Noch was zu machen?

Anfrage:

Ich bin leider zu schnell gefahren. Der Bußgeldbescheid ist rechtskräftig. Leider habe ich nicht gesehen, dass ich nicht einen Punkt bekomme, sondern 2, weil ich schon früher Probleme hatte. Das ist für mich ein Problem, weil ich dann nur noch einen Punkt „Reserve“ habe.

Nun zu meiner Frage: Ich habe gelesen, dass man Punkte auf einen Dritten abwälzen kann, wenn der sich meldet und den Verstoß zugibt. Aber das scheint nur möglich zu sein, am besten wenn noch gar kein Bußgeldbescheid ergangen ist. Aber wie sieht es aus, wenn der Bußgeldbescheid schon rechtskräftig ist und die Punkte im Register stehen?

Gibt es da noch einen Trick?

Also, ich muss leider passen, da ist mir nicht mal ein theoretisches Schlupfloch bekannt oder ersichtlich. Selbst wenn man ein Wiederaufnahmeverfahren anleiert und die hohen Zulässigkeitshürden nimmt, würde sich jeder Richter ja auch ganz genau die Beweismittel (Messfoto) ansehen. Er würde sicher nicht ein Geständnis kritiklos durchwinken, wie das wohl tatsächlich ab und zu bei Bußgeldstellen passieren soll.

Ich rate dem Mandanten, sich das Geld für den Anwalt zu sparen. Wenn er es wirklich mal eilig hat, kann er dann ja schon ein paar Mal den Taxifahrer Gas geben lassen, wenn der noch über ein ausreichendes Punktepolster verfügt.

Rundgefragt

Heute von einem altgedienten Oberstaatsanwalt gehört:

Die Überlastung der Justiz ist auch so eine Legende. Tatsächlich nehmen die Fallzahlen bei uns und in den Gerichten ab. Aber viele, gerade die jungen Kollegen rennen mit ihren Fällen aufgescheucht erst mal quer durch alle Abteilungen und fragen bei Gott und der Welt, wie man den Fall denn jetzt lösen kann.

Früher hast du einen Kollegen gefragt, heute geht es nicht unter einem Dutzend. Und dann muss alles auch noch mal in großer Runde beim Kaffee diskutiert werden. Am Ende haben alle tierisch viel zu tun, aber keiner kriegt am Ende was geschafft.

Ich gebe das einfach mal so weiter und vermute, das kennt der eine oder andere auch aus seiner Firma.

90 Jahre zu früh

Mail eines Mandanten:

Hallo Herr Vetter,

vielen Dank. Kleiner Korrekturhinweis zu Ihrem Schreiben: Der Vorfall ereignete sich nicht im Jahr 2108.

Da hat der Mandant wirklich recht. Aber immerhin ist das Aktenzeichen ohne Zahlendreher, so dass der Empfänger den Brief bei etwas gutem Willen wahrscheinlich zuordnen kann.

Baby stirbt, womöglich wird niemand bestraft

Fest steht, dass ein sechs Monate alter Säugling in Göttingen im Januar gewaltsam zu Tode kam. Das Baby soll etliche Knochenbrüche erlitten haben, auch im Kopfbereich. Auch wenn naheliegt, dass entweder der Vater, die Mutter oder beide für die Verletzungen verantwortlich sind, sind die Eltern bislang nicht wegen Totschlagsverdachts in Untersuchungshaft genommen worden.

Wie kann das sein?

Die Antwort ist nicht sonderlich kompliziert. Die Eltern haben als Beschuldigte das Recht, sich nicht zur Sache zu äußern. Davon machen sie, so wird berichtet, Gebrauch. Da niemand dabei gewesen sein dürfte, ist es für die Ermittler mangels konkreter Anhaltspunkte logischerweise sehr schwer, den möglichen Tatbeitrag jedes Elternteils zu klären.

Sicherlich eine traurige, schwer zu ertragende Konstellation. Aber auch in dieser Situation gibt es dann aber keine Sippenhaft. Es darf sie auch nicht geben. Vielmehr gilt die Unschuldsvermutung, worauf die Göttinger Staatsanwaltschaft gegenüber den Medien zu Recht hinweist. Die Ermittler müssen also im Zweifel zu Gunsten der Beschuldigten davon ausgehen, dass entweder der Vater (30 Jahre alt) oder die Mutter (22 Jahre alt) jeweils alleine für den Tod des Babys verantwortlich ist.

Das kann am Ende darauf hinauslaufen, dass niemand für den Tod des Kindes zur Rechenschaft gezogen wird. Allerdings setzen die Ermittler jetzt erst mal auf ein rechtsmedizinisches Gutachten, das wohl noch nicht fertig ist.

Abseits von der Tragödie zeigt der Fall, wie wirkmächtig Beschuldigtenrechte im Einzelfall sein können. Man muss als Betroffener halt nur von diesen Rechten Gebrauch machen, wenn man es denn möchte. Dass die Eltern genau dies tun, mag moralisch fragwürdig sein. Juristisch vorwerfen kann man es ihnen aber nicht, denn die Qualität des Rechtsstaats erprobt sich halt an so krassen Fällen.

Bericht über den Fall

Durch die Steckdose

Die Polizei protokolliert die Aussage einer Frau. Diese vermutet, ihr Nachbar baue in seiner Wohnung Marihuana an. Ich zitiere:

Zuletzt habe ich gestern wieder Cannabis gerochen. Das war diesmal im Kinderzimmer meines Sohnes. Es war gegen 21.00 Uhr. Ich wollte das Nachtlicht löschen. Vermutlich kam der Geruch durchs Fenster oder aber durch die Steckdose.

Für einen Durchsuchungsbeschluss hat es gereicht.