STRENG GETRENNT

Das Amts- und Landgericht Düsseldorf sind in einem riesigen Gebäude untergebracht. Büros, Sitzungssäle – alles ein großes Kuddelmuddel. Es gibt eine gemeinsame Briefannahme und eine gemeinsame Telefonzentrale. Die Pförtner bewachen Türen und Parkplätze für beide Gerichte gemeinsam. Eine gemeinsame Kantine gibt es natürlich auch.

Ihren jährlichen Betriebsausflug machen die beiden Gerichte aber an getrennten Tagen. Das Amtsgericht am Freitag, 4. Juli, das Landgericht eine Woche später, am 11. Juli. Überflüssig zu sagen, dass nach meiner Erfahrung an beiden Tagen praktisch gar nichts läuft. Und zwar an beiden Gerichten.

Keine sinnvolle Regelung? Ach wissen sie, das war bei uns immer so, und deshalb wird es auch immer so bleiben…

WISSEN

Aus dem o-y-d-t-Blog:

Seltsam. Ich hätte nicht gedacht, daß Leute wegen Schmerzen auf meine Seite kommen, aber nun gut. Sollen sie. Vielleicht sollte ich Geld verlangen? Was kostet denn so die Stunde im Domina-Studio? Vielleicht sollte ich Udo mal fragen, der hat doch eine Mandantin die in der Branche…

Tja, Fachwissen ist eben unbezahlbar…

KORPSGEIST

„Plötzlich rief jemand Empfangskommando“, berichtet sie. „Daraufhin kam der Funker gelaufen, und hinter ihm der Wachdienstführer (WDF) in Zivil. Er fragte mich nach meinen Handschuhen. Ich sagte, die würden ihm nicht passen. Er antwortete: Du glaubst gar nicht, wie schlanke Hände ich habe.“

Die Süddeutsche Zeitung berichtet in einer eindrucksvollen Reportage über den Tod auf einer Kölner Polizeiwache.

Wir hören schon das Echo: Ja, sicher, schwarze Schafe gibt es überall…

Nachtrag: Woanders wird auch geprügelt (der standard.at). Danke an Mathias Schindler für díe Quelle.

VORSICHTIGER OPTIMISMUS

Sehr geehrter Herr K.,

Ihr Haftprüfungstermin ist am Montag, 14. Juli 2003. Ich habe länger mit dem Richter gesprochen. Er betrachtet die Sache als „dickes Ding“. Allerdings nimmt er auch zur Kenntnis, dass Sie bislang nicht besonders aufgefallen sind und einen guten sozialen Hintergrund haben.

Ich will Ihnen auf keinen Fall zuviel versprechen. Aber es gibt eine Chance, Sie am Montag heraus zu bekommen. Einzelheiten besprechen wir vor dem Termin. Ich besuche Sie im Gewahrsam des Amtsgerichts.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

SANFTER DRUCK

Amtsgericht Düsseldorf, heute morgen um 9 Uhr:

Die Richterin: „Also, wenn ich mir das so anschaue, hat der Kläger Recht. Ich sehe keinen Grund, warum der Beklagte nicht zahlen soll.“

Ich: „Das ist aber schön.“

Die Richterin: „Trotzdem schlage ich vor, dass die Parteien einen Vergleich schließen. Der Beklagte zahlt 3/4 der Summe und trägt entsprechend die Kosten.“

Ich: „Aber wenn sie doch sagen, dass wir Recht haben, warum sollten wir dann auf 1/4 der Klageforderung verzichten? Und einen Teil der Kosten tragen.“

Die Richterin: „Herr Vetter, sie wissen doch, wie das ist. Wenn ich dann in meinem stillen Kämmerlein sitze und über dem Urteil brüte, da können die komischsten Sachen passieren.“

Ich habe den Vergleich geschlossen.

