Ein Fall nimmt Fahrt auf – vorübergehend

Viele Strafprozesse dauern lange. Aber dann gibt es noch welche, die irgendwie zeitlich völlig außer Kontrolle geraten. Wo sich so lange rein gar nichts tut, dass dir als Anwalt der Name auf der Akte erst mal nichts sagt, wenn du die Unterlagen aus irgendeinem Grund dann doch mal wieder auf den Tisch bekommst. Und eins will ich sagen: Ich habe eigentlich ein gutes Langzeitgedächtnis, wenn es um meine Fälle geht.

In so einer Sache, die über etliche Jahre still ruhte wie ein See, überschlagen sich jetzt allerdings die Ereignisse. Und zwar, nachdem das Gericht vor einiger Zeit dann doch mal etliche Verhandlungstermine für Januar und Februar blocken ließ. Für den noch gar nicht so sicheren Fall, dass positiv über die Zulassung der Anklage (aus dem Jahr 2012) entschieden wird. Was allerdings auch noch nicht passiert ist.

Tja, dann nun folgendes: Der Anwalt der Nebenklägerin teilt mit, dass er an Krebs erkrankt ist und das Mandat deshalb nicht fortführen kann. Seine Mandantin teilt mit, dass sie auch krank ist und nach so langer Zeit eigentlich auch nicht mehr aussagen möchte. Letzteres dürfte die Sache für die Anklage nicht leichter machen, denn der Nebenklägerin steht ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, weil sie mit den Angeklagten eng verwandt ist.

Und dann taucht jetzt auch noch ein Gutachten aus einem Prozess vor dem Verwaltungsgericht au. Darin äußert der Gutachter Zweifel daran, ob mein ebenfalls gesundheitlich angeschlagener Mandant verhandlungs- und/oder schuldfähig ist. Das muss ich alles aber erst mal mit ihm besprechen. Schnellschüsse hinsichtlich eines ärztlichen Gutachtens in diesem Prozess mache ich jedenfalls nicht mit.

Ich habe schon jetzt das ziemlich sichere Gefühl, dass das mit den Verhandlungstagen im Januar und Februar nun nichts mehr wird. Auf der einen Seite freut man sich als Anwalt natürlich auch etwas über unverhoffte Bürotage. Auf der anderen Seite tut es mir schon jetzt um die Sachen leid, die sich nun ebenfalls verzögern, weil ich anderen Gerichten die Termine nicht anbieten konnte.

Früher oder später kommt die Sache dann ja auch wieder auf den Tisch. Es sei denn natürlich, das Gericht folgt meiner schon öfter geäußerten Auffassung, dass die Anklage von vornherein so verkorkst war, dass sie gar nicht zugelassen werden kann. Darüber hätte ich dann doch gerne Gewissheit, bevor ich noch mal so viele Termine blocke.