HILFSSHERIFFS

Vorab als Fax 6025 2929

Staatsanwaltschaft Düsseldorf

Postfach 101122

40002 Düsseldorf

Befangenheitsantrag, hilfsweise Gegenvorstellung

Sehr geehrter Herr Staatsanwalt,

in o.g. Angelegenheit lehnt mein Mandant die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sollte dieser Antrag als unzulässig angesehen werden, bitte ich ihn als Gegenvorstellung zu betrachten.

1. Bei einer Durchsuchung in der Wohnung meines Mandanten wurden 2250 CDs beschlagnahmt. Hieraus ergab sich bei der Polizei der Verdacht, mein Mandant habe illegal Kopien gefertigt und diese unter Umständen weiter verkauft.

Nach Rücksprache mit Ihnen hat der ermittelnde Kriminalkommissar die CDs an die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) weitergegeben, und zwar zur Auswertung und ggfls. Stellung eines Strafantrages.

Ein Mitarbeiter der GVU, Herr B., hat am 22. Juli 2004 folgende Gegenstände von der Kriminalpolizei ausgehändigt erhalten:

3 Kartons mit insgesamt 2235 CDs (Bl. 11).

Wie Sie mir auf Rückfrage telefonisch sagten, wird die GVU als „Sachverständiger“ tätig.

2. Die Aushändigung der Unterlagen an die GVU ist rechtswidrig.

a) Sachverständige können nur natürliche Personen sein (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 72 Rdnr. 2). Private Organisationen, insbesondere Vereine und Gesellschaften des Privatrechts scheiden als Sachverständige aus (ebenda).

Die Überlassung „an die GVU“ ist schon deshalb rechtwidrig, weil diese ein eingetragener Verein und keine natürliche Person ist. Ausweislich der Akte ist auch kein konkreter Sachverständiger benannt, so dass weder etwas zu dessen eventueller Existenz noch zu seiner Eignung gesagt werden kann.

b) § 73 Abs. 2 StPO schreibt vor, dass andere Personen nur zu Sachverständigen gewählt werden sollen, wenn für gewissen Gutachten Sachverständige nicht öffentlich bestellt sind.

Es gibt ausreichend öffentlich bestellte Sachverständige, welche in der Lage sind, Beweismaterial auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu untersuchen.

c) Die GVU ist auch kein geeigneter Sachverständiger. Es handelt sich hierbei um einen Interessenverband der Film- und Musikindustrie, der sich die aktive Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen auf die Fahnen geschrieben hat.

So rühmt sich die GVU auf ihrer Homepage:

„Parallel dazu wird für jede Mitgliedsfirma auf Wunsch das strafrechtliche Beweismaterial zur Durchführung zivilrechtlicher Maßnahmen aufbereitet.“

Hieraus ergibt sich zwanglos, dass die GVU nicht die für einen Sachverständigen erforderliche Neutralität besitzt. Vielmehr steht die GVU eindeutig auf Seiten der vermeintlich Geschädigten und ist mit diesen – über Mitgliedsbeiträge und Zuwendungen – wirtschaftlich verflochten.

Überdies ist es bemerkenswert, dass der Sachverständige als solcher die Unterlagen auch erhält, damit er ggf. einen Strafantrag stellen kann. Dies bedeutet – auch aus Sicht der Ermittlungsbehörden – faktisch eine Identität zwischen Geschädigtem und Sachverständigen. Dies führt nicht nur zur Besorgnis der Befangenheit, sondern zu einer Ausschließung kraft Gesetzes (§§ 161a, 73, 22 Ziff. 1 StPO).

d) Vorsorglich weise ich darauf hin, dass die Auswahl der GVU auch gegen Nr. 70 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren verstößt. Danach hätte mir Gelegenheit gegeben werden sollen, an der Auswahl des Sachverständigen mitzuwirken.

3. Die vorgenannten Punkte rechtfertigen die Ablehnung. Denn die grundsätzliche Ungeeignetheit der GVU als Sachverständiger, das Vorhandensein vorrangiger Sachverständiger und die offensichtlichen Interessenkollisionen bei der GVU begründen vom Standpunkt meines Mandanten verständigerweise ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der GVU als Sachverständiger.

4. Die Ablehnungsgründe werden glaubhaft gemacht durch Bezug auf Ihre dienstliche Äußerung sowie die eventuelle Äußerung der GVU zu diesem Ablehnungsantrag.

5. Sollten sich der Antrag als unzulässig erweisen, bitte ich ihn als Gegenvorstellung zu werten. Sollten Sie dieser Gegenvorstellung nicht abhelfen wollen, legen Sie den Vorgang bitte der Behördenleitung vor.

Ich erbitte eine Nachricht über die weitere Behandlung dieses Antrages und eine Information über die Abschlussentscheidung.

Mit freundlichen Grüßen

Vetter, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

BLUTDRUCKSTEIGERND

Vielleicht sollte die Rechtsanwaltskammer Einladungen zu Seminaren nicht mit dem Vermerk „Persönlich/Vertraulich“ versenden. Solche Schreiben verkürzen meine Lebenserwartung. In exakt gleicher Aufmachung werden nämlich Beschwerden von verärgerten (ehemaligen) Mandanten und sonstigen bösmeinenden Zeitgenossen zugesandt.

DRINGEND

Ich halte meine Durchwahl nicht wirklich geheim. Deshalb kommt es schon vor, dass die Anruferliste flasht, während ich telefoniere. 11 Versuche in knapp anderthalb Minuten, das habe ich auch noch nicht erlebt. Zumindest bis letzten Freitag.

