Das Rollkommando im U-Bahnhof

Mit „Rollkommandos“ versucht die Düsseldorfer Rheinbahn Schwarzfahrern beizukommen. Gestern morgen um 8.30, also zur besten Rush Hour im Bürobezirk, besetzten zum Beispiel 38 Kontrolleure, sechs Sicherheitskräfte und zwei Polizisten den U-Bahnhof Königsallee.

Der Düsseldorfer Express berichtet von von einer „dichten Sperrkette“. Laut NRZ betraten sofort nach dem Türöffnen 30 (!) Kontrolleure die Züge und versuchten, alle Fahrgäste innerhalb einer Minute zu kontrollieren. Wachleute hätten derweil die Türen gesichert. Auch aussteigende Fahrgäste seien auf dem Bahnsteig angehalten und kontrolliert worden.

Mit den Kontrollen auf dem Bahnsteig dürfte sich die Rheinbahn auf glattes Parkett begeben. Zumindest dann, wenn ausgestiegene Fahrgäste vom eigenen Personal festgehalten werden. Ich bezweifle, dass es nach Ende der Beförderung überhaupt noch ein Recht gibt, (Ex-)Fahrgäste zu kontrollieren.

Ich würde es mir jedenfalls nicht gefallen lassen.

Angesichts des Aufwandes kein Wunder, dass viele Fahrgäste erst mal von einer groß angelegten Verbrecherjagd ausgingen und dann überrascht feststellten, dass es nur um Schwarzfahrer geht. Eine Frau empfand das Vorgehen als „Einkesselung“, ein Fahrgast sprach von „Razzia“. Die Westdeutsche Zeitung zitiert ein „lächerlich“.

Interessant ist, was für Schwarzfahrer mit dieser martialischen Aktion erwischt wurden. Da war zum Beispiel ein Herr aus Lissabon. Er hatte zwar ein Ticket, es war aber nicht abgestempelt. Er habe das nicht gewusst, sagte er. Seine Personalien wurden trotzdem notiert. Er wird sich bestimmt gerne an seine Reise nach Düsseldorf erinnern und davon schwärmen, wie hilfsbereit und nachsichtig einem die regionalen Gepflogenheiten erläutert werden, mit denen man einen vom Automaten ausgespuckten Einzelfahrschein auch gültig macht.

Insgesamt 70 Schwarzfahrer wurden in zwei Stunden „erwischt“, heißt es stolz. Man kann es auch anders sehen. Rund 3.3000 Fahrgäste, die brav für ihre Tickets zahlen, mussten sich allein am Bahnhof Königsallee diesem unschönen Szenario aussetzen – obwohl sie für ihr Geld eigentlich zügigen Transport und ordentlichen Service ewarten dürfen. Und keine Drohkulissen.

Selbst nach Angaben der Rheinbahn fahren nämlich maximal 2,1 Prozent aller Passagiere schwarz.

Street View will viel mehr wissen

Interessante Neuigkeiten zu Googles Projekt Street View. Waren die meisten Bedenken zuletzt ausgeräumt, berichten Datenschützer nun, Google fotografiere nicht nur deutsche Ortschaften. Vielmehr seien in den Fahrzeugen auch Geräte installiert, die alle an der Strecke befindlichen WLANs speichern (Pressemitteilung).

Wenn das stimmt, ist zunächst Googles Informationspolitik zu kritisieren. Dass auch Drahtlosnetzwerke festgehalten werden, scheint jedenfalls nicht offen kommuniziert worden zu sein. Ich habe es bislang jedenfalls nirgends gelesen. Wie die Verbotsforderungen der Datenschutzbeauftragten zeigen, scheint die mögliche WLAN-Erfassung auch für sie neu zu sein.

Selbst wenn es keine Ente ist, scheint mir die Aufregung aber etwas übertrieben. Die vom WLAN abgestrahlten Daten sind nun erst mal öffentlich zugänglich. Die weitaus meisten WLANs übertragen auch keine personenbezogenen Daten. Dass eine Vielzahl der Router, wie es die Datenschutzbeauftragten behaupten, Namensbestandteile enthält, kann ich aus meiner Erfahrung (Düsseldorf, dicht besiedelt) nun ganz und gar nicht bestätigen. Jedenfalls steht es jedem Nutzer frei, wie er sein WLAN nennt. Was aus dem Verschlüsselungsstatus groß hergeleitet werden soll – Fragezeichen.

