Diebstahl im Rettungswagen

Ein Rettungssanitäter, der einen Patienten beklaut, kann als Beamter entlassen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Schaden nur 50 Euro beträgt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.

Ein Rettungssanitäter hatte den Transport eines bewusstlosen Mannes ins Krankenhaus genutzt und 50 Euro aus dessen Geldbörse genommen. Das Gericht wertet dies trotz der relativ geringen Summe als so schwerwiegend, dass der Sanitäter nicht im Staatsdienst bleiben kann.

Hinzu kam allerdings auch, dass der Mann vorbelastet ist und sogar während des Disziplinarverfahrens erneut einen Diebstahl beging (Aktenzeichen BVerwG 2 C 6.14).

Grabsteine dürfen fotografiert werden

Grabsteine auf öffentlichen Friedhöfen dürfen fotografiert und die Aufnahmen online gestellt werden. Die Rechte Hinterbliebener werden dadurch nicht verletzt, hat das Amtsgericht Mettmann entschieden.

Es geht um die Seite genealogy.net. Dabei handelt es sich um eine Fotocommunity, die sich der Dokumentation deutscher Grabsteine verschrieben hat. Hobbyfotografen stellen die Fotos ein, wobei Grabsteine aus dem laufenden und letzten Jahr nicht veröffentlicht werden.

Eine Frau hatte dagegen geklagt, dass der Grabstein ihrer Eltern bei genealogy.net zu sehen war. Auch über die Bildersuche bei Google war das Foto zu finden, wenn man den Namen der Verstorbenen eingab.

Das Amtsgericht Mettmann erkennt jedoch keine Rechtsverletzung. Das postmortale Persönlichkeitsrecht werde nicht verletzt, weil das Bild der Grabsteine nur die Personendaten wiedergebe. Eine nähere Aussage oder gar Wertung, wer die Verstorbenen waren, sei damit nicht verbunden.

Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder die Menschenwürde seien nicht verletzt. Eine Abbildung, die nur das wiedergibt, was jeder auf dem Friedhof auch selbst sehen kann, sei hierfür nicht geeignet. Es gebe keinen so weitgehenden Anspruch darauf, „dass alle privaten Verhältnisse den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleiben“ (Link zum Urteil).

Gericht kritisiert Kölner Polizei

Bei der Kölner Polizei geht es nicht mit rechten Dingen zu, wenn Personen in Gewahrsam genommen werden. Zu diesem Ergebnis kommt das Verwaltungsgericht Köln.

Eine Frau war bei einer Feier von 50 bis 60 Personen in Gewahrsam genommen worden, nachdem es zu Ruhestörungen gekommen sein soll und einem Nachbarn eine Flasche über den Kopf geschlagen wurde. Auf der Wache verlangten männliche Polizeibeamte von der Frau, dass sie sich für eine Durchsuchung komplett auszieht. Als die Frau sich weigerte, wurde sie von den Polizisten festgehalten und entkleidet.

Das Verwaltungsgericht Köln weist in seinem Urteil darauf hin, dass die Polizei bei der Durchsuchung von Frauen weibliche Polizisten einsetzen muss. Das sei der Polizei möglich und zumutbar gewesen.

Die Polizei hatte überdies geltend gemacht, es müssten sich gemäß Anordnung der Polizeiführung alle Personen entkleiden, die in Gewahrsam genommen werden. Das ist laut Gericht ebenfalls unzulässig. Ein so tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte bedürfe jeweils einer Abwägung im Einzelfall.

Zu allem Überfluss verneinen die Richter auch noch, dass die Frau überhaupt auf die Wache gebracht werden durfte. Die gesetzlichen Voraussetzungen hätten nicht vorgelegen (Aktenzeichen 20 K 2624/14).

Nachtrag: Die Kölner Polizei reagiert auf das Urteil.

Keine deutschen Flugverbote im Ausland

Die Bundesregierung darf keine Flugverbote für Flughäfen im Ausland verhängen, etwa wegen befürchteter Terrorangriffe. Hierfür fehlt es an einer rechtlichen Grundlage, hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden.

Der Bundesverkehrsminister hatte deutschen Airlines im März 2015 verboten, den Flughafen Erbil im Nordirak anzufliegen. Begründet war das Verbot damit, dass IS-Milizen Erbil mit Raketen beschossen hatten. Das Ministerium hatte sein Verbot auf § 29 Luftverkehrsgesetz gestützt.

