Die Hamburger Schulboykotteure befinden sich nun auf der Flucht. Wie Spiegel online berichtet, haben sie mit einem Wohnmobil Hamburg verlassen. Im Bericht stehen noch zahlreiche Hintergrundinformationen.
Heise-Urteil: Meinungsfreiheit geht vor
Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg zum Heise-Forum liegt jetzt schriftlich vor (PDF).
Das Gericht zieht die Rechtsprechung zu Livesendungen heran und entscheidet sich für die Meinungsfreiheit:
In Anlehnung an diese Grundsätze gilt für ein Internetforum, bei dessen Nutzung nicht einmal der Eindruck erweckt wird, der Beitrag gebe die Meinung des Forumsbetreibers wieder, dass schon im Hinblick auf die garantierte Freiheit der Meinungsäußerung auch eine Haftung als Störer im Regelfall nicht in Betracht kommt, soweit lediglich der Vorgang des Einstellens des Beitrags durch Dritte in Frage steht. Soweit nicht der Forenbetreiber durch sein eigenes Verhalten Rechtsverletzungen durch die Nutzer provoziert, sind ihm diese nicht zuzurechnen.
Auch eine generelle Überwachungspflicht für die Beiträge will der Senat „ohne konkreten Anlass“ eher nicht annehmen. Allerdings bejaht das Oberlandesgericht eine Überwachungspflicht für den Fall, dass der Betreiber Rechtsverletzungen selbst „provoziert“ hat oder auf diese hingewiesen wurde. Diese Überwachungspflicht erstreckt sich dann aber auch nur auf die Foren (gemeint sind wohl die Threads), in denen mit weiteren Rechtsverletzungen zu rechnen ist.
Insgesamt ergibt sich also folgende Abstufung:
1. Forenbetreiber haften nicht für Kommentare, sofern klar ist, dass die Kommentare von Dritten stammen und nicht unbedingt die Meinung des Forenbetreibers wiedergeben.
2. Forenbetreiber müssen die Kommentare nicht vorsorglich kontrollieren, es sei denn, sie haben rechtswidrige Äußerungen „provoziert“.
3. Werden rechtswidrige Äußerungen beanstandet, muss der Forenbetreiber künftig von sich aus kontrollieren, ob es zu erneuten Verstößen kommt.
Die Trickser von der Kripo
In Lübeck ist ein Mordprozess mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Der Angeklagte musste freigesprochen werden, weil die Polizei einem Zeugen Geld in Aussicht stellte, ihn umsorgte und darüber hinaus möglicherweise auch noch die Akten frisierte. Jedenfalls wird jetzt gegen Polizeibeamte ermittelt, berichtet die taz. Die Staatsanwaltschaft fühlt sich von den eigenen Ermittlern hinters Licht geführt.
Die Verteidiger des Beschuldigten hatten schon vor einiger Zeit aufgezeigt, mit welchen Methoden in Lübeck ermittelt wurde. So gab es für verfängliche Dokumente folgenden Stempel:
Hintergrundinformation
Nicht in Ermittlungsakte oder
Handakte aufnehmen
Vernichtung nach Auswertung
Das ist natürlich praktisch. Was nicht ins Konzept passt, wird als Hintergrundinformation tituliert und zur Seite geschafft. Wie gut, dass es offensichtlich noch Gerichte gibt, die sich von solch frisierten Akten nicht täuschen lassen. Das Lübecker Gericht kam jedenfalls zu seinem Freispruch zweiter Klasse, weil es angesichts der Manipulationen Verwertungsverbote für belastendes Material bejahte.
(Danke an Gerd Hoffmann für den Link)
Fußballfans – diesmal nur halbnackt
Anhänger von Eintracht Frankfurt mussten beim jüngsten Gastspiel in Mainz ihre Trikots ausziehen, wenn sie Karten für „neutrale“ Plätze hatten. Das berichtet der Main Rheiner.
Zahlreiche Fans hätten die Begegnung mit nacktem Oberkörper beobachtet müssen, schreibt mir law blog-Leser Dieter Wennes. Schon im Vorfeld soll es knallharte Kontrollen gegeben haben. Auf der Seite von Eintracht Frankfurt wird berichtet, es seien sogar Ausweise einbehalten wurden.
Siehe auch:
Gericht bestätigt Kleiderregeln für Anwälte
Das Verwaltungsgericht Berlin hält es für rechtmäßig, dass den Anwälten in der Stadt Kleidungsvorschriften gemacht werden. Anwälte sollen demnach nicht nur eine Robe tragen, sondern auch ein weißes Hemd und eine weiße Krawatte. Jedenfalls müssen Hemd und Krawatte aber in unauffälligen Farben gehalten sein.
Ein Anwalt hatte gegen die Kleidervorschrift geklagt. Unter anderem mit der Begründung, vor Gerichten seien bunte Hemden und Krawatten längst üblich. Das Verwaltungsgericht meint jedoch, das Tragen unangemessener Kleidungsstücke könne die Robe und damit mittelbar das Verfahren abwerten.
Nun ja. Jedenfalls sollte man fairerweise darauf hinweisen, dass die angegriffene Vorschrift schon vom Wortlaut her keine Verpflichtung begründet. Verbindlich ist sie lediglich für Richter, Staatsanwälte und andere Justizbedienstete. Rechtsanwälte „sollen“ sich lediglich daran halten.
