Drogen per Post

Drogen einfach per Post bestellen – so was gab es mal in grauer Vorzeit. Dachte ich. Bis heute. Da landete eine mit Schnürchen zusammengehaltene Ermittlungsakte auf meinem Schreibtisch. Sie stammt aus einem südlichen Bundesland. Zum Glück hat ein Staatsanwalt den Ermittlungseifer von Polizeibeamten im letzten Augenblick gebremst. Die Polizisten wollten nämlich sogar Wohnung und Arbeitsplatz meines Mandantne durchsuchen, weil er sich angeblich Drogen in Holland bestellt hat.

Dabei schien das Geschäftsmodell einiger niederländischer Bürger zunächst zu florieren. Man musste ihnen nur Geld an eine belgische Postfachadresse senden, und schon lieferten sie von Belgien aus zuverlässig die gewünschte Menge Marihuana per Brief – auch an deutsche Adressen.

Insgesamt hielt der belgische Zoll über einen längeren Zeitraum rund 500 Briefe an. Darunter auch einen, der an meinen Mandanten adressiert war und rund 34 Gramm Marihuana enthielt. Von der Aktion erfuhren die deutschen Behörden erst, als sich die niederländische Polizei an sie wandte mit der Bitte, die deutschen Empfänger zu vernehmen.

Daran dachte die deutsche Kripo aber nur in zweiter Linie. Der zuständige Beamte regte gleich einen Durchsuchungsbeschluss an, weil er meinen Mandanten als Drogenkonsumenten ansah und auch nicht ausschließen wollte, dass der Betroffene vielleicht sogar mit den gelieferten Drogen dealt. Eine Hausdurchsuchung sei vor diesem Hintergrund auf jeden Fall verhältnismäßig, vermerkte der Polizist.

Was der Staatsanwalt anders sah. Das brachte er in einem Vermerk auch deutlich zum Ausdruck. Bislang gebe es nur den Anfangsverdacht für eine unerlaubte Einfuhr im Jahr 2010. Angesichts der eher geringen Menge spreche erst mal viel für bloßen Eigenkonsum.

Außerdem gebe es keine belastbaren Anhaltspunkte, dass mein Mandant intensiv Drogen konsumiere oder gar deale. Ein Blick ins Vorstrafen- und Ermittlungsregister zeige nämlich, dass mein Mandant eine weiße Weste hat.

Nicht erwähnt, aber sicherlich bedacht hat der Staatsanwalt auch die Möglichkeit, dass man jemanden durch eine fingierte Bestellung auf diesem Weg tierischen Ärger machen kann. Für ein paar Euro fünfzig eine Hausdurchsuchung beim ungeliebten Nachbarn oder gar dem eigenen Chef, ein preiswerteres Vergnügen gibt es für entsprechend Veranlagte wahrscheinlich nicht.

Was allerdings nicht klappen würde, wenn wir mehr so abwägende Staatsanwälte hätten.