Zu Unrecht, meinen die Richter. Das Gesetz spreche lediglich von „betriebsbedingten“ Gefahren. Ein Raketenbeschuss durch Milizen sei keine betriebsbedingte Gefahr, sondern ein von außen kommender Angriff auf den den Luftverkehr. Für Flugverbote auf ausländischen Flughäfen gebe das Gesetz außerdem überhaupt keine Eingriffsbefugnis.

Das Flugverbot ist seinerzeit auch nach zwei Wochen wieder aufgehoben worden, weil es keinen weiteren Beschuss gab (Aktenzeichen OVG 6A 8.15).

Finanzamt hat keinen Freibrief

Finanzämter schicken schon mal gerne „Auskunftsersuchen“ an mögliche Geschäftspartner eines Steuerpflichtigen, wenn sie nicht versteuerte Einkünfte vermuten. Das ist allerdings nur in engen Grenzen zulässig, hat jetzt der Bundesfinanzhof entschieden. Grundsätzlich, so das Gericht, muss das Finanzamt erst mal den Steuerschuldner fragen.

Ein Geschäftsmann hatte geklagt, weil sich das Finanzamt bei einer Firma erkundigt hatte, ob diese Provisionen an den Unternehmer gezahlt hat. Der Mann machte geltend, solche Nachfragen schadeten seinem Ruf. Vor dem Bundesfinanzhof bekam er jetzt Recht. Derartige Nachfragen beeinträchtigen laut dem Gericht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gefährden die Reputation.

Deshalb müsse immer erst der Steuerpflichtige gefragt werden. Etwas andere gelte nur, wenn der Schuldner (noch) unbekannt sei oder wenn feststehe, dass er sowieso nichts sagen werde (Aktenzeichen X R 4/14).

„Shariah Police“ machte sich nicht strafbar

Wegen Verstoßes gegen das Uniformverbot in der Öffentlichkeit waren in Wuppertal einige Salafisten angeklagt. Sie waren in der Stadt mit handelsüblichen Warnwesten patroulliert, welche die Aufschrift „Shariah Police“ trugen. Das Landgericht Wuppertal hat die Anklage heute allerdings gar nicht zur Verhandlung zugelassen.

Die Westen sind nach Auffassung des Gerichts keine Uniformen oder gleichartige Kleidungsstücke, wie sie das Verbot im Versammlungsgesetz voraussetzt. Die Richter verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das eine zurückhaltende Auslegung verlangt. Eine Uniform müsse als „Symbol organisierter Gewalt“ erkennbar sein. Das sei der Fall, wenn die Kleidung erkennbare Bezüge zur Bekleidung historisch bekannter militanter Gruppen aufweise. Insgesamt müsse das Tragen geeignet sein, „suggestiv-militante Effekte“ auszulösen.

Das alles sei bei einer Warnweste nicht der Fall. Vor Gericht muss sich nun zunächst lediglich ein Kopf der Gruppe verantworten, dem vorgeworfen wird, die Aktion nicht angemeldet zu haben. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat erklärt, wegen der heutigen Niederlage vor das Oberlandesgericht zu ziehen.

Gewinnspiel: Zehn Aktenperlen für die Leser

Im law blog ist es ja aus Gründen derzeit kurze Zeit etwas ruhiger. Um so mehr freue ich mich, dass ich die Leser mit einer Verlosung hoffentlich leidlich bei Laune halten kann. Ab heute gibt es zehn schmale, dafür aber extrem lustige Bücher von Tim Oliver Feicke zu gewinnen. Es handelt sich um die gerade erschienenen neuen „Aktenperlen aus der Justiz“. Das Buch trägt den Titel „Wir sind hops, Bruderherz!“.

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Die Cartoons stammen von Tim Oliver Feicke. Die Texte aus Gerichts- und sonstigen Verfahrensakten. Tim Oliver Feicke extrahiert sie während seiner Tätigkeit als Richter in Schleswig-Holstein aus den Papierbergen, die er sowieso bearbeiten darf bzw. muss. Dabei kommt einiges an Wortwitz und Aberwitz zusammen. „Wir sind hops, Bruderherz“ ist immerhin schon der dritte Band der Aktenperlen.

Kostproben? Hier das Zitat aus einer Ermittlungsakte der Polizei:

Eine Verständigung ist nicht möglich, da Herr M. nur arabisch, französisch und spanisch spricht.

Oder ein Schreiben ans Gericht, in dem es eigentlich um Mäuse ging:

Ich habe Rattenzahlung beantragt.

