Gericht: Fahrassistenten sind nicht perfekt

Die Fahrassistenz-Systeme in modernen Autos sind nicht perfekt. Deshalb darf auch der Käufer einer Limousine der oberen Mittelklasse nicht erwarten, dass ihm eine Art autonomes Fahren ermöglicht wird. Mit dieser Begründung wies das Amtsgericht Dortmund die Klage eines Mercedes-Fahrers ab, der das Verhalten des „Drive Pilot“ in seinem neuen E 220d bemängelte.

Das Amtsgericht Dortmund beschäftigte sich eingehend mit den gerügten Mängeln des Systems (Listenpreis: 2.261,00 €). Zum Beispiel hatte das Assistenz-System den Wagen im Bereich einer Autobahnbaustelle auf 30 km/h runtergebremst, obwohl an der fraglichen Stelle 80 km/erlaubt sind. Grund war allerdings, dass der Verkehr wegen einer Baustelle teilweise über die Straße einer Raststätte geleitet wurde – und auf Raststätten bremst der „Drive Pilot“ das Fahrzeug stets auf Tempo 30.

Bei einer zweiten Situation ging es um einen Kreisverkehr. Dort gilt ein Einfahrtstempo von 20 km/h. Bei der Ausfahrt beschleunigte der „Drive Pilot“ dann auf 50 km/h, obwohl wenige Meter ein Schild wieder Tempo 20 anordnete.

Außerdem bemängelte der Autokäufer unterschiedliches Verhalten des Assistenzsystems bei Ortseingangsschildern. So werde die Geschwindigkeit mal wenige Meter vor dem Schild, dann wieder erst wenige Meter nach dem Schild auf 50 km/h reduziert.

Das Amtsgericht Dortmund sieht darin keine erheblichen Mängel. Der Hersteller bzw. Verkäufer schulde bei Neuwagen technische Systeme, wie sie dem Stand der Technik entsprechen, und zwar für die jeweilige Wagenklasse. Fahrassistenzsysteme seien relativ neue Produkte, bei denen mit einer gewissen Fehleranfälligkeit zu rechnen sei. Deswegen fordere das Gesetz in § 1b StVG auch, dass der Autofahrer aufmerksam bleibt und im Zweifel selbst eingreift.

Ein Mangel läge nur vor, wenn das Assistenzsystem gegen die Straßenverkehrsordnung handele. Allerdings konnte der Kläger keinen Fall darlegen, in dem der Computer sein Auto zum Beispiel über die zulässige Höchstgeschwindigkeit hinaus beschleunigte. Von daher sei die erforderliche „Basissicherheit“ jederzeit gewährleistet. Der Autokäufer kann also kein Geld zurückverlangen (Aktenzeichen 425 C 9453/17).

„Extrem kurze, blonde Haare“

Vor einigen Tagen hatte ich einen Termin am Amtsgericht, der sehr kurz ausfiel. Und das, obwohl die Staatsanwaltschaft fest entschlossen war, meinen Mandanten einer Straftat zu überführen.

Grundlage der Beschuldigung war die Aussage eines Mannes, der behauptete, mein Mandant habe ihm vor einem knappen Jahr Drogen verkauft. Auch wenn der Zeuge / Kunde eine eher vage Personenbeschreibung abgab (Europäer, 25-30 Jahre, ca. 174 cm groß), so gab es doch einen Punkt, in dem sich der Zeuge laut Vernehmungsprotokoll ganz klar äußerte:

Der Mann hatte eine Mecki-Frisur (extrem kurze, blonde Haare).

Als ich mit meinem Mandanten im Gerichtssaal Platz nahm, schmunzelte die Richterin bereits. Mein Mandant hat nämlich wunderbares, schulterlanges Haar. Und das ist auch noch tiefschwarz. „Keine Chance“, befand die Richterin und schöpfte hierbei aus ihrer Lebenserfahrung, „dass die Haare in einem Jahr so doll nachgewachsen sind.“

Die Staatsanwältin erwog noch kurz, ob sie auf den Zeugen Wert legt. Der war allerdings gar nicht erschienen. So rang sie sich selbst dazu durch, einen Freispruch zu beantragen. Es ist mir immer eine Freude, wenn ich ich mich im Plädoyer der Staatsanwaltschaft einfach anschließen kann.