RÄUBERISCH

RÄUBERISCH

Vier Wochen saß ein amerikanischer Tourist in München in Untersuchungshaft. Er soll versucht haben, in einem Brauhaus einen Maßkrug mitgehen zu lassen. Spiegel online berichtet, dass der zuständige Richter die lange Haft nachträglich „bedauerlich“ fand.

Das Problem war, dass sich der Tourist gegen einen Mitarbeiter des Brauhauses gewehrt haben soll. Dabei ist dann schnell die Schwelle zum „räuberischen Diebstahl“ überschritten, für den drakonische Strafen drohen.

HELLBOY

Eine Filmfirma hat ihr Sicherheitspersonal bei einer Autogrammstunde für den Streifen „Hellboy“ angeblich illegale Filmkopien konfiszieren lassen. Dumm, dass der Studioboss wohl ziemlich martialisch aufgetreten ist. Noch dümmer, dass es sich nach dem Bericht bei heise online um DVDs handelte, die sich die Zuschauer ganz legal aus dem Ausland besorgt haben.

Je nach Ablauf könnte die Aktion Diebstahl oder sogar Raub gewesen sein. Rausreden dürfte nicht ganz einfach sein. Sicherlich hätte man ja die Polizei holen können, so dass noch nicht einmal ein Festnahmerecht vorlag.

ALIBI

Wenn ein Beschuldigter zur Tat schweigt, darf ihm das nicht nachteilig angelastet werden. Wie aber ist es, wenn er sich teilweise äußert? Dann dürfen aus der Tatsache, dass er zu gewissen Punkten Angaben macht und zu anderen nicht, durchaus nachteilige Schlüsse gezogen werden.

Allerdings ist nicht jede Äußerung zur angeblichen Tat gleich eine Einlassung in diesem Sinne. So lange es beim „pauschalen Bestreiten“ der Tat bleibt (zum Beispiel Angabe eines Alibis), ist dies nach wie vor keine Teileinlassung. Darauf hat das Oberlandesgericht Karlsruhe einem Urteil erneut hingewiesen, berichtet beck-aktuell.

LAUFZEITEN

Manche Gerichte sollten sich mal um die Qualität ihrer privaten Zustelldienste kümmern. Allein am 19. August erhielten wir folgende Schreiben:

     4 x Amtsgericht Krefeld vom 18.5. (!), 5.7., 14.7., 19.7., 21.7.
     1 x Arbeitsgericht Krefeld vom 26.7.
     2x Arbeitsgericht Düsseldorf vom 21.7., 26.7.

Darunter Terminsaufhebungen von Terminen, die vor anderthalb Wochen waren. Und Ladungen zu Terminen mit gleichzeitigen Stellungnahmenfristen. Die Transportdauer führt dazu, dass die Schriftsatzfristen jetzt erst nach den Verhandlungsterminen ablaufen.

NACHGEFRAGT

Alle Rechnungen brav nummeriert, die Steuernummer angegeben. Davon hat man dann, dass irgendwelche Leute beim Finanzamt anrufen und sich erkundigen, was die Rechtsanwälte Vetter & Mertens denn so verdienen. Zum Glück hält zumindest unsere Sachbearbeiterin was vom Datenschutz und hat nachgefragt.

Auf die Rechnungen kommt ab sofort nur noch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Angeblich kriegt man damit als Anrufer ggf. weit weniger sensible Informationen.

KARTELL

Das Bundesverfassungsgericht sprengt das Kartell der Insolvenzanwälte. Jeder Bewerber müsse entsprechend seiner Eignung gleichen Zugang zu Insolvenzverwaltungen haben, heißt es in der Entscheidung.

Bislang sieht die Praxis gemeinhin so aus, dass immer wieder die gleichen Anwälte vom Gericht beauftragt werden. Und zwar nach Kriterien, über die gemeinhin viel gemunkelt wird. Aber beweisen lässt sich natürlich nichts.

Mich persönlich betrifft das nicht, weil ich höchstens mal die Forderung eines Gläubigers zur Tabelle anmelde. Aber allen wirtschaftsrechtlich orientierten (Jung)Anwälten bietet sich hier eine große Chance. Obwohl ich fürchte, dass es bis zu einer spürbaren Änderung noch einer mächtigen Klagewelle an der Basis bedarf.

SIPPENHAFT

Die britische Regierung will Kinder von Inhaftierten ab einem frühen Alter überwachen. Damit soll verhindert werden, dass die Kinder später selbst straffällig werden. Angeblich, so dieser Zeitungsbericht, besteht eine 65-prozentige Chance, dass Kinder von Inhaftierten selbst ins Gefängnis kommen.

Zumindest bei Mädchen dürfte diese Zahl absurd überhöht sein. Unabhängig davon grüßt hier natürlich der Polizeistaat. Und nach Sippenhaft klingt das Konzept auch, trotz der frommen Vorsätze der zuständigen Ministerin.

(link gefunden bei Aktenvermerk)

KEINE STRAFE

Über 90 Minuten soll ein 19-jähriger ein drei Jahre jüngeres Mädchen vergewaltigt haben. Trotzdem müsse er nicht hinter Gitter, schäumt Bild.

Wenn man die geschilderten Fakten als richtig unterstellt, hat der junge Mann sicher Glück gehabt. Und mit Sicherheit einen guten Anwalt.