Ich könnte jetzt noch lange was aus dem Bändchen wiedergeben, dann wäre die Freude für einige Leser aber geringer. Diese können sich nämlich bald selbst mit den aktuellen Aktenperlen amüsieren.

Hier im law blog gibt es nun zehn Exemplare zu gewinnen. Und zwar nicht irgendwelche. Jedes Exemplar ist vom Autor signiert und mit einem kleinen Cartoon verziert. Mitmachen ist ganz einfach: mit einem Kommentar unter diesem Beitrag. Bitte eine valide E-Mail-Adresse angeben, da die Gewinner ausschließlich über diese E-Mail-Adresse benachrichtigt werden. Die Adresse wird nur für diesen Zweck verwendet.

Alle Kommentare, die bis zum Mittwoch, 16. Dezember, eingehen, nehmen an der Verlosung teil.

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Zwei kleine Tipps: Tim Oliver Feicke stellt seine Cartoons auch gerade im Bundessozialgericht in Kassel aus. Die Aktenperlen sind auch im Buchhandel erhältlich.

Subjektive Zusammenfassung des Gesetzestextes

Polizisten sind keine Juristen oder Waffensachverständige. Sehr freundlich, dass ein Polizeibeamter sogar ausdrücklich darauf hinweist. Und zwar in einer „waffenrechtlichen Beurteilung“, die er wegen Zufallsfunden bei einem meiner Mandanten geschrieben hat:

Die waffenrechtliche Bewertung wird von mir nach einer subjektiven Zusammenfassung des Gesetzestextes und Anwendung meiner kriminalistischen Erfahrung vorgenommen und stellt kein Sachverständigengutachten dar. Abweichungen von einem solchen Gutachten können nicht ausgeschlossen werden.

Im Ergebnis kann ich auch nicht ausschließen, dass der Beamte sich in seiner Einschätzung einer „Waffe“ geirrt hat. Aber zu Gunsten meines Mandanten, also lassen wir es gerne dabei.

Wasserstandsbericht

So, mal tief ausatmen.

Einige Fälle nehmen mich momentan zeitlich stark in Anspruch. Deutlich über das Maß hinaus, welches mit einer geordneten Bloggertätigkeit vereinbar ist. Es kann deshalb sein, dass es auch in nächster Zeit etwas ruhiger im law blog bleibt.

Wenn das der Fall sein sollte, ist es wirklich kein Desinteresse gegenüber dem Blog. Oder gar gegenüber den Lesern. Jedenfalls werde ich mich darum bemühen, dass bald wieder so was wie Normalität eintritt.

So, dann kehre ich mal zu einer dieser Akten zurück. Schönen Tag noch.

Haustier kann Steuern sparen

Tierhalter dürfen sich freuen. Die Kosten für einen Katzen- oder Hundesitter können als haushaltsnahe Leistungen von der Steuer abgesetzt werden. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Ein Ehepaar wollte rund 300 Euro für einen Katzenbetreuer von der Steuer absetzen, der ihr Haustier während des Urlaubs versorgt hatte. Das Finanzamt weigerte sich, weil das Finanzministerium in einer Richtlinie festgelegt hatte, dass Tierbetreuung keine haushaltsnahe Dienstleistung ist. Für solche Dienstleistungen können jährlich bis zu 4.000 Euro abgesetzt werden.

Der Bundesfinanzhof meint dagegen, dass „Tätigkeiten wie das Füttern, die Fellpflege, das Ausführen und die sonstige Beschäftigung des Tieres oder im Zusammenhang mit dem Tier erforderliche Reinigungsarbeiten“ regelmäßig anfallen. Sie würden auch „typischerweise durch den Steuerpflichtigen selbst oder andere Haushaltsangehörige erledigt“. Deshalb liege eine hausshaltsnahe Dienstleistung vor (Aktenzeichen VI R 13/15).

Gratis-Zeitung ist Lebensrisiko

Dieses Urteil wird all jene freuen, die kostenlose Zeitungen und Prospekte in Briefkästen stopfen. Das Amtsgericht Charlottenburg hält unerwünschte Werbung zwar für unzulässig, gegen „Ausreißer“ könnten sich die Empfänger jedoch nicht erfolgreich mit einer Unterlassungsklage wehren.

Geklagt hatte eine Frau, die innerhalb von zwei Jahren drei Mal ein Anzeigenblatt im Briefkasten fand – obwohl sie sich mit Hinweisen wie „Bitte keine Werbung“ und „Einwurf von Werbung untersagt“ auf dem Briefkasten dagegen wehrte.