Allerdings ist auch unübersehbar, dass solche Daten natürlich nicht in erster Linie auf Außenwirkung gerichtet sind. Im Gegensatz zum öffentlichen bzw. öffentlich einsehbaren Lebensraum, den Google Street View in erster Linie erfasst, sind sie deutlich privater. Und in dünner besiedelten Gegenden wird es sicher auch einfach sein, schon vom Standort her eines WLAN auf seinen Betreiber zu schließen.

Nachtrag: Gegenüber heise online hat Google die Aktion eingeräumt. Es gehe um die WLAN-gestützte Ortung, die etwa bei Smartphones ohne GPS erfolge. Um was es da genau geht, kann ich technisch nicht nachvollziehen. Google betont aber, die Daten würden „aggregiert und anonymisiert“. Laut Spiegel online ist die Ortung per WLAN seit Jahren gang und gäbe.

Gedanken von Jens Ferner zum Thema.

Private Nachrichten nur gegen Geld?

Mal wieder etwas für die Rubrik allgemein interessante Leserfragen, zu deren Beantwortung mir leider die Zeit fehlt.

Lieber Herr Vetter,

vielleicht ist es einem Langzeit-Leser einmal erlaubt, einen Themenvorschlag zu bringen – gänzlich eigennützig, das muss ich zugeben, aber vielleicht haben sich andere diese Frage auch schon gestellt: Auf einer bekannten „Schulfreunde-Wiederfinde-Seite“ bin ich mit einem kostenfreien Account angemeldet; einige meiner Schulkameraden haben mir nun private Nachrichten geschrieben, die ich aber nur lesen darf, wenn ich eine kostenpflichtige Mitgliedschaft abschließe. Nun frage ich mich: Dürfen die das? Immerhin sind das an mich gerichtete, also zumindest „gefühlt“ MEINE Nachrichten…

Aber vielleicht hat ja der eine oder andere praktische Erfahrung. Oder eine Meinung.

Anwälte gegen Aussagepflicht bei Polizei

Die Regierungskoalition möchte Zeugen verpflichten, bei der Polizei auszusagen. Notfalls soll die Vernehmung auch zwangsweise durchsetzbar sein. Das ist eine ganz neue Regelung. Bislang ist niemand verpflichtet, bei der Polizei auszusagen. Auch nicht als Zeuge.

Dem Gesetzesvorhaben erteilt der Deutsche Anwaltverein eine Absage:

Eine Verpflichtung des Bürgers, Ladungen der Polizei Folge zu leisten, ist mit seiner Rechtsstellung im liberalen Rechtsstaat nicht zu vereinbaren.

Zu dieser plakativen Aussage gibt es auch eine umfangreiche und, wie ich finde, überzeugende Begründung.

15 Bußgeld-Ratgeber zu gewinnen

„So wehren Sie sich richtig!“ Ratschläge rund um Bußgeld, Punkte und Führerscheinentzug gibt Carsten Krumm in seinem Buch „Der neue Bußgeldkatalog“. Der Ratgeber aus der Reihe Beck Kompakt ist für Nichtjuristen geschrieben. Das Buch gibt nicht nur die Rechtslage wieder, sondern liefert auch viele sofort umsetzbare Tipps („Schon ein einfaches Nicken vor Ort kann von der Polizei … als Zugeben des Tatvorwurfs verstanden werden“).

Autor Carsten Krumm, Richter und Experte im beck-blog, spendiert den Lesern des law blog 15 Exemplare der aktuellen Ausgabe. Wer eines der Bücher gewinnen möchte, schreibt bitte bis zum 25. April einen Kommentar zu diesem Beitrag. Bitte eine gültige E-Mail-Adresse angeben, denn die Gewinner werden per Mail benachrichtigt. Jeder Gewinner erhält ein Exemplar des Ratgebers zugesandt.

Nachtrag: Gewonnen haben folgende Kommentatoren: Nr. 7, 10, 29, 64, 114, 339, 343, 394, 594, 749, 428, 450, 602, 616, 691. Herzlichen Glückwunsch.

Arbeitsteilung

Die Firma „NNN Sanierungen“* ist ein Musterbeispiel familiärer Arbeitsteilung:

Vater Jochen saniert.

Ehefrau Nermina hält den Kopf hin.

Tochter Sabrina kriegt das Geld.

Auf dem Briefbogen findet sich als Inhaber der Firma nur der Familienname Müller. Online lässt sich recherchieren, dass früher Jochen mal der Inhaber war, jetzt aber seine Frau Nermina den Laden betreibt. Zumindest offiziell.

