Nummeritis

Es macht ohnehin eher selten Spaß, deutsche Gesetze oder Verordnungen zu lesen. Aber dafür sind sie ja auch nicht unbedingt da. Jedoch wird es auch mit rein professionellem, auf keinerlei Lesegenuss gerichtetem Herangehen nicht sehr viel leichter. Gerade, wenn mal wieder die Nummeritis um sich greift.

Ein Beispiel für dieses Bürokraten-Leiden ist die Weinrechtliche Straf und Bußgeldverordnung (abgekürzt WeinSBV). Erlassen wurde sie vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das selbst auf die Abkürzung BMEL hört.

Hier mal ein Beispiel aus dem Text. Ordnungswidrig handelt nach § 5, wer

entgegen Artikel 36 Absatz 1, auch in Verbindung mit Artikel 38 Absatz 2 Unterabsatz 3, jeweils in Verbindung mit Artikel 36 Absatz 3 Satz 1, Artikel 38 Absatz 1 Unterabsatz 1 oder Absatz 2 Unterabsatz 1, Artikel 39 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b, Buchstabe c, Buchstabe d oder Buchstabe e, Artikel 39 Absatz 1 Unterabsatz 3, Artikel 40 Absatz 1 oder Absatz 4, Artikel 41 Absatz 2, Artikel 42, Artikel 43 Absatz 1 Unterabsatz 1 oder Absatz 2, Artikel 45 Absatz 1 Unterabsatz 1 oder Artikel 46 Satz 3 oder Satz 4, ein Buch nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt…

Bußgeldvorschriften sollen eigentlich dazu dienen, dem Bürger zu sagen, was er nicht darf. Und das, ohne einen Anwalt auf eigene Kosten erst mal zwei Stunden nur damit zu beschäftigt, dass sich der Jurist eine verästelte Mindmap bastelt und ihm anschließend noch eine dreiviertel Stunde übersetzt, was das BEMEL denn nun sagen möchte.

Die Verordnung ist übrigens kein Relikt aus alten Tagen. Sie trat vor drei Monaten in Kraft.

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