offenbar verloren gegangen. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl erklärte in der Verhandlung, die CD sei auf einem Bürgersteig in Köln-Ehrenfeld gefunden worden. Das Kölner Fundbüro hatte das Gericht informiert.

Es soll sich um eine sogenannte „Nachlieferung“ handeln, berichtet der Kölner Stadtanzeiger. Diese Nachlieferungen bringen die elektronischen Gerichtsakten für alle Verfahrensbeteiligten auf den neuesten Stand.

Götzl fragte in dem Verfahren ausdrücklich, wer so eine CD vermisst. Es hat sich aber niemand gemeldet, was allerdings nicht sonderlich überrascht.

Gefahr durch Einkaufswagen

Supermärkte müssen ihr Gelände nach Geschäftsschluss so sichern, dass Einkaufswagen sich nicht selbständig machen oder von Unbefugten benutzt werden können. Ansonsten haftet der Marktbetreiber für Schäden, hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

Geklagt hatte ein Wagenbesitzer aus Bielefeld. Sein Auto war nachts mit einem Einkaufswagen zusammengestoßen. Der Einkaufswagen stammte von einem angrenzenden Supermarkt und war aus unbekannter Ursache auf die Straße gerollt. Am Auto entstand ein Schaden von 5.400 Euro.

Der Supermarkt hätte die Wagen durch eine stabile, verschlossene Kette sichern müssen, so das Gericht. Da dies nicht der Fall war, habe der Markt seine Verkehrssicherungpflicht verletzt. Er muss 80 Prozent des Schadens ersetzen, 20 Prozent entfallen auf die Betriebsgefahr des Autos.

Offen gelassen hat das Gericht, ob auch die Ketten üblicher Pfandsysteme ausreichend wären (Aktenzeichen 9 U 169/14).

Handy ist für Schöffen tabu

Berufsrichter dürfen während einer Verhandlung nicht simsen. Das hat der Bundesgerichtshof vor kurzem entschieden. Aber gilt das Handyverbot auch für ehrenamtliche Richter, die Schöffen? Das Landgericht Koblenz meint ja. Die Staatsschutzkammer sagte jetzt einem Schöffen adieu, weil der sich rund eine halbe Stunde unter dem Tisch mit seinem Handy beschäftigt hat.

Einem Angeklagten war aufgefallen, dass der Schöffe mit seinem Smartphone Ablenkung suchte. Das hatte einen greifbaren Grund, denn im Prozess wurden abgehörte Telefonate abgespielt – normalerweise wirklich keine besonders spannende Angelegenheit.

Der Schöffe stritt auch gar nicht ab, dass er mit seinem Handy gespielt hatte. Allerdings machte er geltend, er habe nur gegoogelt, um „Vorhalte nachzuvollziehen und Begriffserklärungen aufzurufen“. Seine Aufmerksamkeit habe darunter nicht gelitten.

Warum das Mobiltelefon genutzt wurde, spielt für das Landgericht keine Rolle. Es komme nur darauf an, wie ein Angeklagter es empfinden müsse, wenn ein Schöffe während der Verhandlung sein Smartphone gebraucht. Jede Nutzung des Mobiltelefons wecke „den Eindruck der Gleichgültigkeit gegenüber dem Inhalt der Beweisaufnahme und damit auch gegenüber den berechtigten Belangen der Angeklagten“. Somit sei der Schöffe befangen.

In dem nun schon drei Jahre dauernden Prozess werden jetzt die Ersatzleute knapp. Nachdem bereits zwei Schöffen und ein Berufsrichter verlustig gingen, stehen keine Ersatzrichter mehr zur Verfügung. Ein Schöffe war schon zu Beginn des Prozesses rausgeflogen, weil er dem Staatsanwalt am 6. Dezember einen Schokonikolaus auf den Tisch gestellt hatte (Aktenzeichen 2090 Js 29752/10 – 12 KLS).

Zwei Häuser, zwei Gärten

Aus einer Anklageschrift:

Herr Thomas N., wohnhaft Sommerstraße 198, wird angeklagt: … Am 01.10.2014 zog der Angeschuldigte auf dem Grundstück seiner Wohnung an der Sommerstraße 196 eine 2,50 Meter hohe Marihuanapflanze auf.

Die Sommerstraße 198 und die Sommerstraße 196 sind aber zwei unterschiedliche Häuser. Mit getrennten Gärten. Das hätte dem Staatsanwalt auffallen können, als er die Adressen diktierte. Aber dann hätte er ja von dem festen Glauben Abstand nehmen müssen, dass einzig und allein mein Mandant, der laut Polizei „stadtbekannte Dealer“, Besitzer des Pflänzchens sein kann. Wenn das so ist, kann man dann auch auf sonstige Beweismittel verzichten.