SMILE

„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Vetter,

Ihr Schreiben vom 27. Juni 2003 ist wieder von Inkompetenz gekennzeichnet.“

Schöner Einleitungssatz. Regt mich aber gar nicht auf. Das überlasse ich dem Kanzler.

AUSGERECHNET

Friedmans Anwalt Eckart Hild gab am Dienstag in Frankfurt am Main bekannt, sein Mandant habe den Strafbefehl von 150 Tagessätzen in Höhe von insgesamt 17.400 Euro akzeptiert. (Spiegel online)

Damit wissen wir also, was der Kollege monatlich verdient: € 3.480 netto.

Die Suiten im Interconti hat demnach aber Bärbel bezahlt.

EILIG!!!!???r

Das Gesetz meint es gut. Wer in Untersuchungshaft geht, kann Haftprüfung beantragen. Spätestens 14 Tage nach dem Antrag muss eine mündliche Verhandlung stattfinden.

In der Theorie. Die Praxis sieht mitunter so aus:

4 Tage vor Ablauf der Frist.

Gericht: „Wir haben die Akte nicht.“

Staatsanwaltschaft: „Ja, die Akten liegen hier. Die sind noch nicht wieder ans Gericht geschickt. Machen wir aber gleich. Die Akten gehen per Eilboten raus.“

Am nächsten Tag.

Richter: „Ich kann keinen Termin anberaumen, wenn ich keine Akten habe.“

Staatsanwaltschaft: „Die Akten waren hier. Jetzt sind sie in der Bildstelle. Da werden Fotokopien gemacht. Die Akten sollten eilig ans Gericht? Davon ist mir nichts bekannt, aber ich bin ja nur eine Vertretung.“

Der Staatsanwalt persönlich: „Ja, da ist was schiefgelaufen. Aber die Akten gehen gleich raus. Ich kümmere mich persönlich darum.“

Einige Tage später, einen Tag nach Ablauf der gesetzlichen Frist.

Gericht: „Wir haben immer noch keine Akten. Fragen sie bei der Staatsanwaltschaft.“

Dort geht niemand ans Telefon. Dafür klingelt in unserem Anwaltsbüro der Paketbote. Er bringt eine komplette Kopie der Ermittlungsakte.

Wenn der Richter gleich aus einer Sitzung raus ist, werde ich ihn anrufen und anbieten, eine Kopie meiner Kopie mit dem Rotrunner zu schicken. Dass Anwälte dem Gericht Akteneinsicht gewähren, ist zwar etwas ungewöhnlich, scheint mir aber der letzte Ausweg zu sein.

Habe ich schon erwähnt, dass die Entfernung zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht ca. 250 Meter beträgt?

VORBESTRAFT

Durch die Friedmann-Berichte geistern immer wieder die magischen 90 Tagessätze. Diese Strafe kann man angeblich kriegen, ohne vorbestraft zu sein.

Stimmt nicht ganz.

Vorbestraft ist man schon ab einer Geldstrafe von 5 Tagessätzen. Das ist die Mindeststrafe (§ 40 Abs. 1 S. 2 Strafgesetzbuch).

Allerdings gibt es die Vorschrift, dass man eine Vorstrafe nicht offenbaren muss, wenn diese 90 Tagessätze Geldstrafe oder drei Monate Freiheitsstrafe nicht überschreitet (§§ 53, 32 Bundeszentralregistergesetz).

Diese kleineren Strafen stehen auch nicht im normalen Führungszeugnis, so dass man gegenüber Arbeitgebern etc. „clean“ ist. In Führungszeugnisse für Behörden werden die Strafen jedoch unter gewissen Umständen aufgenommen, so dass es beim Angel-, Führer- oder Gewerbeschein doch Probleme geben kann.

