JUNG

Schwierige wirtschaftliche Startbedingugen führen dazu, dass viele junge Anwälte ihre Zulassung gleich wieder zurückgeben. Im Jahr 2003 waren es alleine 1.089, berichtet beck-aktuell. Die „Abbrecher“ waren alle unter 39 Jahre alt.

Da fällt mir auf, dass ich für die Statistik noch vier Monate als junger Anwalt gelte. Ob ich mich so fühle, ist eine ganz andere Frage :-)

NEIDISCH

Heute freue ich mich auf Zugfahrt nach Hamburg. Weil ich ausnahmsweise mal nicht die üblichen Schriftsätze ins Notebook hacke, die sich so gut für Zugfahrten eignen. Anspruchsschreiben in Unfallsachen. Verteidigungsschriften wegen Schwarzfahrens, Hasch und Straßenraub. Also alles, was stieläugige Sitznachbarn aus dem gleichen Metier – Fernzüge sind ja fest in Anwaltshand – nicht unbedingt in Ehrfurcht erstarren lässt.

Heute male ich zur Abwechslung mal eine Klageerwiderung. Streitwert: 8,5 Millionen. Ich wünschte, der Stieselskopp von neulich säße wieder neben mir. Der Associate spielte die ganze Zeit mit seinem Blackberry und verkündete dann ungefragt: „Hach, Herr Kollege, wenn ich Sie so rackern sehe, bin ich doch froh, dass ich es in ein größeres Büro geschafft habe. Wir arbeiten immer nur an einem Fall zur gleichen Zeit.“

Heute wäre das anders. Garantiert.

KONTROLLE

In der U-Bahn hält mir ein ziemlich abgerissener Typ einen Zettel hin. „Fahrausweiskontrolle. Ticket, bitte.“ Im ersten Augenblick kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass das ein echter Kontrolleur ist. Ich gucke mir also den „Ausweis“ an. Ein babyblaues Papier, direkt aus dem Nadeldrucker. „Rheinbahn“ steht oben und „Ausweiskontrolle“ unten.

„Das ist aber nicht der richtige Ausweis.“ „Nein“, knurrt er. „Der ist nur vorläufig.“ „So etwas kann sich aber jeder drucken.“ „Zeigen Sie mir jetzt den Fahrschein?“ „Nein.“ „Warum nicht?“ „Weil sie keinen Ausweis haben.“ „Dann hole ich jetzt die Polizei.“ Er nestelt an seiner Umhängetasche. „Tun Sie das. Der Polizei zeige ich meinen Fahrschein gerne.“

Er dreht sich wortlos um und steigt an der nächsten Haltestelle aus. Mich stubst ein Fahrgast an, der gestanden hat. „Einer Frau ganz hinten hat er 40 Euro abgenommen.“

Ohne Quittung, würde ich mal wetten.

ABGESAGT

Immer wieder beliebt: Zu Gerichtsverhandlungen erscheinen und erfahren, dass der Termin am Vortag aufgehoben worden ist. „Hat die Geschäftsstelle nicht bei Ihnen angerufen?“ wundert sich die Richterin.

Nein hat sie nicht. Mich würde es wundern, wenn sie hätte.

ÜBERFÜHRT

ÜBERFÜHRT

Eigentlich suchte die Polizei in der Wohnung meines Mandanten nach weichen Drogen. Als sie nach anderthalb Stunden immer noch nichts gefunden hatten, gaben die Beamten auf.

Doch nicht ganz.

Im Ermittlungsbericht steht fast beschwörend, die Wohnung biete ein einschlägiges Ambiente. Sie mache einen unaufgeräumten Eindruck. Auf der unteren Ablage des Beistelltisches im Wohnzimmer habe man ein Päckchen Zigarettenpapier und ein BIC-Feuerzeug entdeckt. Ergebnis: Der Tatverdachte habe sich durch Indizien mittelbar bestätigt.

Zigarettenpapier und Feuerzeug wurden sogar als Beweismittel beschlagnahmt.

Es wird mir schwer fallen, in meiner Verteidigungsschrift nicht ironisch zu werden.

VERSUCHUNG

Bei Verkehrsunfallsachen muss die Versicherung des Schädigers auch die Anwaltsgebühren tragen. Eine große Versicherung macht mir jetzt folgenden Vorschlag:

Wir zahlen zur Abgeltung aller Ansprüche 10.000 Euro. Ihre Anwaltsgebühren übernehmen wir nach einem Gegenstandswert von 15.000 Euro. Der Gebührenvorschlag ist Gegenstand des Vergleichs.

Wessen Interessen vertrete ich denn? Meine? Oder die meiner Mandanten? Ich schätze mal, das Angebot lehne ich ab.

HÖHERE GEWALT

HÖHERE GEWALT

Wie es aussieht, können sich die Autoversicherungen beim Gesetzgeber bedanken. Der hat nämlich nicht nur verordnet, dass bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis keine Mehrwertsteuer fällig ist. Sondern sich auch noch die Regelung ausgedacht, dass die Mithaftung eines Autofahrers aus der sogenannten Betriebsgefahr nur noch bei „höherer Gewalt“ entfällt.

In der Gerichtspraxis scheint das dazu zu führen, dass Geschädigte selbst dann teilweise für ihren Schaden aufkommen müssen, wenn sie absolut nichts falsch gemacht haben. Beispiel: Ein erwachsener Fußgänger rennt plötzlich auf die Straße. Der Autofahrer reagiert schnell, kann aber trotzdem nicht mehr rechtzeitig bremsen

25 % Mithaftung, weil keine höhere Gewalt.

Oder ein Taxifahrer wechselt einfach die Spur, ohne auf den nachfolgenden Verkehr zu achten. Vollbremsung und Ausweichmanöver enden für den Autofahrer hinter ihm auf einer Verkehrsinsel.

30 % Mithaftung, weil keine höhere Gewalt.

Bei solchen Entscheidungen werden die Versicherungen versuchen, die Quoten noch höher zu treiben. Dagegen hilft dann nur noch eins: vernünftiger Verkehrsrechtsschutz.

SUUUUPER WICHTIG

Manche Leute machen es am Telefon so wichtig und eilig, dass ich für sie meinen Zeitplan umwerfe. Sehr schön, wenn der potenzielle Mandant dann nicht mal anruft und Bescheid sagt, dass er nicht kommt.

Wenn dann am nächsten Tag – ohne jede Erklärung – das gleiche Spiel wieder losgeht, bitte ich allerdings um Verständnis dafür, dass wir es künftig nach meinen Regeln spielen. Termin am Freitag. Früher geht nicht.

Ansonsten empfehle ich die anderen 3.999 Anwälte in Düsseldorf…

STOLZ

Ich bin ein bisschen stolz auf mich. Ohne fremde Hilfe zu Hause ein WLAN so installiert, dass es mit meinem Notebook spricht.

Dabei immer überlegt, was wohl meine Kunden sagen würden, wenn ich ihnen dafür, dass ich Ihnen meinen kostenpflichtigen Service anbiete, zunächst eine „Bereitstellungspauschale“ abknöpfe.

Nachtrag: Da in den Kommentaren Fragen nach dem Datenschutz aufgeworfen werden, ergänzend die Info, dass es sich um den DSL-Anschluss in meiner Wohnung handelt. Das LAN im Büro geht auch weiterhin über Kabel. Und WEP habe ich zu Hause auch aktiviert…