Beamte wollen Amt lahmlegen

Mit einem Handstreich sollen 289.000 Beamten des Landes und 60 000 der Gemeinden die Arbeit des eh überlasteten Landesamtes für Besoldung und Versorgung lähmen. So jedenfalls will es der nordrhein-westfälische Landesverband des Deutschen Beamtenbundes (dbb).

Mit seiner aktuellen Kampagne gegen die miserable Bezahlung und Gehaltskürzungen der Landesregierung ruft er alle aktiven Beamten und sämtliche Pensionäre dazu auf, in über 349.000 schriftlichen Anträgen die Anhebung der Besoldung und Versorgungszüge zu fordern – „auf ein verfassungskonformes Niveau“.

Was das sein soll, erklärt dbb-Vorsitzender Ralf Eisenhöfer. Die Tarifgehälter sind von 1990 bis 2007 bei den Beschäftigten in der freien Wirtschaft in NRW zwischen 44,4 % und 63,4 % gestiegen. Dagegen haben sich Beamtenbesoldung und die Pensionen lediglich um 34,8 % entwickelt. Außerdem ist inzwischen das Urlaubsgeld gestrichen, das Weihnachtsgeld auf nur ein Drittel gekürzt worden. Und die Arbeitszeit wurde auf bis zu 41 Stunden verlängert.

Das Landesamt (LBV) wird alle Anträge prüfen und mit jeweils einem Bescheid beantworten müssen. Der wird ablehnend sein, genau damit rechnet Eisenhöfer: „Danach wird es Musterklagen vor den Verwaltungsgerichten geben!“ Das in Arnsberg hatte kürzlich, wie berichtet, bereits die Streichung des Urlaubsgeldes für verfassungswidrig erklärt.

Die Beamten, Richter und Staatsanwälte fühlen sich gebeutelt und ausgenommen. Werden sie krank, verweigert die staatliche Beihilfe die volle Erstattung der Arzt- und Rezeptkosten. Das LBV zieht eine „Kostendämpfungspauschale“ ab, die schon mal bei 1.000 Euro liegen kann. Gerade in den ersten Monaten eines Jahres kommt es zu solchen drastischen Verlusten.

In diesen Tagen gibt es erstmals ein Trostpflaster. Weil das Oberverwaltungsgericht Münster die Kostendämpfungspauschale auch für verfassungswidrig hält, werden die Bescheide vom LVB für vorläufig erklärt. Sollte also ein Bundesgericht der Meinung aus Münster folgen, gäbe es die gekürzten Beträge zurück.

Doch das LBV steht vor dem Kollaps. Das bekommt auch Per S. aus Essen zu spüren. Der pensionierte Oberstaatsanwalt berichtet, er warte nach einem Arztbesuch auf die Erstattung „zwei Monate und länger“. Das gelte auch für alle anderen Antragsteller. Was bedeutet: Sie müssen einen Kredit aufnehmen oder ans Ersparte. Und gehen deswegen, obwohl es notwendig ist, erst gar nicht mehr zum Arzt.

„Wir verlangen doch keine Almosen“, sagt Per S. bescheiden, „sondern nur den Anteil, zu dem das Land verpflichtet ist“. Doch er und ehemalige Kollegen wissen von „Riesen-Rückständen“. Bei telefonischen Beschwerden bekomme man aus dem LBV zu hören, dass „hier alles den Bach runtergeht“.

„Dieser Zustand ist nicht schön zu reden“, gibt die Sprecherin von Finanzminister Helmut Linssen (CDU) zu. Stephie Hagelüken räumt „extreme Rückstände“ ein, will aber nichts zu den Ursachen sagen. Stattdessen versichert sie: „Wir arbeiten dran“ und verspricht vage, dass es „bis Ende März“ zu einem normalen Zustand kommen soll.

Darauf will Ralf Eisenhöfer vom Deutschen Beamtenbund weder warten noch Rücksicht nehmen. Die Welle der Anträge mit der Forderung nach mehr Geld soll rollen: „Jetzt gehen wir da mal richtig ran!“ (pbd)