Der Tagessatz entspricht übrigens dem täglichen Nettoeinkommen (Monatseinkommen : 30). Wenn also morgen Friedmanns Tagessatz durch die Blätter rauscht, lesen vor allem Anwälte genau mit. Eine seltene Gelegenheit, mal zu erfahren, was Kollegen so verdienen…

NOTEBOOKS, SUPERGÜNSTIG

NOTEBOOKS, SUPERGÜNSTIG

Die ebay-Masche läuft immer gleich. Erstmal zig gute Bewertungen sammeln, dann einfach nicht mehr liefern. „dewedo“ aus Dortmund hat es offensichtlich genauso gemacht. Er bot Acer Notebooks für ziemlich günstige € 999,00 zum Sofortkaufen an.

Am Ende so erfolgreich, dass ihm anscheinend die Notebooks ausgingen. 62 Besteller kriegten nichts mehr für ihr Geld, das sie im Vertrauen auf die ordentlichen Bewertungen vorab überwiesen hatten. Das Trauerspiel lässt sich übrigens noch über die ebay-Mitgliedersuche nachverfolgen.

Jetzt sitzt dewedo nach fast 1-jähriger Flucht in der JVA Dortmund und wartet auf seinen Prozess.

Bis hier ist die Geschichte Alltag. Der Clou ist, dass die Staatsanwaltschaft Dortmund es geschafft hat, € 14.706,00 Euro auf einem „Geschäfts“-Konto von dewedo zu beschlagnahmen. Das wäre nicht jeder Staatsanwaltschaft gelungen. Insoweit ein ausdrückliches Kompliment!

Just heute ist dann auch das Zivilurteil in der Post, in dem dewedo zur Rückzahlung an meinen Mandanten verurteilt wird. Das Urteil benötigen wir, um Rechte an der beschlagnahmten Summe geltend zu machen. Mal sehen, wie viel am Ende rauskommt. Zur Not können wir ja auch noch den Arbeitslohn in der Strafhaft pfänden. Dann kommt das Geld zwar centweise, aber meinem Mandanten wird es trotzdem ein Vergnügen sein…

Nachtrag: Ein aktueller Fall.

WELLE

Hmm, was rät man einem Mandanten, der von einer heranbrausenden Kündigungswelle in seiner Firma erfahren hat?

Er kann einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter stellen. Irgendein Zipperlein hat schließlich jeder. Der Kündigungsschutz gilt für die gesamte Dauer des Verfahrens. Das kann Monate dauern. Der Antrag wird beim örtlichen Versorgungsamt gestellt.

Für den Betriebsrat kandidieren. Wirkt ab Aufstellung des Wahlvorschlages. Falls es keinen Betriebsrat gibt, einfach eine Wahl in die Wege leiten. Wer Wahlvorstand wird, ist erst mal unkündbar.

Heiraten. Schon die Ehe als solche lässt den Arbeitnehmer in der Sozialauswahl nach oben rücken. Wenn alle Papiere vorhanden sind und das Standesamt auf Zack ist, kann man mittlerweile in 24 bis 48 Stunden verheiratet sein. Grund: Der Gesetzgeber hat das langwierige Aufgebot abgeschafft.

Den Sonntagabend sinnvoll nutzen – und ein Kind zeugen. Unterhaltsverpflichtungen, auch künftige, sind Joker bei der Sozialauswahl.

Weitere Anregungen sind willkommen.

Nachtrag: Ein guter Artikel zum Thema.

ANGEBOT

Wir versteigern bei ebay eine coole Rechtsprechungs-CD.

Falls sich der Käufer auf den law blog bezieht, gibt es auf den Endpreis 30 % Rabatt.

Die Auktion findet sich hier.

BEZAHLTER URLAUB

Wer seinen Arbeitsplatz verliert, hat Anspruch auf bezahlten Bewerbungsurlaub. Vorstellungstermine, Behördengänge etc. gehen zu Lasten den Noch-Arbeitgebers. Sie müssen nicht im Rahmen des normalen Urlaubs erledigt werden.

Eines der wenigen Arbeitnehmerrechte, die man – eine Rechtsschutzversicherung vorausgesetzt – vor dem Arbeitsgericht gnadenlos durchsetzen kann. Schließlich hat man in der Situation kaum was zu verlieren.

