Das Erbrecht und ich

Es ist ja nicht so, dass ich unvorbereitet in einen Verhandlungstermin gehen würde. Auch dann nicht, wenn das Thema Erbrecht für mich eher ungewohnt ist. Erbrecht! Da ich heute aber mal meine Kollegin in einer komplexen Nachlasssache vor Gericht vertreten musste, hatte ich mir gestern ein paar Stunden lang die stattliche Akte angeschaut.

Das war ein mehr oder weniger angenehmer Auffrischungskurs über so spannende Dinge wie gesetzliche und gewillkürte Erbfolge, Vermächtnisse, vom Notar verpfuschte Erbverträge, notwendige Verwaltung einer Erbengemeinschaft, Geschäftsführung ohne Auftrag und vieles mehr. Alles Themen, mit denen ich mindestens anderthalb Jahrzehnte nichts mehr zu tun hatte.

Ich muss aber sagen, der Aufwand hat sich gelohnt. Schon wegen des guten Grundfeelings, mit dem ich den weiten Weg nach Oldenburg hinter mich brachte. Wenn man sich die Sache nämlich genau besah, ging es eigentlich um reine Rechtsfragen. Auch wenn die Auslegung des Gesetzes natürlich immer ein Risiko birgt, war ich mir ziemlich sicher, dass die Argumentation unserer Seite eindeutig stichhaltiger war. Und immerhin war ich nun in der Lage, das erforderlichenfalls auch noch mal in der Prozessarena zu vermitteln.

Der Mandantin habe ich zur Einstimmung vor dem Termin prognostiziert, wie die Sache ausgeht: Die Seite, der sich der Richter in einem Zivilrechtsstreit argumentativ zuerst zuwendet, die verliert. Ist für mich eine Art Erfahrungswert, auf den man als Anwalt wirklich gut vertrauen kann.

Glücklicherweise war es die Gegenpartei, die sich knappe 15 Minuten so ziemlich alles anhören musste, was ich auch auf meinem Laufzettel für die Verhandlung notiert hatte. Am Ende stand der Rat des Richters, die Klägerseite möge doch bitte ihre Ansprüche zurückziehen, damit es nicht noch teurer wird. Was die Kläger dann auch machten, auch wenn sich der gegnerische Anwalt vorher wirklich noch mal ganz tüchtig wehrte.

Das Ergebnis wäre genau so gewesen, wenn ich die Akte nicht mühselig durchgearbeitet hätte. Das muss ich leider zugeben. Aber was ich jetzt neu übers Erbrecht weiß, das kann mir ja letztlich keiner mehr nehmen. Und gewonnen ist gewonnen.

Ab morgen aber bitte wieder Strafrecht…