Kunde muss Geld nicht hinterherlaufen

Wenn ein Kunde mit Abbuchungen auf seiner Handyrechnung nicht einverstanden ist, muss der Mobilfunkanbieter diese Einwendungen zur Kenntnis nehmen. Er darf vom Nutzer vor allem nicht verlangen, dass dieser seinem Geld bei einem Drittanbieter hinterherläuft.

Eine Kundin bei E-Plus hatte sich über einen Betrag von 200 Euro beschwert, den E-Plus für eine Drittfirma von der Rechnung einbehalten hatte. E-Plus verwies die Frau darauf, dass sie sich bei dem Drittanbieter um eine Gutschrift bemühen muss. So eine Praxis hält die Verbraucherzentrale Hamburg für unzulässig. Das Landgericht Potsdam gab ihr jetzt Recht.

Nach dem Urteil dürfen Mobilfunkanbieter nicht den Eindruck erwecken, dass sie lediglich „Inkasso“ betreiben und der Kunde sich mit dem – oftmals ja auch noch unbekannten – Dienstleister auseinandersetzen muss. Tatsächlich, so die Verbraucherzentrale, seien Mobilfunkanbieter gesetzlich nicht verpflichtet, die Forderungen Dritter ohne Prüfung über die Mobilfunkrechnung einzutreiben. Es gebe auch keine entsprechende Anweisung der Bundesnetzagentur (Link zum Urteil).

Mehr Unterhalt für Kinder

Wie viel Unterhalt steht einem Kind zu, das getrennt von seinem Elternteil lebt? Diese Frage beantworten die meisten Gerichte auf Grundlage der „Düsseldorfer Tabelle“. Die Werte in der Düsseldorfer Tabelle steigen zum 1. Januar 2016.

Der gesetzlich per Verordnung festgelegte Mindestunterhalt für Kinder beträgt ab Jahresanfang bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres (1. Altersstufe) 335,00 € statt bisher 328,00 €, für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres (2. Altersstufe) 384,00 € statt bisher 376,00 € und für die Zeit vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit (3. Altersstufe) 450,00 € statt bisher 440,00 € monatlich.

Das ist der sogenannte Mindestunterhalt. Höhere Beträge ergeben sich, wenn der Unterhaltspflichtige aufgrund seines Einkommens mehr zahlen kann. Diese höheren Werte kann man dann aus der Düsseldorfer Tabelle ablesen. Am Ende muss das Gericht aber auch immer die Umstände des Einzelfalls prüfen.

Die Düsseldorfer Tabelle ist auf der Seite des Oberlandesgerichts Düsseldorf als PDF abrufbar.

Gericht macht Pranger salonfähig

Im Oktober 2015 hat die Bild-Zeitung zahlreiche Facebook-Nutzer an den sogenannten „Pranger der Schande“ gestellt. Das Blatt zitierte deren – laut Bild – fremdenfeindliche und menschenverachtende Äußerungen. Dabei veröffentlichte Bild auch die Namen und Profilbilder der fraglichen Personen.

Eine Betroffene hat dagegen eine einstweilige Anordnung beantragt. Damit blieb sie jetzt aber vor dem Landgericht München I erfolglos. Das Gericht wies den Antrag zurück, heißt es in einer Pressemitteilung der Springer-Anwälte.

Die Nutzerin könne sich nicht erfolgreich auf ihr Recht am eigenen Bild berufen, so die Richter. Vielmehr überwiege im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung die Interessen der Bild-Zeitung an einer Berichterstattung über das Phänomen der Facebook-Hetze gegen Flüchtlinge als zeitgeschichtliches Ereignis. Dabei dürfe die Bild-Zeitung auch das Profilbild der Facebook-Nutzerin zeigen, das sie selbst öffentlich gemacht habe.

Auch aus urheberrechtlicher Sicht ist die Veröffentlichung nach Auffassung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Da die Nutzerin ihr Profilbild ohne Einschränkungen bei Facebook eingestellt hatte, sei die weitere Verbreitung durch andere Medien im Internet nach der Rechtsprechung des EuGH schon keine weitere öffentliche Wiedergabe.

