Undankbare Katze

Geschichten, die das Leben schreibt. Da nimmt ein Ehepaar eine Katze aus dem Tierheim „zur Probe“ bei sich auf. Und wie zeigt das Tier seine Dankbarkeit? Mit Kratzern und Bissen. Bei sich wollten die Opfer jedoch keine Verantwortung sehen. Stattdessen verklagten sie das Tierheim auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Tierheim muss allerdings nichts zahlen, urteilt das Amtsgericht Ansbach. Das Ehepaar hatte nämlich schon früher Katzen. Mit einer Aufklärungspflicht des Tierheims war es deshalb nicht weit her.

Dann gibt es noch die allgemeine Haftung des Tierhalters nach § 833 BGB. Diese Haftung ist verschuldensunabhängig (weil Tiere sich halt nun mal unvorhersehbar verhalten). Doch auch mit der Halterhaftung hatten die Tierfreunde keinen Erfolg. Während der Probezeit seien sie nämlich selbst die Tierhalter gewesen, so das Gericht. Die Klage auf rund 3.000 Euro wurde abgewiesen (Aktenzeichen 5 C 756/16).

Kein Wucher durch den Schlüsseldienst

Aus der eigenen Wohnung ausgesperrt? Es gibt schönere Situationen. Noch dazu, wenn ein Schlüsseldienst gerufen werden muss – und dieser dann happig abkassiert. Allerdings sind auch deftige Schlüsseldienst-Rechnungen normalerweise kein Fall für den Staatsanwalt, hat das Oberlandesgericht Köln entschieden.

Der Inhaber eines Schlüsseldienstes war wegen Wuchers (§ 291 StGB) angeklagt. Er soll eine zugeschlagene Tür in Sekunden mit einer Scheckkarte geöffnet haben. Seine Rechnung lautete auf 319,51 €. Wie schon die Vorinstanzen lässt das Oberlandesgericht die Frage offen, welcher Betrag angemessen gewesen wäre. Denn nach Auffassung der Richter fehlt es an einem notwendigen Tatbestandsmerkmal des Wucherparagrafen: der Ausnutzung einer „Zwangslage“.

Nicht jede unbequeme, schwierige Situation sei eine Zwangslage im Sinne des Gesetzes. Es fehle jedenfalls im Normalfall an einer „ernsten Bedrängnis“ des Ausgesperrten und insbesondere an der Möglichkeit des Schlüsseldienstes, diese Situation auszubeuten. So weisen die Richter darauf hin, dass es normalerweise Sache des Betroffenen ist, mit dem Schlüsseldienst im Vorfeld über den Preis zu verhandeln und notfalls einen preiswerteren zu beauftragen. Wenn vorab nicht über den Preis gesprochen werde, schulde der Auftraggeber ohnehin nur die ortsübliche Vergütung. Er könne sich deshalb weigern, nach der Türöffnung eine überhöhte Forderung zu bezahlen.

In dem entschiedenen Fall bestand auch keine besondere Notlage. Möglicherweise würde der Fall anders liegen, wenn die Türöffnung superdringend ist. Etwa wenn ein Säugling in der Wohnung eingeschlossen ist. Der Inhaber des Schlüsseldienstes wurde freigesprochen (Aktenzeichen 1 RVs 210/16).

Die Wirkkraft des Anwaltsbriefkopfs

In einem interessanten Blogeintrag berichtet der Kollege Thorsten Blaufelder von der Unlust eines Behördenmitarbeiters, mit ihm Vergleichsverhandlungen zu führen. Und das, obwohl genau dieselbe Behörde sich erst kürzlich wegen eines Vergleichs in ähnlicher Sache an Blaufelder gewandt hat. Wenn auch durch einen anderen Sachbearbeiter.

Im Umgang mit Behörden oder (großen) Firmen ist das keine ungewöhnliche Erfahrung. Oft genug hast du das Gefühl, dass die Sachbearbeiter sich nur noch an Checklisten entlanghangeln und ihren vorgetrampelten schmalen Pfad auf keinen Fall verlassen wollen. Sei es, um keine Fehler zu machen. Aus Unlust. Oder beidem.

Da kommt auf normaler Ebene dann oft die segensreiche Wirkung des Anwaltsbriefkopfs ins Spiel. Der Brief vom Anwalt landet halt in der Rechtsabteilung, weil Anwaltsschreiben dorthin weitergeleitet werden müssen. Und siehe da, plötzlich öffnen sich ganz neue Perspektiven, weil die Ansprechpartner dann auch einen größeren Handlungsspielraum haben. Manche Mandanten wundern sich, dass du als Anwalt inhaltlich auch nichts anderes geschrieben hast als sie selbst. Aber plötzlich ist ein Ergebnis möglich.

Aber so ist halt die Dynamik der Abläufe. Wirtschaftlich betrachtet, muss man als Anwalt darüber noch nicht mal so unglücklich sein.

„Verfahren aufgrund elektronisch übermittelter Daten“

Es geht um keine große Sache. Schwarzfahren. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft ist jedoch gleich interessant zu lesen:

Vermerk

Einleitung eines Verfahrens aufgrund elektronisch übermittelter Daten der Stadtwerke XY GmbH:

Datum der Strafanzeige: 28.06.2016

gegen: Tobias Dings *22.11.1984

Strafantrag: Wir stellen Strafantrag

Anscheinend mailen die örtlichen Verkehrsbetriebe ihre Strafanzeigen gebündelt an die Staatsanwaltschaft. Das ist grundsätzlich möglich. Strafanzeigen sind nicht an eine bestimmte Form gebunden.

Das gilt aber nicht für den Strafantrag. Dieser ist notwendig, wenn ein Verkehrsunternehmen das Erschleichen von Leistungen (§ 265a StGB) verfolgt sehen will. Nach § 158 StPO bedarf der Strafantrag der Schriftform. Daran fehlt es hier, denn eine Mail wahrt nun mal nicht die Schriftform.

An sich müsste die Staatsanwaltschaft also die Verfahren, die via Mail auf ihren Tisch kommen, einstellen. Weil kein wirksamer Strafantrag vorliegt. Bei hartnäckigen Schwarzfahrern könnte die Staatsanwaltschaft allerdings von sich aus ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejahen. Dieses öffentliche Interesse ersetzt dann den Strafantrag. Aber das können an sich nur Ausnahmen sein – jedenfalls nach der Vorstellung des Gesetzgebers.

Ich fürchte allerdings, dass es schlicht entgegen dem Regel-Ausnahme-Prinzip läuft. Denn den Stadtwerken wäre ja wahrscheinlich schon aufgefallen, wenn sie ständig Post mit dem Hinweis bekommt, dass ihre per E-Mail gestellten Strafanträge unwirksam sind.

Also entweder bejaht die Staatsanwaltschaft immer das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung und macht es damit eben zur Normalität, um das bequeme Verfahren zu erhalten. Das wäre dann aber eine sehr sachwidrige Prüfung. Oder es wird einfach stillschweigend aus Bequemlichkeit ignoriert, dass hier regelmäßig gegen wichtige Formvorschriften verstoßen wird.

Demnächst wird mein Fall am Amtsgericht verhandelt. Für Gesprächsstoff ist gesorgt.