Gezielte Überwachung

“Gezielte Überwachung”, vermerkten die Polizeibeamten stolz in der Anzeige. Ihre Ausbeute: unter anderem mein Mandant, der am Steuer unerlaubt ein Handy in der Hand gehalten haben soll. Das sollte nach dem Willen des Ordnungsamtes 40 Euro kosten und einen Punkt in Flensburg bringen.

Immerhin schaffte es die Stellungnahme meines Mandanten ebenfalls in die Akte. “Ich habe mit meiner Brille gespielt”, verteidigte er sich vor Ort. Klingt jetzt nicht sonderlich originell. Deshalb war mir schon klar, dass es im Gerichtstermin mal wieder sehr darauf ankommen wird, ob und was die Beamten tatsächlich gesehen haben. Oder anders gesagt: Wie sehr gelingt es mir als Verteidiger, Polizeimeister Adlerblick aufs Glatteis zu führen?

Überraschenderweise wird es aber dazu nicht kommen. Der Amtsrichter hat das Verfahren von sich aus eingestellt und der Landeskasse die Kosten auferlegt, “weil eine Ahndung nicht geboten erscheint”. Er darf das, weil bei Ordnungswidrigkeiten das Opportunitätsprinzip gilt. Das ermöglicht es den Verantwortlichen, ganz legal auch einfach mal ein Auge zuzudrücken.

Vielleicht hat der Richter geahnt, worauf es bei der Beweisaufnahme hinausläuft. Womöglich ist er aber auch einfach nur genervt davon, dass die Polizei in seinem Ort die “gezielte Überwachung” von Handysündern als eine Art Lebensaufgabe begreift – was man bei möglicherweise drängenderen Kriminalitätsproblemen vielleicht nicht unbedingt sagen kann.

Sofern der Richter das gesamte Ergebnis der “gezielten Überwachung” so abgebügelt hat, wäre das ein Signal in die richtige Richtung. Ob’s bei den Verantwortlichen ankommt und für etwas mehr Augenmaß sorgt, dürfte aber mehr als fraglich sein.