Zunehmend fassungslos

Vor Tagen hatte Innenminister Hans-Peter Friedrich den Wunsch, die Bürger mögen doch selbst für ihre Sicherheit im Internet sorgen. Daran ist zwar grundsätzlich nichts auszusetzen. Allerdings entbindet das nicht den Staat von seiner Pflicht, etwas gegen die Totalüberwachung durch ausländische Geheimdienste zu tun. Ebenso muss er verhindern, dass deutsche Dienste mit an diesem großen Rad drehen, welches offenbar schon seit längerem unsere Grundrechte plattiert.

Die Lippenbekenntnisse zum Datenschutz klingen aber auch deshalb so absurd, weil jedermann klar ist: Letztlich kann ich es selbst nicht verhindern, dass Ungetüme wie die NSA meine Daten abgreifen. Verschlüsselung hin, Verschlüsselung her. Selbst bei angeblich, die Betonung liegt auf angeblich, sicheren Verschlüsselungsmethoden ist der Erfolg begrenzt. 

Das zeigt sich auch an der aktuellen Nachricht,  dass CIA und NSA Internetanbieter energisch zur Herausgabe der  SSL-Schlüssel für “sichere” Verbindungen” drängen. Damit könnten diese Behörden problemlos auch alle Online-Geschäfte vom Banking bis zur einfachen Bestellung abschnorcheln – obwohl sich der Nutzer “sicher” fühlt. Oder zumindest davon ausgeht, dass ihm noch ein Rest von Privatsphäre verblieben ist.

So nebenher würde auch der Besitz von Passwörtern abfallen. Nicht weniger als ein Sesam-Öffne-Dich für alle Onlineaktivitäten. Um das aufs Real Life runterzubrechen, müsste man wohl akzeptieren, dass man einen Nachschlüssel für die Wohnung und das Büro zu hinterlegen hat. 

Gerne wird auch verschwiegen, dass die Verschlüsselung eines Dokuments zum Beispiel niemanden daran hindert, die stets mitgesendeten Metadaten zu analysieren. Wäre der Innenminister ehrlich, würde er den Menschen die Wahrheit sagen: Selbstschutz im Netz hilft womöglich gegen schnüffelnde Facebook-Feinde,  Mitbewerber oder auch die vielbeschworenen Datenkraken aus den USA – aber nicht gegen die NSA oder den Geheimdienst Ihrer Majestät.

Die Lösung kann deshalb nicht darin liegen, die Bürger mit ein paar warmen Worten im Regen stehen zu lassen und so zu tun, als habe sich mit den Enthüllungen, die ihren Anfang bei Edward Snowden nahmen, kein Handlungsbedarf ergeben.

Ich stehe der offenkundigen Unlust unserer Regierung, mal etwas zum Schutz jedes einzelnen und unserer Grundrechte insgesamt zu tun, zunehmend fassungslos gegenüber.