Das wird sicher eine lustige Verhandlung.

Feuerwehrmann klagt erfolglos

Ein Feuerwehrmann kann für seinen Einsatz beim Loveparade-Unglück in Duisburg kein Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangen. Das Landgericht Duisburg wies nun die Klage des Beamten ab, der nach eigenen Angaben an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.

Der 53 Jahre alte Feuerwehrmann wollte 90.000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Land und dem Veranstalter erstreiten. Schon in der Verhandlung hatte der zuständige Richter dem Feuerwehrmann wenig Hoffnung gemacht. Bei dem Einsatz habe sich lediglich ein typisches Berufsrisiko verwirklicht.

„Ich fahre schwarz“

Ein Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ an der Mütze ändert nichts daran, dass ein Fahrgast in einem Zug eine strafbare Beförderungerschleichung begeht. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte jetzt ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Bonn.

Der Angeklagte hatte am 11.11.2011 in Köln den ICE Richtung Frankfurt bestiegen und sich einen Sitzplatz gesucht, ohne über eine Fahrkarte zu verfügen. Zuvor hatte er einen Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ in seine umgeklappte Wollmütze gesteckt. Erst bei der routinemäßigen Fahrscheinkontrolle wurde der Zugbegleiter auf den Angeklagten und den von diesem getragenen Zettel aufmerksam. Der Angeklagte weigerte sich, einen Fahrschein zu lösen.

Auch mit dem Zettel liegt nach Auffassung der Gerichte ein „Erschleichen“ im Sinne des § 265a StGB vor. Der Fahrgast hätte schon beim Einsteigen einem Bahnmitarbeiter „offen und unmissverständlich“ sagen müssen, dass er nicht gewillt ist, einen Fahrschein zu kaufen. Wenn er sich erst hinsetze und dann auf den Schaffner warte, ändere der Zettel an der Mütze nichts. Andere Fahrgäste hätten jedenfalls nicht die Aufgabe, den Fahrgast am Schwarzfahren zu hindern oder ihn zu melden.

Eine Rolle spielte aber auch, dass im ICE Fahrscheine auch nachträglich gelöst werden können. Deshalb, so die Gerichte, sei das Verhalten des Fahrgastes anfangs sogar noch regelkonform gewesen (III-1 RVs 118/15).

Großzügige Frist

Vorletzten Monat telefonierte ich mit einem Staatsanwalt. Wir diskutierten die Frage, ob ein Strafverfahren gegen Zahlung eines schönen Betrags für einen guten Zweck eingestellt werden kann. Und das, obwohl die Polizei schon Berge an Papier produziert hatte. So richtig, da bin ich ehrlich, konnte sich der Staatsanwalt nicht durchringen.

Er schlug mir dann vor, dass ich meine Sicht der Dinge noch mal schriftlich darlege. Dann könne er sich ja noch mal Gedanken machen. Da ich als Anwalt sicher viel zu tun habe, könne er mir auch gern etwas länger Zeit geben. Bis Mitte Oktober zum Beispiel. Darauf einigten wir uns.

Bei der Vorbereitung der Verteidigungsschrift rief ich mal bei der Staatsanwaltschaft an, da ich nicht sicher war, ob einige Unterlagen fehlten. Von der Dame auf der Geschäftsstelle erfuhr ich beiläufig, dass der Herr Staatsanwalt am 30. September seinen letzten Tag hat. Er wird versetzt. Der Nachfolger kommt im November, vielleicht auch erst im Dezember.

Die großzügige Frist war womöglich weniger ein Entgegenkommen in meine Richtung. Sondern ein schlauer Schachzug, um die Sache dem Nachfolger unbearbeitet, aber geordnet aufs Auge zu drücken. Na, dann schreibe ich jetzt aber auch nichts. Ich notiere mir lieber, wann der Neue da ist. Den rufe ich dann erst mal an…

Anwalt schreibt angeblich Urteil

Ein Rechtsanwalt aus Hamm steht wegen eines kuriosen Vorwurfs vor Gericht. Er soll für seinen Mandanten vor Gericht kein Urteil erstritten, sondern die Entscheidung selbst geschrieben haben.

Die Anklage geht davon aus, dass der Anwalt sich nicht richtig um den Auftrag kümmerte, den er von einem gekündigten Arbeitnehmer erhalten hatte. Der Mandant wollte nach einer Kündigung seinen Restlohn einklagen. Das war im Jahre 2011.

Nach etlichen erfolglosen Rückfragen des Mandanten soll der Anwalt diesem ein Urteil des Arbeitsgerichts geschickt haben. Darin bekam der Kläger recht, und später erhielt er sogar eine Anzahlung von 360 Euro auf die Klageforderung – angeblich kam das Geld auch aus der Privatkasse des Rechtsanwalts.