Näheres in der Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts.
(Link gefunden bei Recht und Alltag)
Schonfrist
Sieh an, eine falsch notierte Frist. Die Sekretärin hat „zur Stellungnahme binnen 14 Tagen“ gelesen. Dabei steht da „4 Wochen“.
Und ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass ich heute Abend noch ernsthaft arbeiten muss.
Schadensnummer
2006/1-16820339/19
Je kleiner die Versicherung, desto länger die Schadensnummer.
Anlage
„… übersende ich das Schreiben der Gegenseite gescannt als Anlage.“
Eine Seite als Bitmap, 17 Zeilen Text. Dateigröße: 7,4 MB.
Ich glaube, das ist neuer Rekord.
Natascha K.: „Der Sammler“ als Vorbild?
Matt Wagner ist aufgefallen, dass der Fall der Österreicherin Natascha Kampusch verblüffende Ähnlichkeiten zum Roman „Der Sammler“ von John Fowles aufweist.
In dem Buch, das 1964 erschienen ist, bereitet der Täter akribisch die Entführung vor, baut seinen Keller zum schalldichten Gefängnis um und geht schließlich mit einem Lieferwagen auf die Pirsch, um eine junge Frau einzufangen wie einen seltenen Schmetterling.
Näheres, auch zu Verfilmungen, „Auf der Rückseite der Reeperbahn“.
Textvorlage
Hallo!
Ich werde demnächst umziehen und möchte meine Freunde auf dem laufenden halten. Die moderne Form dies zu tun ist … ein Blog :) … Meine Frage lautet: Darf ich den Wortlaut des Impressums von law blog benutzen? Ich möchte es „richtig“ machen um keinen Ärger mit wem-auch-immer zu bekommen.
Dankeschön.
S.
Kein Problem. Eine Garantie ist damit allerdings nicht verbunden…
Links 29
Eine Zusammenstellung interessanter Links. Jeweils mit Dank an die Einsender:
– Die zehn Lügen der Headhunter;
– Kölner Straßenstrich: Steuereintreiber hart an der Frau;
– 153 Stundenkilometer zu schnell;
– Arbeitsagentur: Wohin mit dem vielen Geld?
– Wohnen: Die Deutschen mieten lieber;
– Politiker wollen Internet schärfer kontrollieren;
Lieber nackt als betandwin
Weil er beim Joggen ein T-Shirt trug, bekam ein Dortmunder Ärger mit der Polizei. Es handelte sich natürlich nicht um ein x-beliebiges Shirt. Sondern eines mit Reklame für den Sportwettenanbieter betandwin (bwin). Die Beamten forderten den Jogger auf, das T-Shirt auszuziehen. Letztlich durfte er es aber doch anbehalten und nach Hause laufen, berichtet das Nachrichtenportal der Ruhr Nachrichten.
Die Polizei beharrt nach dem Bericht darauf, die Beamten hätten nur ihre Pflicht getan, indem sie „Werbung“ für private Sportwetten unterbunden hätten. Die Zweifel des zitierten Staatsanwalts scheinen mir nachvollziehbarer. Der hält es für höchst fraglich, ob ein privat getragenes T-Shirt von betandwin illegal ist. Ich auch.
Da bin ich ja wirklich froh, dass ich bei der Fußballweltmeisterschaft nicht das Internetangebot eines privaten Sportwettenanbeiters genutzt und etwas gezockt habe. Ansonsten wäre ich möglicherweise sehr zufrieden gewesen mit dem Angebot und der korrekten Abwicklung. Nicht auszudenken, wenn ich dann auch hier darüber schreiben würde. Dann käme womöglich die Polizei und würde das staatliche Wettmonopol aber so was von drastisch verteidigen, und sei es gegen so unwesentliche Rechtsgüter wie die allgemeine Handlungsfreiheit und das Recht, seine Meinung zu sagen.
Leider kann ich das alles jetzt nicht zu Ende denken.
Allesio ruft an.
56 Prozent offline
Nur 44 Prozent der deutschen Haushalte haben Zugang zu mindestens einem Computer. Das ergibt sich aus einer Studie der EU, über die heise online berichtet.
Es gibt ja so alltägliche Begegnungen, da fragst du dich: Leben wir eigentlich in der gleichen Welt? Gut möglich, dass in der Zahl auch ein Teil der Antwort steckt.
Verlieren Schulverweigerer Sorgerecht?
Dem Hamburger Vater, der seine Kinder nicht in die Schule lässt, droht weiterer Ärger. Zwar ist er aus der Beugehaft entlassen (früherer Bericht), jedoch soll ihm und seiner Frau jetzt das Sorgerecht entzogen werden. Weil die Kinder immer noch nicht in die Schule dürfen, hat das Jugendamt einen entsprechenden Antrag gestellt, berichtet die taz.
Links 28
Eine Zusammenstellung interessanter Links. Jeweils mit Dank an die Einsender:
– Falsch geparkt, Geld gespart (Hootch);
– Düsseldorf ist 2007 schuldenfrei;
– Ex-SPD-Abgeordnete geht putzen;
– Cindy Crawford: Chirurg statt Cremes;