Oberste Richter adeln das Internet

Faktisch ist ein privater Internetanschluss für die meisten Bürger längst unverzichtbar. Nun hat der Bundesgerichtshof dieses “Wirtschaftsgut” auch für Privatleute juristisch anerkannt. Die Richter sprachen einem Telefonkunden Schadensersatz zu, der über einen längeren Zeitraum wegen technischer Probleme des Providers von zu Hause aus nicht online gehen konnte. Kunden müssen nun nicht mehr unbedingt einen greifbaren Schaden nachweisen, wenn sie Ersatz für fehlendes Internet verlangen.

Die Entscheidung des obersten Zivilgerichts ist keineswegs selbstverständlich. Beim Fax – heute praktisch kein Thema mehr – gewährte der Bundesgerichtshof beispielsweise keine Entschädigung. Begründung: Dass man vorübergehend mal nicht faxen kann, beeinträchtigt das Privatleben nicht sonderlich schwer. Gleiches gilt auch fürs Telefon, wenigstens wenn der Kunde einen Mobiltelefonanschluss hat. Er kann dann allenfalls die höheren Telefonkosten verlangen, wenn er diese konkret belegen kann.

Im Falle des Internets erkennen die Richter dagegen ausdrücklich dessen zentrale Bedeutung für die Lebensgestaltung an:

Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. … Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen.

Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt. Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands bedient sich täglich des Internets.

Der Kläger kann jetzt für den Zeitraum, in dem er zu Hause zwangsweise offline war, Geld verlangen. Allerdings wird der Schadensersatz nicht allzu üppig ausfallen. Die Richter beschränken den Betrag auf die Summe, die ein Internetanschluss im Monat kostet. Bei Pauschalgebühren müssen sogar die Anteile für den Telefonanschluss und sonstige Extradienste rausgerechnet werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Januar 2013 – III ZR 98/12