Obwohl der Einwurf der Gratis-Zeitungen nicht ernsthaft bestritten wurde, wies das Amtsgericht Charlottenburg die Unterlassungsklage ab. Der Verlag, so heißt es, respektiere ja grundsätzlich den Wunsch der Klägerin. Er habe auch dafür gesorgt, dass die Zusteller geschult werden. Die beauftragten Zustelldienste müssten sogar ihrerseits Vertragsstrafen zahlen, wenn die Mitarbeiter Gratiszeitungen unerwünscht einwerfen.

Damit habe der Verlag alles getan, um Ausreißer zu vermeiden. Wenn es doch in Einzelfällen dazu komme, sei dies ein „Lebensrisiko“, das die Klägerin hinnehmen muss (Link zum Urteil).

Hautarzt muss Krebs ausschließen

Harmlose Fußverletzung oder Hautkrebs? Dieser Frage gingen Hautärzte aus Paderborn nicht ausreichend nach, als sich vor sechs Jahren eine Frau in ihre Behandlung begab. Weil sie den Krebs nicht rechtzeitig erkannten und die Patientin später lange litt und letztlich starb, müssen ihre Ärzte jetzt ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro an ihren hinterbliebenen Mann zahlen.

Die Ärzte hätten sich nach Auffassung des Gerichts nicht auf die Schilderung der Frau verlassen dürfen, welche die verfärbte Hautstelle auf einen Stoß zurückführte. Die Ärzte hatten zwar eine Probe eingeschickt, diese ergab histologisch aber lediglich einen bakterielle Infektion. Außerdem bestellten sie die Frau nicht erneut ein, sondern teilten ihr das Untersuchungsergebnis nur telefonisch mit.

Richtigerweise hätten die Ärzte durch weitere Untersuchungen ausschließen müssen, dass es sich um ein bösartiges Melanom handelt. Die histologische Untersuchung sei schon deshalb unzureichend gewesen, weil die Frau die Gewebeprobe selbst entnommen hatte und ihr dabei noch nicht mal gesagt worden war, an welcher Stelle sie das tun müsse.

Bei ordentlicher Untersuchung habe, so das Gericht, die naheliegende Wahrscheinlichkeit bestanden, dass die bösartige Krebserkrankung früh entdeckt wird und nicht tödlich geendet hätte. Das Landgericht Paderborn hatte den Fall in erster Instanz noch anders bewertet und die Klage abgewiesen (Aktenzeichen 26 U 63/15).

Katzenobergrenze

18 Katzen in einer Wohnung mit 100 Quadratmetern sind zu viel. Das Amtsgericht Augsburg verurteilte deshalb Geschwister, ihre Mietwohnung zu räumen. Ob die Katzen jemanden belästigen, darauf kommt es laut dem Urteil nicht an.

Im Mietvertrag war lediglich die Haltung einer Katze erlaubt. Die mindestens zwei Tiere haben sich jedoch vermehrt, so dass es schließlich 18 Katzen in der Wohnung gab. Davon sieben erwachsene Katzen und elf Jungtiere.

Schon sieben ausgewachsene Katzen sind nach Auffassung des Gerichts zu viel für eine Wohnung. Denn diese diene, wie der Name schon sagt, zu Wohnzwecken. Deshalb spielte es auch keine Rolle, ob die Jungtiere noch weggegeben worden wären. Das Urteil ist rechtskräftig.

Rundfunkbeitrag für Firmen ist o.k.

Der Rundfunkbeitrag für Unternehmen ist rechtmäßig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dies im Fall des Autovermieters Sixt entschieden. Sixt wehrt sich wie andere Firmen auch gegen die Rundfunkgebührenpflicht für Firmen.

Die Richter weisen darauf hin, der öffentlich-rechtliche Rundfunk biete auch Unternehmen Vorteile, die nicht durch die private, wohnungsbezogene Rundfunkgebührenpflicht abgegolten sei. Außerdem legten Automieter Wert darauf, dass im Wagen ein Autoradio vorhanden ist.

Auch die Höhe des Beitrags ist nicht zu beanstanden, so das Gericht. Bei betrieblich genutzten Autos sei es angemessen, dass die Rundfunkgebühr auf ein Drittel des normalen Beitrags gedeckelt ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision zugelassen (Aktenzeichen 7 BV 15.15.344).