Ein Schriftsatz geht „zurück“

Nicht jeder Schriftsatz muss auch so richtig bei Gericht eingereicht werden, damit er wirkt. Habe ich heute erlebt. Es ging darum, dass mein Mandant wegen eines sogenannten Zufallsfundes in seiner Wohnung angeklagt wurde. Auslöser der Hausdurchsuchung war ein Bagatellvorwurf, der der sich später als völlig unbegründet erwies. Angeklagt wurde der Mandant dann wegen Gras, das sich bei der Durchsuchung in seiner Wohnung fand.

Nun war es nach meiner Meinung so, dass die Durchsuchung niemals hätte stattfinden dürfen. Denn es gab zwar einen Anfangsverdacht auf eine Straftat, aber keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass mein Mandant diese Straftat begangen haben könnte. Auf ihn kamen die Behörden nur, indem sie auf geradezu abenteuerliche Art und Weise kombinierten und spekulierten, wer wohl gewisse E-Mail-Accounts angelegt und genutzt haben könnte.

Die ganze „Beweiskette“ basierte vornehmlich auf sekundären Kontaktadressen, die manche Provider bei der Anlage eines Mailaccounts abfragen, die sie aber – ebenso wie die sonstigen Kontaktdaten – nie validieren. Was zu Folge hat, dass man da halt reinschreiben kann, was man will.

Das Ganze wurde holprig über vier Ecken zurückverfolgt. Und am Ende fand sich dann ein Skype-Account, bei dem die letzte hinterlegte E-Mail-Adresse zu einer der Kontaktadresse auf Stufe X passte. Der Inhaber des Skype-Accounts war dummerweise mein Mandant.

Kurz gesagt: Ein für eine Durchsuchung ausreichender Anfangsverdacht bestand gegen meinen Mandanten nie und nimmer, und verhältnismäßig war die Sache sowieso nicht. Das musste das nun für das Gras zuständige Gericht nicht unbedingt wissen, denn das Ausgangsverfahren lief in Bayern. Der Richterin, die sich hier mit den zufällig gefundenen Drogen beschäftigen musste, lag nur der Durchsuchungsbeschluss aus der anderen Sache vor.

Deshalb fasste ich vor dem Verhandlungstermin die Sache noch mal schriftlich zusammen und kündigte schriftlich an, dass ich ein Verwertungsverbot geltend machen werde. Klingt erst mal gut, aber leider ist das mit Verwertungsverboten bei uns so eine Sache. In der Regel sagen die Gerichte bei uns, das Strafverfolgungsinteresse des Staates ist wichtiger als mögliche Ermittlungsfehler. Das war es dann mit dem Verwertungsverbot.

Ich war heute einige Minuten vorher da. Richterin und Staatsanwalt auch. Nach kurzer informeller Erörterung reichte mir die Richterin meinen Schriftsatz zurück mit den Worten: „Schauen wir doch erst mal, ob wir das wirklich diskutieren müssen. Dann können Sie mir das Papier ja wieder geben.“

Dazu kam es dann nicht. Denn der Weg war offen für eine sinnvolle Verständigung und ein mildes Urteil. Auch der Mandant meint, dass er damit nach den nun mal gegebenen Umständen besser leben kann, als mit einem langen juristischen Kampf für ein Verwertungsverbot, bei dem die Erfolgsaussichten leider Gottes extrem bescheiden sind.