Das Gericht folgte im Übrigen der Argumentation der Bild-Zeitung, wonach daneben die Schranke des § 48 UrhG für die Wiedergabe öffentlicher Reden durch Medien auf die Verbreitung von Facebook-Posts samt Profilbild analog anzuwenden ist. Im Übrigen ist die Veröffentlichung des Screenshots sowohl vom Zitatrecht nach § 51 UrhG als auch von der Schranke für Tagesereignisse nach § 50 UrhG gedeckt.

Das Landgericht München kommt damit zum gleichen Ergebnis wie der deutsche Presserat. Das Selbstkontrollorgan der deutschen Presseverleger hat letzte Woche entschieden, die Berichterstattung der Bild-Zeitung verstoße nicht gegen Grundsätze des Pressekodex (Aktenzeichen 7 O 20028/15).

Diebstahl im Rettungswagen

Ein Rettungssanitäter, der einen Patienten beklaut, kann als Beamter entlassen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Schaden nur 50 Euro beträgt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.

Ein Rettungssanitäter hatte den Transport eines bewusstlosen Mannes ins Krankenhaus genutzt und 50 Euro aus dessen Geldbörse genommen. Das Gericht wertet dies trotz der relativ geringen Summe als so schwerwiegend, dass der Sanitäter nicht im Staatsdienst bleiben kann.

Hinzu kam allerdings auch, dass der Mann vorbelastet ist und sogar während des Disziplinarverfahrens erneut einen Diebstahl beging (Aktenzeichen BVerwG 2 C 6.14).

Grabsteine dürfen fotografiert werden

Grabsteine auf öffentlichen Friedhöfen dürfen fotografiert und die Aufnahmen online gestellt werden. Die Rechte Hinterbliebener werden dadurch nicht verletzt, hat das Amtsgericht Mettmann entschieden.

Es geht um die Seite genealogy.net. Dabei handelt es sich um eine Fotocommunity, die sich der Dokumentation deutscher Grabsteine verschrieben hat. Hobbyfotografen stellen die Fotos ein, wobei Grabsteine aus dem laufenden und letzten Jahr nicht veröffentlicht werden.

Eine Frau hatte dagegen geklagt, dass der Grabstein ihrer Eltern bei genealogy.net zu sehen war. Auch über die Bildersuche bei Google war das Foto zu finden, wenn man den Namen der Verstorbenen eingab.

Das Amtsgericht Mettmann erkennt jedoch keine Rechtsverletzung. Das postmortale Persönlichkeitsrecht werde nicht verletzt, weil das Bild der Grabsteine nur die Personendaten wiedergebe. Eine nähere Aussage oder gar Wertung, wer die Verstorbenen waren, sei damit nicht verbunden.

Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder die Menschenwürde seien nicht verletzt. Eine Abbildung, die nur das wiedergibt, was jeder auf dem Friedhof auch selbst sehen kann, sei hierfür nicht geeignet. Es gebe keinen so weitgehenden Anspruch darauf, „dass alle privaten Verhältnisse den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleiben“ (Link zum Urteil).

Gericht kritisiert Kölner Polizei

Bei der Kölner Polizei geht es nicht mit rechten Dingen zu, wenn Personen in Gewahrsam genommen werden. Zu diesem Ergebnis kommt das Verwaltungsgericht Köln.

Eine Frau war bei einer Feier von 50 bis 60 Personen in Gewahrsam genommen worden, nachdem es zu Ruhestörungen gekommen sein soll und einem Nachbarn eine Flasche über den Kopf geschlagen wurde. Auf der Wache verlangten männliche Polizeibeamte von der Frau, dass sie sich für eine Durchsuchung komplett auszieht. Als die Frau sich weigerte, wurde sie von den Polizisten festgehalten und entkleidet.