Interessanterweise läuft das Firmenkonto aber auf Sabrinas Namen, wobei es sich bei Sabrina wohl um die mittlerweile erwachsene Tochter handeln dürfte (Konfirmation laut Gemeindebrief der zum Wohnort passenden Pfarrgemeinde im Jahre 2004). Damit bei den Überweisungen auch ja nichts schief geht, haben entweder Jochen oder Nermina auf den Briefbogen der Firma, dort wo die Bankverbindung erwähnt wird, einen fettgedruckten Hinweis platziert:

Kontoinhaberin: Sabrina Müller. Bitte nur den persönlichen Namen verwenden, ohne Zusatz „NNN Sanierungen“. Vielen Dank!

Wer das alles weiß, weiß schon zu viel. Und muss sich fast mit der Frage auseinandersetzen, ob er mit einer Überweisung an Sabrina nicht Beihilfe zum Vereiteln der Zwangsvollstreckung leistet. Denn das Ganze hat natürlich alles einen tieferen Grund, wie sich ebenfalls unschwer aus Datenbanken abrufen lässt – insbesondere dem Schuldnerregister.

*alle Namen geändert

Ich stimme dem Staatsanwalt zu

Abgesehen von einer endlos langen Wartezeit hielt sich mein Arbeitseinsatz am Gericht heute in Grenzen. Die Stimmung war angenehm. Der Richter hatte schon so ziemlich alles im Auge, was für meinen Mandanten sprach. Und dann war da noch ein freundlicher Staatsanwalt, der in ein paar Minuten all das sagte, was ich eigentlich erzählen wollte.

Ich beschränkte mich dann darauf, mich für das faire Plädoyer zu bedanken und mir seinen Inhalt zu eigen zu machen. Das passiert nun wirklich selten…

Die Staatsanwaltschaft nimmt für sich in Anspruch, die „objektivste Behörde“ des Landes zu sein. Heute ist sie ihrem Ruf wirklich mal gerecht geworden. Falsch kann sie damit nicht gelegen haben, denn der Richter war dann auch noch mit im Boot.

Anonym über UMTS

Wer übers Mobilfunknetz ins Internet geht, surft weitgehend anonym. Das ist zwar nicht ganz unbekannt, wurde aber von den Mobilfunkanbietern bislang kaum thematisiert. Möglicherweise auch, weil deswegen die bis vor kurzem gültige Vorratsdatenspeicherung für diesen immer wichtiger werdenden Nutzungskanal praktisch ins Leere lief.

Zum Beleg hier die Auskunft, die ein großer Provider vor wenigen Tagen an eine Behörde gegeben hat:

Die angefragten IP-Adressen werden für den Internetzugang über das GPRS/UMTS-Mobilfunknetz verwendet. Hierbei wird Network-Address-Port-Translation (NAPT) eingesetzt, um nicht zu viele IP-Adressen zu verbrauchen (gemäß RIPE-Richtlinien). Da die IP-Adressen von vielen tausend Kunden gleichzeitig genutzt werden, ist eine genauere Zuordnung nicht möglich.

Der nicht unerheblich starke Tatverdacht

Mein Mandant soll zu schnell gefahren sein. Das Radarfoto war nicht sonderlich gut, was mich zu diesen Ausführungen veranlasste:

Mein Mandant bestreitet, der Fahrer zu sein.

Die vorhandenen Beweismittel tragen den Bußgeldbescheid nicht.

Eine eindeutige Identifizierung ist nur möglich, wenn das Messfoto das Gesicht des Fahrers vollständig zeigt (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995, 4 StR 170/95) oder zumindest ausreichende individuelle Merkmale erkennbar sind.

Das ist nicht der Fall.

Das Gesicht des Fahrers ist weitgehend durch den Innenspiegel verdeckt. Die komplette Augenpartie und die Nasenpartie sind nicht zu sehen. Die Stirn ist nur zu einem Bruchteil erkennbar. Nur das rechte Ohr sowie die rechte Mundpartie sind zu sehen. Die gesamte linke Kopfhälfte ist nicht zu erkennen.

Bei einem derartigen Foto stehen keine ausreichenden Identifikationsmerkmale zur Verfügung, um die Person des Betroffenen mit der Person auf dem Foto abzugleichen. Dies gilt im Übrigen auch deswegen, weil der – ohnehin veränderliche – Haaransatz ebenfalls nicht erkennbar ist.

