Ein Spielchen

Da hat ein Mandant was verwechselt. Die Staatsanwaltschaft hat ihn vorgeladen. Als Beschuldigten. “Da gehe ich einfach nicht hin”, mailte er mir. “Muss ich ja nicht, wie ich aus Ihren Vorträgen weiß.”

Vielleicht habe ich mich da irgendwo missverständlich ausgedrückt. Denn die Annahme des Mandanten ist falsch. Wenn er der Staatsanwaltschaft die kalte Schulter zeigt, kann er ordentlich Ärger kriegen. Zum Beispiel zwangsweise vorgeführt werden.

Die Aussage, die mein Mandant meinte, gilt für die Polizei. Mit der muss schlicht niemand reden, weder als Zeuge, Beschuldigter oder Eichhörnchen. Das einzige, was Polizeibeamte verlangen dürfen, sind Angaben zur Person. Also im wesentlichen Name, Geburtsdatum und Anschrift.

Mit der Polizei muss man darüber hinaus schlicht nicht sprechen. Ebenso wenig haben Polizeibeamte die Möglichkeit, Bürger auf eine Wache oder ein Kommissariat zu zitieren. Es gibt keine Pflicht, einer “Vorladung” der Polizei Folge zu leisten.

Deshalb ist das Wort Vorladung im Kern auch eine ziemliche Irreführung, wenn es auf einem Polizeibriefbogen steht. Es sollte eigentlich richtigerweise “Einladung” heißen. Einladungen kann man folgen, aber man muss es nicht.

Wenn der Brief aber vom Staatsanwalt kommt, sieht die Sache etwas anders aus. Der Staatsanwalt darf Beschuldigte nicht nur einladen. Er darf sie vorladen. Sie sind dann zum Erscheinen verpflichtet. Allerdings – und hier wird’s dann wieder interessant – muss ein Beschuldigter zwar hingehen. Gleichwohl muss er auch dem Staatsanwalt nur seine Personalien angeben.

Zur Sache darf der Beschuldigte auch schweigen, obwohl ihn der Staatsanwalt vorladen kann. Das bedeutet mit anderen Worten, dass der Beschuldigte sich zwar auf den Weg zu machen hat. Seine Vernehmung dürfte aber recht kurz ausfallen, wenn er sich auf sein Schweigerecht beruft.

Bei Zeugen sieht es noch ein wenig anders aus. Die müssen zwar nicht auf Einladungen der Polizei reagieren. Oder gar zwischen Tür und Angel mal ganz schnell Auskunft geben, wie es Polizeibeamte gerne verlangen. Zitiert der Staatsanwalt aber höchstselbst Zeugen herbei, müssen sie nicht nur kommen, sondern Auskunft geben. Es sei denn wiederum, sie sind mit dem Beschuldigten verwandt sind, können sich selbst belasten oder haben ein ein besonderes Schweigerecht haben, zum Beispiel als Arzt oder Anwalt.

Es ist in jedem Fall gut, die mögliche Pflicht zum Erscheinen nicht mit der Frage zu vermengen, ob man als Zeuge dem Staatsanwalt Rede und Antwort stehen muss. Es kann auch hier gut sein, dass man zwar hingehen muss, aber trotzdem schweigen darf.

Gut, so komplex habe ich es meinem Mandanten nicht erklärt. Er muss nur wissen, dass er den Termin nicht einfach ignorieren kann. Aber über das, was der Staatsanwalt wohl von ihm wissen will, kann er einfach schweigen.

Falls jetzt jemand fragt, was das Spielchen mit der Einladung soll, wenn der Beschuldigte nichts zu sagen gedenkt. Ich weiß es nicht.