Die Freundin ruft an

Wenn jemand verhaftet wird, ist das keine einfache Situation. Für den Betroffenen. Aber auch für die Familie, Lebenspartner, Freunde, eventuell auch den Arbeitgeber. In solchen Situationen steht dann beim Strafverteidiger oft das Telefon nicht mehr still. Weil halt jeder wissen will, was nun Sache ist.

Das ist alles kein Problem mehr, sobald der Anwalt selbst mit dem Inhaftierten sprechen konnte. Ich frage dann regelmäßig ab, mit welchen Angehörigen und sonstigen Personen ich sprechen darf. Und gegenüber wem ich mich lieber gar nicht äußern soll.

Bis zum ersten Gespräch mit dem Beschuldigten ist das Ganze aber ein Spagat zwischen dem mutmaßlichen Interesse des Beschuldigten, der ja sicher auch Unterstützung erhofft, und der anwaltlichen Schweigepflicht. Das durfte ich gerade nach der Verhaftung eines Mandanten erleben, der nicht immer nur in besten Kreisen verkehrt. Binnen drei Stunden hatte ich schon vier Rückrufbitten von besorgten Angehörigen und einer angeblichen Freundin. Am nächsten Tag waren es schon 14. Ein Dutzend alleine von der Freundin.

Die Freundin war also besonders hartnäckig. Ich versuchte ihr zu vermitteln, dass ich in der Sache derzeit jedenfalls nicht mit Personen reden möchte, von denen ich bisher rein gar nichts gehört hatte. Dazu gehörte nun mal die Freundin / Partnerin. Ich erinnere daran auch deshalb sehr gut, weil mir die Dame sogar noch eine Mail schickte, in der sie mir mit der Anwaltskammer drohte – sollte ich nicht sofort mitteilen, ob ihr Freund verhaftet ist, wo er inhaftiert wurde und was ich für ihn zu tun gedenke.

Ich stellte mich aber stur. Keine dumme Idee, wie sich später zeigte. Der Staatsanwalt in einem ganz anderen Ermittlungsverfahren hat mich nämlich darüber informiert, dass im Rahmen einer Telefonüberwachung auch das Gespräch aufgezeichnet wurde, das die Frau mit mir geführt hat. Außerdem ergibt sich aus den Informationen, dass die Freundin zwar eine Freundin ist. Aber die des besten Kumpels eines Mannes, den ich hoffentlich ungestraft als den größten „Konkurrenten“ meines Mandanten bezeichnen kann.

Wie gut, dass ich zugeknöpft geblieben bin. Meint auch mein Mandant.