Nicht zu früh lächeln

Das Amtsgericht verurteilte meinen Mandanten zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Ein denkbar blödes Ergebnis, denn ab zwei Jahren und einem Tag kann eine Strafe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden.

Gleichzeitig sind solche Urteile aber häufig auch ein Signal der Richter: Wir wollen zwar kein übermäßig hartes Urteil sprechen, aber auch keine Bewährung geben. Geh also mal in Berufung, lieber Angeklagter. Bis das Landgericht entscheidet, ist ein weiteres Jahr vergangen. Wenn du bis dahin keinen weiteren Ärger hattest, kriegst du die Bewährung dann halt in der nächsten Instanz.

Genau das war jetzt auch das Ziel, das ich mit meinem Mandanten am Landgericht verfolgte. Nach einem langen, durchaus kontroversen Verhandlungstag verkündete die Vorsitzende das Urteil. Zwei Jahre Haft. Genau die drei Monate weniger, die wir für die Bewährung brauchten. Juchu.

Doch ganz so erfreulich lief es dann doch nicht ab. Die Reduktion der Strafe auf ein bewährungsfähiges Maß bedeutete bei diesem Gericht keineswegs, dass es auch Bewährung gibt. Die Strafaussetzung wurde vielmehr im Ergebnis trotzdem verweigert. Mit reichlich lakonischen Argumenten. Böswillig will ich ja nicht sagen.

Alles halb so wild, könnt man denken. Immerhin kann mein Mandant ja noch Revision einlegen. Dumm nur, dass die Bewährungsentscheidung nach Auffassung der Gerichte nur sehr eingeschränkt kontrolliert werden darf. Es gilt bei den meisten Gerichten der Grundsatz, dass nur völlig unvertretbare Bewährungsbeschlüsse aufgehoben werden. Damit soll der weite Spielraum akzeptiert werden, der den unteren Gerichten in der Bewährungsfrage zugebilligt wird.

Ich darf das Revisionsgericht jetzt also mit goldenen Worten davon überzeugen, dass die verweigerte Bewährung doch krass böswillig war. Ich werde es in andere Worte verpacken, aber am Ende läuft es darauf hinaus.

Jedenfalls werde ich künftig bei einer Urteilsverkündung nicht mehr erfreut lächeln, wenn die Strafe aufs bewährungsfähige Maß reduziert wird. So erspare ich mir das lange Gesicht, wenn ich am Ende auf den Bewährungsbeschluss warte – der dann nicht kommt.