„Falls Ihnen die Vorschrift nicht bekannt sein sollte“

Ich möchte nicht von Arroganz sprechen, aber ein wenig hochnäsig klingt es schon, wenn mir eine Oberstaatsanwältin Folgendes schreibt:

… übersende ich vorsorglich die Belehrung über den Rechtsbehelf, falls Ihnen die Vorschrift des § 172 Abs. 2 S. 1 StPO nicht bekannt sein sollte.

Ich erzähle kurz den Hintergrund. Die betreffende Oberstaatsanwältin arbeitet für eine Generalstaatsanwaltschaft. Für eine Mandantin hatte ich gegen einen Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt. Darüber musste nun jene Dame entscheiden.

Tat sie auch, aber – einige Details lasse ich jetzt mal weg – dem Schreiben war genau jenes Papier nicht beigefügt, das nach § 172 Abs.2 StPO eine wichtige Rolle spielt: die Rechtsbehelfsbelehrung. Diese Belehrung sieht das Gesetz zwingend vor, anderenfalls beginnt die Monatsfrist für den sogenannten Klageerzwingungsantrag nicht zu laufen.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Geschädigte wie in meinem Fall einen Anwalt hat. Es kommt also nicht darauf an, ob mir als Anwalt eine gesetzliche Vorschrift bekannt ist. Oder nicht. Sondern darauf, ob die Belehrung erfolgt ist. Das macht übrigens doppelt Sinn: Zum einen muss ich der Mandantin dann nicht langwierig erklären, wieso wir jetzt nur einen Monat Zeit für den Antrag haben. Ganz praktisch ist die Rechtsbehelfsbelehrung so nebenbei auch für das Anwaltsbüro, weil dann im Sekretariat niemand lange grübeln muss, welche Frist denn nun gelten könnte. (Solche Klageerzwingungssachen mache ich jedenfalls nicht drei Mal in der Woche.)

Aber letztlich sage ich in Richtung der Oberstaatsanwältin: Geschenkt, denn mir hat die kleine Posse nun knappe zwei Wochen zusätzliche Luft verschafft, um den nicht ganz unkomplizierten Antrag einzutüten. Die Frist beginnt halt erst, wenn die Belehrung tatsächlich vorliegt. Dass sie die Belehrung zunächst vergessen hat, gibt die Oberstaatsanwältin ja mehr oder weniger freimütig zu. Nur darauf kam es mir an, denn ich wollte mich später nicht anhören müssen, angeblich wäre die Belehrung doch beim ersten Schreiben dabei gewesen.