Bardamen müssen draußen bleiben

Was ist eine Dirnenpension? Was macht eine Bardame genau? Und was sind eigentlich Unzucht oder häufig wechselnder Geschlechtsverkehr? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem aktuellen Urteil. Die Richter widmen sich den Fragen mit unverkennbarer Liebe zum Detail. Sie entwerfen so nebenbei ein kleines Gemälde der gewandelten Sexualmoral in der Republik.

Dabei war der Ausgangspunkt eher dröge. Ein Grundbesitzer wollte erreichen, dass die Stadtverwaltung eine Belastung im Grundbuch löscht. Das fragliche Gebäude in Mannheim grenzt unmittelbar an die örtliche Puffmeile. Um das Gewerbe nicht ausufern zu lassen, hat sich die Stadtverwaltung Ende der sechziger Jahre folgendes ins Grundbuch eintragen lassen:

In dem auf dem Grundstück errichteten Gebäude dürfen keine Dirnenpensionen eingerichtet und betrieben werden. Die Wohnräume dürfen nicht an Bardamen oder Personen überlassen werden, welche der Unzucht nachgehen bzw. häufig wechselnden Geschlechtsverkehr ausüben.

Was damals noch sonnenklar gewesen sein dürfte, lassen die Richter heute nicht mehr durchgehen. Sie halten das Verbot für viel zu schwammig. So sei nicht klar, was mit einer Dirnenpension gemeint ist. Dem Wortlaut nach beziehe sich die Regelung  auch auf Gebäude, in denen Prostituierte lediglich wohnen, zum Beispiel weil sie nebenan ihre Kunden empfangen.

Auch der Begriff der “Bardame” sei viel zu wenig umrissen. Zum Beispiel stelle sich die Frage, ob eine Bardame nur dann eine Bardame ist, wenn sie auch sexuelle Dienstleistungen anbietet. So recht können die Richter auch nicht nachvollziehen, was denn nun genau mit Unzucht oder gar dem ominösem “häufig wechselnden Geschlechtsverkehr” gemeint ist. Die Richter sehen darin eine Gleichsetzung von Prostitution und Promiskuität, was in jedem Fall etwas zu weit gehe. Insgesamt bleibe für den Eigentümer völlig unklar, was er nun dürfe und was nicht.

Die Stadt Mannheim muss nun auf die Belastung im Grundbuch verzichten. Der Besitzer darf das Haus nun ganz nach Belieben nutzen – so lange er nicht gegen allgemein gültige Vorschriften verstößt.

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