Die Kleinstadt Spaichingen in Baden-Württemberg freut sich über unerwartete Medienöffentlichkeit. Krimi- und Jurapodcasts bringen sich schon in Stellung. Eine 51-jährige Frau steht im Verdacht, etwa 40 Liter Regenwasser aus der Regentonne ihres Nachbarn gestohlen zu haben. Die Polizei Konstanz ermittelt ganz offiziell wegen Diebstahls geringwertiger Sachen gemäß § 248a StGB sowie wegen Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB).
Die Tat soll sich am 25. Juli 2025 gegen 04:00 Uhr morgens zugetragen haben und wurde durch einen Facebook-Post der örtlichen Polizei publik. Laut dem Bericht schlich die Frau zweimal in der Nacht auf das Grundstück ihres 38-jährigen Nachbarn, um mit zwei Gießkannen insgesamt etwa 40 Liter Regenwasser aus dessen Regentonne zu entnehmen. Überwachungskameras zeichneten die Tat auf, wobei die Frau beim zweiten Versuch versuchte, sich hinter einem Müllcontainer zu verstecken, als ein Auto vorbeifuhr, vermutlich um nicht entdeckt zu werden. Der Nachbar, der sein Haus renoviert und nach eigenen Angaben derzeit keinen Wasseranschluss hat, zeigte die Frau an, da er auf das gesammelte Regenwasser angewiesen ist. Ihn ärgert nach eigenen Angaben besonders, dass die Frau auf ihrem Grundstück eine eigene Regentonne hat.
Juristisch ordnet die Polizei den Fall korrekt ein. Regenwasser, das in einem Behälter wie einer Regentonne auf dem Grundstück gesammelt wird, gilt als Privateigentum des Besitzers. Die unbefugte Entnahme ist ein Diebstahl. Hinzu kommt der Vorwurf des Hausfriedensbruchs. Der geschätzte Wert des entwendeten Wassers liegt nach Polizeiangaben bei etwa 15 Cent. Das scheint mir, selbst bei den heutigen Wasserpreisen, als sehr hoch gegriffen. Aber in jedem Fall reden wir höchstens über einen Diebstahl geringwertiger Sachen. In den Kommentaren zu dem Facebook-Post findet sich deshalb auch Kritik, dass die Polizei sich überhaupt so intensiv mit so einem Fall beschäftigt. „Lebenslänglich mit Sicherungsverwahrung“, schlägt ein Leser vor.
Ich würde eher erwarten, dass selbst bei hinreichendem Tatverdacht eine Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit möglich ist (§ 153 StPO). Die Beteiligten sind wahrscheinlich ohnehin schon genug damit bestraft, dass sie es auch künftig miteinander aushalten müssen.
Karikatur: wulkan