Gelber Umschlag

Post vom Gericht. Meist gar nicht gut. Aber noch schlechter ist es, wenn man ein paar Tage oder sogar länger weg war und diesen – im Original quietschgelben – Umschlag im Briefkasten findet:

Der kundige Betrachter sieht gleich: Oben rechts fehlen wichtige Angaben, insbesondere das Datum der Zustellung. Nun ist das Ratespiel eröffnet. Im fraglichen Umschlag war ein Strafbefehl. Wir datieren ihn mal auf den 15.06.2020. Das Begleitschreiben des Gerichts trägt das Datum 17.06.2020. Wenn der Brief noch am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, konnte er also frühestens am 18.06.2020 vom Briefträger ausgeliefert werden.

Wenn.

Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage, dass der Weg von der Geschäftsstelle eines Gerichts oder einer Staatsanwaltschaft bis zur Poststelle oft sehr lang ist. Unter zwei, drei Tagen bis zur tatsächlichen Absendung läuft normalerweise nichts. Mitunter dauert es aber deutlich länger, gern auch schon mal eine Woche oder gar zehn Tage. Was in der Praxis übrigens dazu führt, dass erfahrene Staatsanwälte und Richter bei normalen Briefsendungen in Gedanken immer schon mal die bei ihnen übliche Postlaufzeit draufschlagen. Und gar nicht erst behaupten, dass der Brief doch schon viel früher angekommen sein muss.

Bei einer förmlichen Zustellung (gelber Umschlag), auf der das Datum fehlt, ist der Ball aber im Spielfeld des Empfängers. Der Reise-Rückkehrer kann hier nur einen Fehler machen. Nämlich davon ausgehen, dass der Zusteller Mist gebaut hat – und somit keine Fristen laufen. Das ist leider genau nicht der Fall. Fehlen die Zustellungsangaben auf dem Umschlag, ist die gesonderte (und an den Absender zurückgeschickte) Zustellungsurkunde aber korrekt, bleibt die Zustellung wirksam. Ihr dürft also nicht untätig bleiben, selbst wenn die Angaben auf dem Umschlag fehlen.

In unserem Fall war es so, dass der Brief tatsächlich erst mal eine ganze Zeit bis zur Poststelle brauchte. Die Zustellung erfolgte am 26.06.2020. Womit die zweiwöchige Einspruchsfrist noch gar nicht abgelaufen war, obwohl es auf den ersten Blick ganz anders aussah, als der Betroffene nach seiner Reise die Post durchsah. Tatsächlich hat der Mandant für seinen Einspruch Zeit bis zum 10.07.2020. In Erfahrung bringen ließ sich das alles aber nur über einen Anruf beim Gericht. Gut, wenn man dann dort jemanden erreicht. Falls nicht, sollte man auf jeden Fall noch am Tag gleichen Tag das Rechtsmittel einlegen, und zwar bis 23.59 Uhr. Wenn das Gericht nicht um die Ecke ist, geht das eigentlich nur per richtigem, altmodischen Fax. Ein Computerfax und eine Mail reichen aus formalen Gründen meist nicht, die normale Post dauert. Warum das von den Gerichten so gehandhabt wird, ist aber schon wieder eine andere Geschichte.