Anständige Arbeit für Kölner Richter

Zwischen der Ambahnindustrie und dem Landgericht Köln gibt es eine innige Beziehung. Die Abmahnanwälte stellen fast alle Anträge an das Landgericht Köln, wenn sie einen Provider zur Offenlegung verpflichten wollen, zu welchem Anschluss eine des Filesharings verdächtige IP-Adresse gehört. Das Landgericht Köln hat sich diese Spitzenstellung dadurch verdient, dass es Anträge ohne Erbarmen durchwinkt. Die zu hunderten, ja womöglich tausenden ergehenden Beschlüsse gleichen sich in der Begründung bis aufs Komma. Die zuständigen Richter dürften anständige Fallzahlen haben – und damit einen sehr bequemen Job.

Bei anderen Gerichten haben es die Abmahner auch versucht. Doch dort hält man sich aber etwas genauer ans Gesetz. Zulässig ist der Auskunftsbeschluss nämlich nur, wenn eine gewerbliche Urheberrechtsverletzung dargelegt wird. Nach den Kölner Richtern ist das regelmäßig schon der Fall, wenn das fragliche Lied oder der fragliche Film noch irgendwo im Handel angeboten wird. Andere Landgerichte haben die Abmahnindustrie abblitzen lassen, wenn diese die Gewerblichkeit nicht belegen konnten. Wie praktisch, dass der „fliegende Gerichtsstand“ für Internetdelikte das Landgericht Köln auch für Rechteinhaber zuständig macht, die in Hamburg, Berlin oder Leipzig sitzen.

Anschlussinhaber, die durch solche Beschlüsse „enttarnt“ wurden und Abmahnschreiben erhielten, nahmen das nicht immer kampflos hin. Aber nach Meinung des Landgerichts Köln hatten sie noch nicht einmal ein Beschwerderecht dagegen, dass ihr Provider zur Auskunft gegenüber der Musik- und Filmindustrie verpflichtet wird. Das Landgericht Köln versäumte es auch nie, auf dieses angeblich fehlende Beschwerderecht in seinen Beschlüssen hinzuweisen.

Ganz so einfach dürfte die Sache künftig nicht mehr sein. Das Oberlandesgericht Köln hat nämlich jetzt ein Beschwerderecht des Anschlussinhabers bejaht. Dieser könne sich sehr wohl mit dem Argument wehren, es liege jedenfalls keine „gewerbliche“ Urheberrechtsverletzung vor. Beschwerde eingelegt hatte ein Anschlussinhaber, der Titel aus einem bereits vor anderthalb Jahren erschienenen Album in eine Tauschbörse eingestellt haben soll. Hier, so das Oberlandesgericht, müsse die Musikindustrie besondere Umstände darlegen, die ein gewerbliches Ausmaß belegen. Das sei im entschiedenen Fall nicht ausreichend geschehen.

Gut möglich, dass sich mancher Zivilrichter in Köln demnächst wieder mit anspruchsvolleren Fällen beschäftigen muss. Zunächst aber wird wohl der Bundesgerichtshof das letzte Wort sprechen. Dort können sich jetzt nämlich noch die Rechteinhaber beschweren.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 05.10.2010, 6 W 82/10)