Keine Grundlage

Ich kriege täglich Briefe von Gefangenen, die ich bisher nicht kenne. Meistens geht es um die Übernahme eines Mandates, entweder neu oder in schon länger laufenden Verfahren. Letzteres meist wegen Unzufriedenheit mit dem bisherigen Verteidiger. Neulich schrieb mir ein Inhaftierter, er brauche dringend meine Hilfe. Das Gericht, merkte er an, habe ihm einen Pflichtverteidiger genehmigt. Ich solle mich möglichst schnell melden.

Das habe ich auch gemacht. Jetzt stellt sich heraus, dass der Betreffende die Wiederaufnahme seines Verfahrens betreiben will. Eine der kompliziertesten Angelegenheiten überhaupt.

Allerdings erfahre ich auch, dass überhaupt noch nichts in die Wege geleitet ist. Demgemäß hat sich auch noch kein Gericht oder sonstwer zur Frage geäußert, ob für das denkbare Verfahren ein Pflichtverteidiger bestellt wird. Mir wäre es ehrlich gesagt lieber, der Betreffende hätte von vornherein die Karten auf den Tisch gelegt. Nämlich, dass ich erhebliche Vorarbeiten auf eigenes Risiko machen muss. Möglicherweise hätte ich mich sogar dazu breitschlagen lassen. Die Akte hätte ich mir jedenfalls angesehen.

Aber wenn ich gleich zu Beginn des Mandats beschwindelt werde, sehe ich keine Grundlage für eine Zusammenarbeit.