Unser ausgelagertes Gehirn

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries spricht sich zwar nicht grundsätzlich gegen die Online-Durchsuchung von Computern aus. Immerhin zeigt sie aber Problembewusstsein und wenig Bereitschaft, etwas übers Knie zu brechen:

Aber man muss sehen, dass es einen Paradigmenwechsel in der Rechtspolitik bedeutet, wenn man die heimliche Durchsuchung erlauben würde. Das muss man ausführlich diskutieren und prüfen.

Zypries fordert laut Spiegel online, dass die Ermittler „triftige Gründe“ vorlegen, warum sie so massiv in die Privatsphäre Betroffener eindringen wollen. Eingriffe in diesen Bereich seien verfassungsrechtlich heikel.

So was ist selbstredend kein Problem für Innenminister Wolfgang Schäuble. Steht die Verfassung im Weg, wird sie halt geändert. Schäubles niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann möchte am liebsten überhaupt keine Beschränkungen beim Abgreifen von Daten.

Die Online-Durchsuchung entwickelt sich offensichtlich zum feuchten Traum des Orwellschen Gewerbes. Es wird auch langsam klar, warum. Niemand hat es bislang treffender formuliert als der frühere NRW-Innenminister Burkhard Hirsch. Der PC oder das Notebook, sagt er, seien längst unser ausgelagertes Gehirn.

Wer darauf jederzeit und unbemerkt Zugriff hat, beeinflusst künftig alleine durch die Möglichkeit, zu den bereits nach 24 Stunden sprichwörtlichen 0,1 % zu gehören, das Denken und Handeln. Schäubles „Vorfeldaufklärung“ wäre dann die erste funktionsfähige Gedankenpolizei.