Termins-Dilemma

Zu den sicherlich unerfreulicheren Aufgaben eines Richters in Strafsachen gehört es, einen passenden Hauptverhandlungstermin zu finden. Also einen, an dem insbesondere auch der Verteidiger Zeit hat. Oder alle Anwälte, wenn mehrere Personen angeklagt sind. Sollte ein Sachverständiger eingeschaltet sein, kommen dessen mögliche Terminsprobleme noch dazu.

Viele Richter fragen freundlicherweise vorher in die Runde, wann die Beteiligten freie Termine haben. So eine Anfrage des Gerichts erreichte mich am 23. Juli. Ich teilte sogleich mit, an welchen Dienstagen, dem Sitzungstag des Gerichts, ich schon verhindert bin. Und zwar für den Zeitraum bis Februar nächsten Jahres.

Nun kommt am 11. September die Ladung. Für einen Verhandlungstermin am Dienstag, 20. November. Das war in der Tat einer der Tage, die ich bei mir noch als frei gemeldet hatte. Aber wen mag es wundern, dass dies knapp anderthalb Monate nach der Anfrage des Gerichts jetzt nicht mehr gilt? Die meisten Gerichtstermine kommen halt nun mal mit einem Vorlauf von einigen Wochen bis zu vier Monaten rein. So war es hier auch.

Ich suche die Schuld für das Dilemme erst mal gar nicht beim Richter. Vielmehr befürchte ich, dass der eine oder andere Verteidigerkollege in dieser Sache mit der Meldung freier Termine getrödelt hat – so dass der Richter den Termin mangels hinreichender Informationen nicht wesentlich früher anberaumen konnte.

Nur: Unter der – nun ja – Zögerlichkeit mancher Kollegen möchte ich dann aber auch wieder nicht leiden. Deshalb schätze ich, dieses Jahr wird’s nichts mehr mit der Verhandlung. Denn die Terminsfindung geht jetzt mit einiger Sicherheit in die Ehrenrunde.

Auf das Motiv kommt es an

Wer menschliche Leichen zerstückelt, begeht noch nicht notwendigerweise eine Störung der Totenruhe (§ 168 StGB). Das ergibt sich aus einem aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofs. Die Richter heben teilweise die Verurteilung eines Mannes auf, der zwei Frauen in Leipzig getötet haben soll.

Der Mann hatte die Leichen zerstückelt und die Körperteile an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet abgelegt, um, wie es im Urteil des Landgerichts Leipzig heißt, „die Tat zu verdecken und den Körper der Getöteten besser aus der Wohnung verbringen zu können“ beziehungsweise um das zweite Opfer „aus seiner Wohnung zu schaffen“.

Das reicht nicht für eine strafbare Störung der Totenruhe, befindet der Bundesgerichtshof. Diese setze voraus, dass der Täter dem Opfer seine Verachtung zeigen will und ihm der beschimpfende Charakter seiner Handlung bewusst ist. Genau dieses Vorsatzelement vermissen die Richter, wenn es dem Mann vorrangig nur darum ging, die Leichen aus seiner Wohnung schaffen zu können. Während die Verurteilung des Täters wegen eines Mordes nun rechtskräftig ist, muss eine andere Kammer des Landgerichts Leipzig nun nochmals über die zweite Tötung verhandeln (Aktenzeichen 5 StR 411/18).

Die Tagespost

Nachdem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren nun eingestellt wurde, hat die Staatsanwaltschaft mir die sichergestellten Gegenstände zurückgesandt:

… erhalten Sie für Ihren Mandanten folgende Asservate: ein grüner Gummipenis, ein schwarzer Dildo aus Kunststoff, zwei Flaschen mit Gleitgel, ein Lederseil mit Schlaufe und Karabinerhaken mit der Bitte um Weiterleitung.

Das ist zwar nichts gegen die scharfe Pistole, die ich mal versehentlich von einer Staatsanwaltschaft zurückerhalten habe. Das bürointerne Interesse an der Waffe war aber geringer.