Die unverbindliche Frist

Am 16. August habe ich per Fax bei einem Amtsgericht Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde richtet sich gegen einen Haftfortdauerbeschluss und den zu Grunde liegenden Haftbefehl. Da ich die Verfahrensabläufe bei Gerichten ja leider zur Genüge kenne, schloss ich meine Beschwerde gleich mit folgendem Satz:

Ich bitte das Amtsgericht darum, die vorliegende Beschwerdeschrift mit der Akte innerhalb der gesetzlichen Frist dem Landgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Nach der Vorgabe des Gesetzes soll der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird, sofort entscheiden, ob ihn die Beschwerde umstimmt. Ansonsten ist die Beschwerde “spätestens vor Ablauf von drei Tagen dem Beschwerdegericht vorzulegen”.

Angesichts der bürokratischen Abläufe in der Justiz sind drei Tage eine Frist, die höchste Anforderungen an die Beteiligten stellt. Es kommt extrem selten vor, dass die Betreffenden diesen Anforderungen genügen.

So auch in meinem aktuellen Fall. Ich habe schon bewusst – und in Abstimmung mit meinem Mandanten – ein paar Tage draufgelegt, bevor ich heute mal beim Amtsgericht nach dem Schicksal meiner Beschwerde fragte. Laut Geschäftsstelle ist die Akte erst am 24. August überhaupt mal bewegt worden. Das sind nicht die vorgeschriebenen drei Tage, sondern acht Tage.

Zu allem Überfluss ist die Akte nicht auf dem Weg zum Landgericht, das für die Beschwerde zuständig ist. Nein, die Unterlagen gingen erst einmal zur Staatsanwaltschaft, damit diese Stellung nehmen kann. Wir sind also schon fünf Tage über der Frist, ohne dass überhaupt absehbar ist, wann die Richter am Landgericht von dem Rechtsmittel erfahren.

Ich habe erst mal ein freundliches Fax an die ja (noch) unschuldige Staatsanwältin geschickt mit der Bitte, die Akte sofort wieder auf den Rückweg zu bringen. Sie kann sich ja Kopien machen, wenn sie für ihre Stellungnahme länger braucht. Außerdem ging ein eher sachlich-nüchternes Fax an das Amtsgericht, in dem ich noch mal auf das Gesetz hinweise und auch auf den Umstand, dass es um keine Bagatelle geht. Immerhin schmort mein Mandant möglicherweise ungerechtfertigt im Knast.

Im besten Fall werden meine Eingaben (und beharrlichen telefonischen Nachfragen) dazu führen, dass es tatsächlich mal etwas zügiger geht. Im schlimmsten Fall werden sie ignoriert, und alles geht seinen üblichen Gang.

Die Gerichte haben die für sie lästige Vorschrift nämlich schon vor langer Zeit so ausgelegt, dass die an sich eindeutig formulierte Dreitagesfrist “unverbindlich” ist. Mit der lustigen Folge, dass Verstöße keinerlei spürbaren Folgen für die Beteiligten im Justizbetrieb haben können. Außer der einen oder anderen Dienstaufsichtsbeschwerde vielleicht – aber auch die werden meist lapidar abgebügelt.