Weitere Einzelheiten in der Süddeutschen Zeitung.

NADELSTICHE

Drogen in besseren Verhältnissen:

Ich saß in einer Hotelsuite und interviewte einen der renommiertesten Regisseure Deutschlands. Seit einiger Zeit hatte ich dazu übergehen müssen, in die kleinen Adern auf meinem Handrücken und auf den Fingern zu injizieren. Die Venen an meinen Armen waren völlig zerstört. Mittlerweile sahen meine Hände aus wie Klauen aus einem Horrorfilm – geschwollen, entzündet, zerstochen. Ich trug nur noch Pullover mit sehr langen Ärmeln.

Eine lesenswerte Reportage bei Spiegel online.

SCHRUMPFHODEN

Hi. Während mein Trizeps schwillt, beantworte ich heute die Frage aller Fragen:

Wie kommt ein Anwalt an Mandanten?

Er kann zum Beispiel mal wieder zum Sport gehen. Dafür bietet sich ein Samstagmorgen ja an. Ich persönlich ziehe das Fitness-Studio vor. Im Golfclub gibt es nur Anwälte, die schon einen Zahnarzt haben, und Zahnärzte, die schon einen Anwalt haben. Golfclubs mit den potenziell interessanten Mandanten nehmen keine Anwälte und Zahnärzte auf, damit man in Ruhe Golf spielen kann.

Ich stemme also heute morgen ein paar Hanteln, als mich ein stämmiger Junge anspricht. Ja, ich bin öfter hier. Könnte noch öfter sein. Ob ich auf Masse trainiere. Ob ich Interesse an Nahrungsergänzungsprodukten habe. Alles Importware. Vom Feinsten. Vitamintabletten, hochdosiert direkt vom Muscle Beach? Auch im Angebot. Wir verabreden uns nach dem Training auf dem Parkplatz.

Er kramt schon im Kofferraum. Wo normalerweise das Reserverad liegt, hat er Tupperboxen mit vielen bunten Schachteln. Bevor ich nach Vitaminen fragen kann, empfiehlt er mir eine Kur mit Spiropent. „Nimm´ste 6 Wochen, bringt 3 Kilo reine Masse.“ Ich erzähle ihm von einem Bekannten, der davon ein hulkmäßiges Matschgesicht bekommen hat, das erst Monate nach Absetzung wieder weggegangen ist.

Also kein Spiropent. Er hält mir das Testosteron-Depot von Jenapharm unter die Nase. „Kann ich dir für 4 Euro pro Injektion lassen. Ist sozusagen Einführungspreis.“ Ich versuche ihm klarzumachen, dass ich etwas breitere Schultern ungern gegen Schrumpfhoden eintauschen würde. Aber der Junge ist nicht zu bremsen. „Das Gequatsche mit den Nebenwirkungen, sind doch alles Gerüchte. Guck´mich an, ey.“ Ich übersehe dezent seine Laurabolin-Akne unterm Muscleshirt. Und den leichten Trend zu Hängebrüsten (den roten Tigern sei Dank).

Also doch nur Vitamine. Er gibt nicht auf. „Haste ab und zu Stress?“ Das kann ich nicht abstreiten. „Hier, ich schenk´ dir eine. Einmal mit Viagra, willste nicht mehr ohne.“ Am Ende habe ich amerikanische Vitamine, eine babyblaue Pille und seine Handynummer. Ich gebe ihm meine Visitenkarte. „Och ´n Anwalt. Für Strafrecht. Cool, vielleicht brauche ich dich ja mal.“

Mit Sicherheit – wenn er die Leute im Studio weiter so bedenkenlos anquatscht. Oder hätte ich ihm sagen sollen, dass der Mittdreißiger, der im Studio ein paar Meter weiter mit seiner Frau ein Probetraining machte, Staatsanwalt ist?