Das Verwaltungsgericht Köln weist in seinem Urteil darauf hin, dass die Polizei bei der Durchsuchung von Frauen weibliche Polizisten einsetzen muss. Das sei der Polizei möglich und zumutbar gewesen.

Die Polizei hatte überdies geltend gemacht, es müssten sich gemäß Anordnung der Polizeiführung alle Personen entkleiden, die in Gewahrsam genommen werden. Das ist laut Gericht ebenfalls unzulässig. Ein so tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte bedürfe jeweils einer Abwägung im Einzelfall.

Zu allem Überfluss verneinen die Richter auch noch, dass die Frau überhaupt auf die Wache gebracht werden durfte. Die gesetzlichen Voraussetzungen hätten nicht vorgelegen (Aktenzeichen 20 K 2624/14).

Nachtrag: Die Kölner Polizei reagiert auf das Urteil.

Keine deutschen Flugverbote im Ausland

Die Bundesregierung darf keine Flugverbote für Flughäfen im Ausland verhängen, etwa wegen befürchteter Terrorangriffe. Hierfür fehlt es an einer rechtlichen Grundlage, hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden.

Der Bundesverkehrsminister hatte deutschen Airlines im März 2015 verboten, den Flughafen Erbil im Nordirak anzufliegen. Begründet war das Verbot damit, dass IS-Milizen Erbil mit Raketen beschossen hatten. Das Ministerium hatte sein Verbot auf § 29 Luftverkehrsgesetz gestützt.

Zu Unrecht, meinen die Richter. Das Gesetz spreche lediglich von „betriebsbedingten“ Gefahren. Ein Raketenbeschuss durch Milizen sei keine betriebsbedingte Gefahr, sondern ein von außen kommender Angriff auf den den Luftverkehr. Für Flugverbote auf ausländischen Flughäfen gebe das Gesetz außerdem überhaupt keine Eingriffsbefugnis.

Das Flugverbot ist seinerzeit auch nach zwei Wochen wieder aufgehoben worden, weil es keinen weiteren Beschuss gab (Aktenzeichen OVG 6A 8.15).

Finanzamt hat keinen Freibrief

Finanzämter schicken schon mal gerne „Auskunftsersuchen“ an mögliche Geschäftspartner eines Steuerpflichtigen, wenn sie nicht versteuerte Einkünfte vermuten. Das ist allerdings nur in engen Grenzen zulässig, hat jetzt der Bundesfinanzhof entschieden. Grundsätzlich, so das Gericht, muss das Finanzamt erst mal den Steuerschuldner fragen.

Ein Geschäftsmann hatte geklagt, weil sich das Finanzamt bei einer Firma erkundigt hatte, ob diese Provisionen an den Unternehmer gezahlt hat. Der Mann machte geltend, solche Nachfragen schadeten seinem Ruf. Vor dem Bundesfinanzhof bekam er jetzt Recht. Derartige Nachfragen beeinträchtigen laut dem Gericht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gefährden die Reputation.

Deshalb müsse immer erst der Steuerpflichtige gefragt werden. Etwas andere gelte nur, wenn der Schuldner (noch) unbekannt sei oder wenn feststehe, dass er sowieso nichts sagen werde (Aktenzeichen X R 4/14).

„Shariah Police“ machte sich nicht strafbar

Wegen Verstoßes gegen das Uniformverbot in der Öffentlichkeit waren in Wuppertal einige Salafisten angeklagt. Sie waren in der Stadt mit handelsüblichen Warnwesten patroulliert, welche die Aufschrift „Shariah Police“ trugen. Das Landgericht Wuppertal hat die Anklage heute allerdings gar nicht zur Verhandlung zugelassen.

Die Westen sind nach Auffassung des Gerichts keine Uniformen oder gleichartige Kleidungsstücke, wie sie das Verbot im Versammlungsgesetz voraussetzt. Die Richter verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das eine zurückhaltende Auslegung verlangt. Eine Uniform müsse als „Symbol organisierter Gewalt“ erkennbar sein. Das sei der Fall, wenn die Kleidung erkennbare Bezüge zur Bekleidung historisch bekannter militanter Gruppen aufweise. Insgesamt müsse das Tragen geeignet sein, „suggestiv-militante Effekte“ auszulösen.

