Kein Teufelswerk

Meinem Mandanten war vorgeworfen worden, er habe seiner geschiedenen Ehefrau den ihr zustehenden Unterhalt nicht gezahlt. Es geht um uralte, ziemlich komplizierte Scheidungsvereinbarungen, für die man die beteiligten Notare noch heute an die Wand klatschen sollte. Der Prozess war ein ziemliches Stück Arbeit. Am Ende stand – ein glasklarer Freispruch. Das Urteil ist rechtskräftig.

Nun geht es darum, welche Auslagen mein Mandant für die diversen Gerichtstermine erstattet erhält, zum Beispiel seine Anreisekosten aus Frankreich, wo er mittlerweile wohnt. Der Bezirksrevisor, der (nur) darauf zu achten hat, dass die Staatskasse keinen Cent zu viel an Prozessbeteiligte zahlt, legt sich argumentativ ins Zeug. Zum Beispiel mit dieser Äußerung:

Dass dieselben Umstände bereits dazu führten, dass die Anzeigenerstatterin fast ein Jahrzehnt und auch weiterhin ihre Unterhaltsansprüche nicht durchsetzen konnte und kann und zudem der strafrechtliche Vorwurf hieraus resultierte, bleibt überdies ohne jedwede Berücksichtigung durch den Betroffenen.

Ich darf’s noch mal wiederholen: Der Angeklagte wurde freigesprochen. Da ist es schon ganz schön dreist, so was zu schreiben und damit implizit zu behaupten, der zuständige Richter liege falsch. Finde ich zumindest.

Aber es geht noch weiter. Mein Mandant ist nun schon über 80 Jahre alt. Wir haben darauf hingewiesen, dass er alters- und gesundheitsbedingt gewisse Abstriche machen muss. So verzichtet er aus Sicherheitsgründen darauf, während Autofahrten sein Mobiltelefon eingeschaltet zu lassen oder gar E-Mails zu lesen. Deswegen hatte ihn die Nachricht von einer Terminsaufhebung erst erreicht, als er über Nacht bereits aus Frankreich angereist war. Durch die Nichterreichbarkeit während der Reise sind vermeidbare Kosten entstanden, meint der Bezirksrevisor.

Er begründet das wie folgt:

Weshalb das Alter des Betroffenen ein Hinderungsgrund für die Nutzung eines Smartphones sein soll, erschließt sich ebenfalls nicht. Grundsätzlich dürfen die entsprechenden Fähigkeiten altersunabhängig vorausgesetzt werden, zumal die genannten Kommunikationswege kein Teufelswerk sind, sondern die ganz normalen und einfachen Grundfähigkeiten betreffen. Gerade ältere Menschen entwickeln oft erstaunliche Fähigkeiten im Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln.

Sagt jemand über einen 81-Jährigen, mit dem er noch nie persönlichen Kontakt hatte. Ich werde meinen Mandanten mal fragen, ob er sich wirklich so was in einem an sich läppischen Kostenverfahren um die Ohren hauen lassen will. Gut möglich, dass die Sache also noch ein Nachspiel hat, bei dem sich dann ausnahmsweise mal der forsche Beamte zu rechtfertigen hat.