Anhand eines rechten Ohres und der rechten Mundpartie lässt sich eine Identifizierung nicht mit der nötigen Sicherheit vornehmen. Wir verweisen ergänzend auch auf die zutreffenden Ausführungen des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2006 (IV-5 Ss (OWi) 199/06-(OWi) 147/06 I) …

Das Amtsgericht hat das Verfahren auf Kosten der Staatskasse eingestellt. Allerdings sieht der Richter davon ab, der Staatskasse auch die Anwaltskosten aufzuerlegen. Begründung:

Entgegen der Auffassung des Verteidigers rechtfertigt die trotz der schlechten Bildqualität nicht unerhebliche Stärke des Tatverdachts die Tragung der Auslagen durch den Betroffenen.

Was ein nicht unerheblich starker Tatverdacht ist, sagt der Richter leider nicht. Auch nicht, woraus sich der nicht unerheblich starke Tatverdacht denn ergeben soll. Außer dem miserablen Foto gibt es keine Beweismittel für die Frage, wer den Wagen gefahren hat. Wenn es aber für einen nicht unerheblich starken Tatverdacht reicht, gibt es eigentlich keinen Grund, das Verfahren einfach mal so einzustellen.

Aber ich freue mich und lasse gerne Fünfe gerade sein; der Betroffene hat Verkehrsrechtsschutz.

Papierne Ausdrucke elektronischer Eingaben

Die Zeiten ändern sich und damit auch die Technik. Das haben, je nach Alter und Dünkel, selbst Richter und Staatsanwälte lust- oder leidvoll erfahren. Es gibt inzwischen viele Angehörige dieses Berufsstands, die ihre Anklagen oder Urteile nicht mehr diktieren, sondern selber in den Computer tippen. Das wird langsam aber sicher, landauf, landab zur Gewohnheit werden.

Landauf, landab? Nein! Nicht so im Ruhrgebiet. In Bochum sitzt ein unbeugsamer Handelsrichter und leistet seit vier Jahren Widerstand. Gegen die Arbeit am PC-Bildschirm. Der Mann pocht auf sein Recht auf Papier. Auf Akten. Auf Berge davon. Gegen den Willen der Landgerichtspräsidentin.

Wenn es unter Richtern Knatsch gibt, urteilen Richter darüber. Und wenn ein Richter sich weigert und deshalb andere Richter gegen Richter entscheiden, dann kann in der Justiz schon mal die modernste Erfindung sinnlos werden. Allerdings muss vorher der ordentliche Beschwerdeweg „erschöpft“ sein. Dieses Wort nehmen Juristen in den Mund, wenn sie meinen: innerhalb der Behörden, auch der vorgesetzten, läuft gar nichts mehr.

So ist es in diesem Fall. Der begann mit dem Einzug des elektronischen Handelregisters. Und endete vorläufig vor gut zwei Jahren mit einem bemerkenswerten Urteil des nordrhein-westfälischen Dienstgerichts in Düsseldorf. Das moderne Handelsregister wurde Anfang 2007 mit Begeisterung aufgenommen und kürzlich noch einmal ausführlich gelobt. Mit dem Gesetz über das elektronische Handelsregister habe es eine „wichtige Weichenstellung“ gegeben, betonte die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller Piepenkötter (CDU).

Allein im Jahr 2007 wurden rund 800.000 elektronische Anträge rechtsverbindlich elektronisch eingereicht. Allerdings hapert es mit deren Bearbeitung. Jedenfalls erstmal beim Amtsgericht in Bochum. Dort bat ein Richter, und das klang zunächst völlig harmlos, die Geschäftstelle des Handelsregisters möge ihm die Anträge doch einmal ausdrucken. Er wolle zuhause damit in Ruhe und ordentlich arbeiten.

Der Mann trat mit seinem simplen Wunsch – absichtlich oder arglos – eine juristische Lawine los. Zunächst verwehrte der Amtsgerichtsdirektor die Ausdrucke. Die Einführung des elektronischen Handelsregisters bezwecke, so erklärte der Chef, den Verfahrensablauf in jeder Hinsicht zu optimieren und überflüssigen Arbeits- und Kostenaufwand zu vermeiden. Außerdem: Mit Blick auf die erfolgten Sparerfolge sei den Gerichten weniger Personal zugewiesen worden.

