Meldegesetz: Schlupflöcher für Datenhändler

Der Streit ums Meldegesetz geht weiter. Dabei könnte alles so einfach sein: Politiker müssten sich nur darauf besinnen, was im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen war. Danach durften Meldeämter die Daten der Bürger künftig nur verkaufen, wenn diese vorher ausdrücklich zugestimmt haben. Eine einfache, saubere Lösung. Die aber offensichtlich der Lobby der Datenhändler gegen den Strich geht. Nun wird erneut herumgedoktert – als nächstes am Freitag im Bundesrat.

Den Verantwortlichen scheint zwar klargeworden zu sein, dass sie am Ende mit dem vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetz nicht durchkommen werden. So hat die verabschiedete Fassung die ursprünglich vorgesehene Einwilligungslösung in ihr Gegenteil verkehrt. Plötzlich sollen die Bürger dem Verkauf ihrer Daten ausdrücklich widersprechen müssen. Ganze 57 Sekunden brauchte der wegen eines EM-Fußballspiels der deutschen Nationalmannschaft spärlich besetzte Bundestag, um diese wohl in letzter Minute von entsprechend interessierten Politikern umgedrehte Fassung abzunicken.

Offenbar wusste manche Fraktion gar nicht, was sie da tat. Denn angesichts des Proteststurms erklärten sogar die Regierungsparteien, so sei das alles nicht gemeint gewesen. Nun ist es Aufgabe des Bundesrates, eine Gesetzesänderung vorzuschlagen, die dann über den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag beraten werden kann.

Hierzu gibt es auch eine Beschlussempfehlung. Auf den ersten Blick kehrt sie sogar zur Einwilligungslösung zurück. Aber nur auf den ersten Blick. Denn das Schlupfloch ist bereits eingebaut. Bürger sollen ihre Einwilligung nämlich nicht bei den Meldeämtern geben, sondern gegenüber Adresshändlern, Direktmarketingfirmen und anderen Unternehmen, die sich bei den Behörden Meldedaten besorgen wollen.

Mit anderen Worten: Den betreffenden Firmen wird die Möglichkeit eingeräumt, sich das Einverständnis zum Adresshandel über das Kleingedruckte zu besorgen. Solche Erklärungen sind in der Regel zwar unwirksam. Aber nachdem die Auskunft schon gelaufen ist, dürfte sich nur eine winzige Gruppe Betroffener dazu aufraffen, juristisch gegen den Adressverkauf vorzugehen. Zumal man ja noch nicht einmal notwendigerweise davon erfährt, wenn sich eine Firma unter Berufung auf ein angebliches Einverständnis Meldedaten besorgt.

Überdies ist noch nicht mal beabsichtigt, dass die Meldeämter überhaupt prüfen, ob ein Einverständnis vorliegt. Es soll ausreichen, wenn der Anfrager behauptet, der Bürger habe eingewilligt. Außerdem sollen die Firmen die Einverständniserklärungen nur vorlegen müssen, wenn das Meldeamt dies verlangt. Man kann sich vorstellen, wie oft dies tatsächlich geschehen würde.

Der Bundesrats-Vorschlag ist also nach Kräften so gestaltet, um das Zustimmungserfordernis ins Leere laufen zu lassen. Man braucht wohl nicht lange zu spekulieren, wem wir es zu verdanken haben, dass es noch immer nicht zur einfachen, sauberen Lösung langt, die da lautet: kein Handel mit hoheitlich erhobenen Daten ohne schriftliches Einverständnis des Bürgers.

Übrigens: Morgen ist Opt-out-day.

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Bericht auf Zeit Online