„Seine“ Handynummer

Manchmal gelingt man ja auf abenteuerlichste Weise ins Visier der Polizei. Wie mein Mandant. Der soll angeblich Hausierer sein und eine Frau in Nordrhein-Westfalen vor kurzem mit dem Angebot von Dachdeckerleistungen 1.500,00 € abgezockt haben. Das Geld nahm der Hausierer, aber seither wurde er nicht mehr gesehen. Das einzige, was er hinterließ, war ein auf Wunsch der Kundin geschriebener Zettel mit „seiner“ Handynummer.

Ihr ahnt, was kommt. Die Handynummer gehört meinem Mandanten. Der gehört jedoch nachweislich nicht zum fahrenden Gewerbe. Er ist beruflich sehr gut etabliert und verdient monatlich auch so viel, dass sich nicht unbedingt aufdrängt, er müsse sich durch – im Verhältnis zu seinem Einkommen – kleinere Betrügereien was dazu verdienen.

Der Polizei und der Staatsanwaltschaft war das zunächst egal. Zwar sahen auch sie, dass der Täter ja wohl eher keinen Grund gehabt hätte, seine eigene Handynummer anzugeben, sondern dass er vermutlich nur irgendwelche Zahlen notiert hat. Aber wie es halt heute halt fast schon reflexmäßig so läuft, kam den Behörden eine erkennungsdienstliche Behandlung in den Sinn. Man könnte der Zeugin ja mal Fotos meines Mandanten zeigen…

Sehr nachvollziehbar hat der Mandant allerdings wenig Lust, dass seine Fotos und Fingerabdrücke in die Polizeicomputer wandern. Ich habe deshalb – unter anderem – darauf hingewiesen, dass der Mandant sein üppiges Haar seit vielen Jahren sehr, sehr lang trägt. Von einer Wallemähne hat die Zeugin aber ebenso wenig berichtet wie von einem Dutt oder einer Mütze.

Wenn er es möchte, habe ich dem Staatsanwalt geschrieben, komme ich auch gerne mal mit meinem Mandanten bei ihm vorbei. Dann kann er die Haarpracht gerne betrachten und sich auch überzeugen, dass der Mandant keine Extensions eingezogen hat. Als Berufsoptimist hoffe ich aber, dass selbst dies am Ende nicht mehr für nötig gehalten wird.

Mordanklage in 32 Zeilen

Eine Mordanklage ist jetzt ja keine so harmlose Sache. Vor allem, wenn es um ein komplexes Geschehen geht, eine mögliche Notwehrlage für den Angeklagten eingeschlossen. Über so einen Fall reden wir. Die Staatsanwaltschaft hat das nicht gehindert, den sogenannten Anklagesatz ihrer Mordanklage auf ein Maß einzudampfen, das ich in einem Rechtsstaat ehrlich gesagt bis heute nicht für möglich gehalten hätte.

In der Kürze liegt zwar bekanntlich die Würze. Aber einen Mordvorwurf in 32 Zeilen Text (entspricht ungefähr 2/3 einer DIN-A-Seite) abzuhandeln – das muss einem wirklich erst mal gelingen. Eine Anklage wegen eines kleinen ebay-Betrugs ist regelmäßig detaillierter.

Die Darstellung der Mordmerkmale im Anklagesatz, bei denen es ja bloß um die Höchststrafe lebenslänglich geht, erschöpft sich in neun (!) Zeilen Text. Immerhin will ich mich darüber gar nicht beschweren, denn angesichts dieser dürftigen Schilderung hat die Strafkammer hinsichtlich des Mordvorwurfs schon direkt abgewinkt – und die Anklage nur wegen Totschlags zugelassen.

Nun reden wir vor Gericht also über einen Totschlagsvorwurf, der in 23 Zeilen Text dargelegt wird. Die komplette Anklageschrift umfasst übrigens genau fünf Seiten, wobei eine für die Liste der Zeugen und Beweismittel draufgeht. Die mitlesenden Anwälte, Richter und Staatsanwälte können ja mal in die Kommentare schreiben, ob sie das unterbieten können.

Ablugzeit ungleich Ankunftszeit

Wenn das Gate am Flughafen 20 Minuten vor der Abflugzeit schließt, sollte man möglichst pünktlich dort sein. Oder dann zumindest nicht den Reiseveranstalter verklagen, um diesem die Schuld in die Schuhe zu schieben. Mit diesem Vorhaben hatten Reisende jedenfalls vor dem Amtsgericht Frankfurt keinen Erfolg.

Zwei Fluggäste waren erst zur Abflugzeit am Gate erschienen, die auf dem Ticket stand. Nach eigenen Angaben war ihnen beim Einchecken nicht gesagt worden, dass das Gate 20 Minuten vor dem Abflug schließt. Hierfür hat das Amtsgericht Frankfurt aber kein Verständnis.

Die Kläger flögen nach eigenen Angaben mindestens einmal jährlich, sie seien also „durchschnittlich flugerfahren“. Deshalb habe ihnen auch ohne ausdrücklichen Hinweis klar sein müssen, dass sie nicht erst zur Abflugzeit am Gate sein dürfen (Aktenzeichen 32 C 1560/18 (88)).

Vermieter darf Rauchmelder selbst installieren

Der Vermieter einer Wohnung darf diese selbst betreten, wenn er die gesetzlich vorgeschriebenen Rauchmelder anbringen will. Der Mieter kann nicht verlangen, dass der Vermieter für die Installation – auf eigene Kosten – einen Fachbetrieb beauftragt. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

Die Mieter eines Hauses hatten sich gegen die Absicht des Vermieters gewehrt, Rauchmelder zu installieren. Das wollte der Vermieter selbst machen, die Beauftragung eines Fachbetriebs lehnte er ab. Dagegen ist nichts zu sagen, befindet das Amtsgericht München. Die Installation von Rauchmeldern sei eine so einfache Sache, dass ein Handwerker hierfür nicht erforderlich sei. Den Einwand, das Verhältnis zum Vermieter sei zerrüttet, ließ das Amtsgericht im Ergebnis nicht gelten. Wenn die Mieter Angst vor dem Vermieter hätten, müssten sie ja nicht persönlich anwesend sein (Aktenzeichen 432 C 6439/18).

VIE – HH 1933

Das Autokennzeichen VIE – HH 1933 wird künftig nicht mehr im Straßenbild zu sehen sein. Zwar hatte der Kreis Viersen einem Autohalter das Kennzeichen zugeteilt, die Entscheidung aber rückgängig gemacht. Zu Recht, urteilt das Verwaltungsgericht Düsseldorf.

Das Kennzeichen assoziiere der „durchschnittliche Bürger“ mit dem Nationalsozialismus. Das Jahr 1933 stehe für die Machtergreifung, „HH“ sei eine in der rechten Szene verbreitete Abkürzung für „Heil Hitler“. Ein derartiges Kennzeichen sei sittenwidrig und dürfe eingezogen werden, auch wenn es an sich rechtmäßig erteilt wurde.

Ausgelöst wurde der Prozess übrigens durch die Beschwerde eines Bürgers. Dieser hatte das Kennzeichen gemeldet (Aktenzeichen 6 L 175/19).