Links auf Wikileaks können gefährlich sein

Über die Durchsuchung beim Inhaber der Domain wikileaks.de wurde schon gestern viel berichtet. Als Anwalt des Betroffenen konnte ich den Sachverhalt heute so weit klären, dass wir wenigstens wissen, um was es geht.

Theodor R. wird vorgeworfen, Beihilfe zum Vertreiben von kinderpornografischen Schriften zu leisten. Und zwar dadurch, dass er seine Domain wikileaks.de schlicht und einfach auf die Internetseite wikileaks.org umleitet.

Die Begründung: Auf der verlinkten Startseite von wikileaks.org findet sich unter anderem ein Link zu einer australischen Sperrliste. Diese Sperrliste ist auf Wikileaks nicht nur zum Download als reiner Text verfügbar (Download-Bereich im oberen Teil). Sondern die Liste ist auf der verlinkten Seite im unteren Bereich nochmals wiedergegeben. Mit einem Unterschied: Die gesperrten Internetseiten sind dort per Hyperlink verknüpft.

Die Polizei hat im Auftrag der Staatsanwaltschaft Dresden die Links stichprobenartig überprüft. Es sollen sich kinderpornografische und damit in Deutschland strafbare Angebote darunter befinden.

Auch wenn die Staatsanwaltschaft den Vorwurf derzeit noch nicht abschließend bejaht, einen Anfangsverdacht gegen meinen Mandanten sieht sie jedenfalls. Denn es komme in Betracht, dass sich, wer auf eine andere Domain weiterleitet, die dann unmittelbar erreichbaren Inhalte zurechenbar zu eigen macht, jedenfalls deren Erreichbarkeit fördert und damit das Verbreiten der Inhalte unterstützt.

Es gibt ein Urteil, das zumindest auf erste Sicht diese Auffassung bestätigt. Es handelt sich um die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart im Prozess gegen den Internetaktivisten Alvar Freude. Dieser hatte Links zu rechtsradikalen Seiten gesetzt, um diese Szene zu entlarven. Das Oberlandesgericht Stuttgart bejahte seine grundsätzliche Haftung für die von ihm gesetzten Links. Freigesprochen wurde Freude letztlich, weil für ihn die im Gesetz vorgesehene Sozialadäquanzklausel griff. Dieser Befreiungstatbestand gilt aber nur für strafbare verfassungsfeindliche Schriften und Symbole, nicht aber für Kinderpornografie.

Ebenso wie die Staatsanwaltschaft habe auch ich die rechtliche Bewertung der Sache noch nicht abgeschlossen. Es gibt eine Vielzahl von Argumenten, die auch im Fall der Weiterleitung auf wikileaks.org gegen eine Strafbarkeit sprechen.

Allerdings bedeutet das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ein Alarmsignal für jeden, der einen Link auf wikileaks.org gesetzt hat. Wer nach dort verlinkt, leitet auch weiter und setzt sich, das ist kein Scherz, demselben Verdacht aus wie mein Mandant, der wegen dieser Sache eine Hausdurchsuchung bei Nacht und Nebel über sich ergehen lassen musste.

Wenn man dann weiß, dass die Polizeiaktion nach dem Anruf einer „besorgten Bürgerin“ binnen kürzester Zeit ins Rollen kam, kann man sich alles weitere ausmalen.

Mein Mandant hat sich dafür entschieden, die Weiterleitung nicht aufzuheben. Er ist entschlossen, die Sache rechtlich zu klären.