Die gewünschten Ausdrucke würden jedoch das Gegenteil bewirken, nämlich einen erhebli­chen Aufwand an Arbeitszeit und Kosten verursachen. Der brüskierte Richter rief (wir sind in der zweiten Phase) die Präsidentin des Landgerichts Bochum und damit die nächste Instanz an. Er legte nach. Der Bescheid des Amtsgerichtsdirektors sei ein Eingriff in seine richterliche Unabhängigkeit. Die Arbeit am Computer-Bildschirm, machte der Richter geltend, sei deutlich konzentrationsmindernd und führe zu Ermüdungser­scheinungen.

Da brauche er Pausen. Ohne Ausdrucke, ließ er kategorisch wissen, gebe es keine optimale Sachbearbeitung. Doch auch die Landgerichtspräsidenten ließ ihren Kollegen abblitzen. Ihm werde eine bestimmte Arbeitsweise weder vorgeschrieben noch untersagt. Er könne ja, kam da noch ein konstrunktiver Hinweis, die Eingänge selbst ausdrucken. Diesen Schlenker hielt der Richter gar für „rechtswidrig“ und wandte sich – Phase drei – an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm.

Es ent­spreche doch der richterlichen Unabhängigkeit, die Art der Bearbeitung selbst zu wählen. Der Päsident bemühte seufzend den Gesetzgeber. Dessen Absicht, nämlich die elektronische Beschleunigung und Vereinfachung des Handelsregisters, werde mit Ausdrucken durch Justizbeschäftigte unterlaufen.

Damit war der Beschwerdeweg zwar erschöpft, nicht aber der Richter. Er brachte den Fall nun vor das nordrhein-westfälische Dienstgericht für Richter in Düsseldorf. Dort trug er vor, dass es jedem Richter überlassen bleiben muss, ob er an einem PC arbeitet oder nicht.

Und endlich: Das Dienstgericht begründete auf 11 Seiten, warum es den Ruhrgebietskollegen im Recht sieht. Der Kernsatz ist ein Meisterwerk juristischer Prosa und klingt einleuchtend: „Die grundsätzliche Zulässigkeit, der Richterschaft eine neue Technik zur Verfügung zu stellen, findet ihre Entsprechung aber nicht in einer ausnahmslos gegebenen Pflicht des Richters, diese Technik auch tatsächlich zur Anwendung zu bringen“.

Fazit: Ein deutscher Richter muss weder am Bildschirm arbeiten noch eigenhändig irgendetwas ausdrucken. Jetzt kann es zu dem kommen, vor dem sich schon der Amtsgerichtsdirektor gruselte. Arbeitszeit und Kosten für die Ausdrucke steigen; bei jedem Antrag spuckt der Drucker mindestens zwanzig Seiten aus; bei komplizierten Vorgängen werden es leicht zweihundert bis dreihundert. „Aufgeblähte“ Akten würden weitere Archivräume notwendig machen, die es nicht gibt.

Falls doch, würden noch mehr Kosten ver­ursacht. Was umso mehr gelte, wenn weitere Richter des Handelsregisters in ähnlicher Weise verfahren wollten. Ein Dammbruch? Womöglich, denn ähnlich hat kürzlich das Dienstgerichtshof am Oberlandesgericht Hamm per Beschluss bestätigt: „Aus der Unabhängigkeit des Richters folgt, das dieser seine Arbeit grundsätzlich nach Maßgabe seiner individuellen Arbeitsgestaltung verrichten kann. Wobei es Sache der Justizverwaltung ist, ihm hierfür die sachlichen Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen“.

Wörtlich heißt es weiter: „Hierzu zählt auch die Vorlage papierner Ausdrucke von elektronischen Eingaben“. Die nächste Instanz ist das Dienstgericht beim Bundesgerichtshof. In welche Richtung dessen Entscheidung gehen kann, ist schon jetzt absehbar. Das Recht ist zwar für alle gleich. Nur für Richter ein bisschen gleicher.

Die Kosten des gesamten Verfahrens? Tragen die Steuerzahler. (pbd)

Nach noch ausstehender Rücksprache

Mal wieder ein Stück zeitgenössischer Anwaltsprosa, ungekürzt:

Wir vernehmen, dass Ihre Mandantschaft unter Beachtung des geschlossenen Vergleichs ein Zeugnis erteilt hat. Wir sehen jedoch im Konkreten nach noch ausstehender Rücksprache mit unserer Mandantschaft einen Modifizierungsbedarf, da wir der Auffassung sind, dass Ihre Mandantschaft durchaus ein wohlwollend, qualifiziertes Zeugnis unserer Mandatschaft gegenüber verschuldet.

Wir werden daher kurzfristig nach Rücksprache mit unserer Mandantschaft auf die Angelegenheit zurückkommen.