In den Fokus geriet der Anwalt auch erst, nachdem gegen seinen Mandanten ein Strafverfahren lief. Der Mandant hatte nämlich das „Urteil“ ans Arbeitsgericht geschickt, wo man allerdings nichts davon wusste.

In erster Instanz wurde der Anwalt wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Im Berufungsprozess, der am Mittwoch begann, beteuert der Anwalt weiter seine Unschuld. Die Staatsanwaltschaft will dagegen eine härtere Strafe. Ein Urteil wird wohl im November gefällt (Bericht 1, Bericht 2).

Kundenrechte im VW-Skandal

Wie kann ich meinen manipulierten VW Diesel loswerden? Oder zumindest eine Preisminderung durchsetzen?

Rechtsanwalt Jens Ferner aus Alsdorf beleuchtet Punkt für Punkt, welche Rechte enttäuschte und erboste Kunden nach derzeitigem Stand gegen Volkswagen durchsetzen können.

Zum Beitrag.

Auf dem Rücken der Pferde…

Jura ist mitunter auch reines Handwerk. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden. Die Richter mussten die Frage beantworten, ob man reitet, wenn man ein Pferd am Zügel führt.

Genau so sah es das Amtsgericht Pirna. Es verurteilte eine Reiterin zu einer Geldbuße von 50 Euro. Die Frau hatte einen ausgewiesenen Reitweg verlassen und ihr Pferd am Zügel zu einer 50 Meter vom Reitweg entfernten Wiese geführt. Dort wollte sie Rast machen. Das Sächsische Waldwegegesetz verbietet das „Reiten“ abseits von Reitwegen. Für den Amtsrichter kein Problem. Er urteilte kurzerhand, das Führen eines Pferdes am Zügel sei mit Reiten gleichzusetzen.

Das Oberlandesgericht ist mit dieser Auslegung des Gesetzes nicht einverstanden. Unter dem Begriff »Reiten« werde nach allgemeiner Auffassung die Fortbewegung eines Menschen auf einem Tier verstanden. Demgegenüber werde beim Führen das Tier gerade nicht zur Fortbewegung genutzt. Das gesetzliche Willkürverbot verbiete es, einen Rechtsbegriff über seinen Wortsinn hinaus auszudehnen. Das Bußgeld wurde deshalb aufgehoben.

Der Amtsrichter hätte eigentlich vorgewarnt sein können. Eine ähnliche Diskussion gab es nach Einführung des Paragrafen, der Handys am Steuer untersagt. Auch da wurde diskutiert, ob auch Diktiergeräte, Rasierapparate und Schminkspiegel Mobiltelefone im Sinne des Gesetzes sein können. Wie wir wissen, hat sich diese Auffassung nicht durchgesetzt (Aktenzeichen 26 Ss 505/15 Z).

Meine Rechte als Zeuge

In meiner aktuellen ARAG-Kolumne geht es erneut um die Rechte und Pflichten, die Zeugen haben. Im ersten Teil zu diesem Thema habe ich erklärt, wieso niemand mit der Polizei sprechen muss. Im neuesten Beitrag schildere ich, wie es läuft, wenn man letztlich doch als Zeuge aussagen muss.

Hier geht es zur neuen Kolumne.

Viel Spaß beim Lesen.

Ein Anwalt und das freie Wort

Nun wissen wir es auch von einer höheren Instanz: „Schmalspurjuristin“ ist eine strafbare Beleidigung. Das Landgericht Limburg bestätigte ein entsprechendes Urteil des Amtsgerichts. Verurteilt wurde ein 64-jähriger Anwalt aus dem Rhein-Lahn-Kreis.

Der Jurist hatte sich darüber geärgert, dass eine von ihm erstattete Strafanzeige gegen einen Lkw-Fahrer im Sand verlaufen war. „Eine typische Entscheidung für eine Schmalspurjuristin, die offensichtlich bis jetzt am dünnsten Brett der Juristerei gebohrt hat“, beschwerte er sich bei der Behörde. „Mit solchen Entscheidungen sollte man Volljuristen betreuen und nicht Leute, die auf der Klaviatur des Rechts offensichtlich noch nicht einmal fähig sind, ‚Hänschen klein‘ zu spielen.“ Das brachte ihm eine Anklage wegen Beleidigung ein.

Auch im neuen Prozess sprach der Anwalt von einer zulässigen Meinungsäußerung. Das Landgericht folgte ihm allerdings nicht und bestätigte eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 100 Euro. Nun geht es mutmaßlich noch eine Etage höher, denn dem Anwalt bleibt noch die Revision zum Oberlandesgericht.

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