Das alles sei bei einer Warnweste nicht der Fall. Vor Gericht muss sich nun zunächst lediglich ein Kopf der Gruppe verantworten, dem vorgeworfen wird, die Aktion nicht angemeldet zu haben. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat erklärt, wegen der heutigen Niederlage vor das Oberlandesgericht zu ziehen.

Gewinnspiel: Zehn Aktenperlen für die Leser

Im law blog ist es ja aus Gründen derzeit kurze Zeit etwas ruhiger. Um so mehr freue ich mich, dass ich die Leser mit einer Verlosung hoffentlich leidlich bei Laune halten kann. Ab heute gibt es zehn schmale, dafür aber extrem lustige Bücher von Tim Oliver Feicke zu gewinnen. Es handelt sich um die gerade erschienenen neuen „Aktenperlen aus der Justiz“. Das Buch trägt den Titel „Wir sind hops, Bruderherz!“.

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Die Cartoons stammen von Tim Oliver Feicke. Die Texte aus Gerichts- und sonstigen Verfahrensakten. Tim Oliver Feicke extrahiert sie während seiner Tätigkeit als Richter in Schleswig-Holstein aus den Papierbergen, die er sowieso bearbeiten darf bzw. muss. Dabei kommt einiges an Wortwitz und Aberwitz zusammen. „Wir sind hops, Bruderherz“ ist immerhin schon der dritte Band der Aktenperlen.

Kostproben? Hier das Zitat aus einer Ermittlungsakte der Polizei:

Eine Verständigung ist nicht möglich, da Herr M. nur arabisch, französisch und spanisch spricht.

Oder ein Schreiben ans Gericht, in dem es eigentlich um Mäuse ging:

Ich habe Rattenzahlung beantragt.

Ich könnte jetzt noch lange was aus dem Bändchen wiedergeben, dann wäre die Freude für einige Leser aber geringer. Diese können sich nämlich bald selbst mit den aktuellen Aktenperlen amüsieren.

Hier im law blog gibt es nun zehn Exemplare zu gewinnen. Und zwar nicht irgendwelche. Jedes Exemplar ist vom Autor signiert und mit einem kleinen Cartoon verziert. Mitmachen ist ganz einfach: mit einem Kommentar unter diesem Beitrag. Bitte eine valide E-Mail-Adresse angeben, da die Gewinner ausschließlich über diese E-Mail-Adresse benachrichtigt werden. Die Adresse wird nur für diesen Zweck verwendet.

Alle Kommentare, die bis zum Mittwoch, 16. Dezember, eingehen, nehmen an der Verlosung teil.

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Zwei kleine Tipps: Tim Oliver Feicke stellt seine Cartoons auch gerade im Bundessozialgericht in Kassel aus. Die Aktenperlen sind auch im Buchhandel erhältlich.

Subjektive Zusammenfassung des Gesetzestextes

Polizisten sind keine Juristen oder Waffensachverständige. Sehr freundlich, dass ein Polizeibeamter sogar ausdrücklich darauf hinweist. Und zwar in einer „waffenrechtlichen Beurteilung“, die er wegen Zufallsfunden bei einem meiner Mandanten geschrieben hat:

Die waffenrechtliche Bewertung wird von mir nach einer subjektiven Zusammenfassung des Gesetzestextes und Anwendung meiner kriminalistischen Erfahrung vorgenommen und stellt kein Sachverständigengutachten dar. Abweichungen von einem solchen Gutachten können nicht ausgeschlossen werden.

Im Ergebnis kann ich auch nicht ausschließen, dass der Beamte sich in seiner Einschätzung einer „Waffe“ geirrt hat. Aber zu Gunsten meines Mandanten, also lassen wir es gerne dabei.