“Ich mag nicht mehr von einem Menschen sprechen”

So traurig der Tod des im Dienst erschossenen Augsburger Polizisten auch ist, ebenso traurig ist eine Reaktion des bayerischen Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft GdP, Helmut Bahr.  Dem Focus sagte er:

Ein Individuum – ich mag gar nicht mehr von einem Menschen sprechen – erschießt einen Polizisten und hat überhaupt keine Achtung vor dem menschlichen Leben.

Was ist das für ein Signal an diejenigen Polizisten, welche vielleicht in Kürze persönlich mit Personen zu tun haben werden, welche möglicherweise die Schüsse auf den Polizsiten abgaben? Sollen auch Sie sich der Meinung Bahrs anschließen – und die Beschuldigten nicht mehr als “Menschen” betrachten? Wenn sie es tun, was folgt daraus? Können Verdächtige in diesem Mordfall dann keine Menschenrechte mehr in Anspruch nehmen? Oder Verfahrensgarantien, etwas das Recht zu schweigen oder jederzeit mit einem Verteidiger zu sprechen? Sind vielleicht sogar Klapse auf den Hinterkopf erlaubt, Schlaf- und Essensentzug?

Nicht zuletzt gibt es da auch noch die Unschuldsvermutung. Nicht jeder, der verdächtigt wird, muss sich später als Täter erweisen. Deshalb hat es seinen guten Grund, dass über Schuld oder Nichtschuld ein Gericht entscheidet. Und nicht die Polizei.

Selbst wenn solche Äußerungen in erster Betroffenheit nur dahingebrabbelt sein dürften, senden sie letztlich eine verhängnisvolle Botschaft auch über den Kreis der Polizisten, die mit dem Fall befasst sind. Noch unbekannte Täter einfach mal  so aus der Gruppe der Menschen zu separieren, ist eine offene Distanzierung von unseren prägenden Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen. Dabei ist jeder Polizist uneingeschränkt verpflichtet, genau diese Werte zu achten und sein Verhalten entsprechend zu zügeln.

Man kann nur hoffen, dass dies den Polizisten vor Ort besser gelingt, als ihren geistigen Brandstiftern in führenden Gewerkschaftspositionen.