TEURES VERGNÜGEN

TEURES VERGNÜGEN

Nacktjoggen kostet 600 Euro. So das Oberlandesgericht Karlsruhe. Wie die Vorinstanz erkannte das Gericht auf eine grob ungehörige Handlung, welche im deutlichen Widerspruch zur Gemeinschaftsordnung stehe. Dem Nacktjogger, der sich auf seine Bürgerrechte berief, half es auch nicht, dass es an dem fraglichen Sommerabend ziemlich heiß gewesen ist, so die Meldung von LexisNexis.

VORBILDLICH

Bei einem Ermittlungsrichter am Düsseldorfer Amtsgericht liegt ein offizielles Verzeichnis aller deutschen Anwälte auf dem Tisch. Ich vermute, dass Beschuldigte hineinsehen dürfen, wenn sie nach einem Anwalt verlangen.

Fast vorbildlich, wenn es nicht die Ausgabe von 2000 wäre.

(EX-)PARTNER

(EX-)PARTNER

19 der rund 80 deutschen Partner der Megakanzlei Linklaters könnten demnächst arbeitslos sein. Neben einer Herabstufung drohe ihnen sogar der Rausschmiss aus der Kanzlei, berichtet der Branchendienst JUVE.

Ein weiteres Zeichen dafür, dass die hochgelobten Fusionen mit anglo-amerikanischen Anwaltsfabriken ein Fehler waren. Was Daimler mit Chrysler gemacht hat, läuft auf der Anwaltsschiene umgekehrt. Ich habe schon von mehreren Kollegen aus solchen Konglomeraten gehört, dass die Managing Directors aus England oder den USA sich mitunter aufführen wie Kolonialherren. Und es auch können. Denn in der Fusionseuphorie, so wird gemunkelt, haben einige Kanzleien Verträge unterzeichnet, für die Mandanten sie locker wegen Falschberatung verklagen könnten.

BESSER ALS ECHT

Spiegel online berichtet über das Weblog einer Amerikanierin, die es gar nicht gibt. Rund 5.000 Besucher pro Tag fesselte ein IT-Manager und verhinderter Schriftsteller pro Tag mit dem erfundenen Leben seiner Protagonistin. Jetzt will er sich mehr seiner Familie widmen. Zurück bleibt eine verwirrte Leserschaft.

Wiederholungen, auch in Deutschland, dürften nicht ausgeschlossen sein.

EINSCHÜCHTERUNG

EINSCHÜCHTERUNG

Im Rahmen eines Strafprozesses wurde die komplette Schadensakte einer Versicherung beschlagnahmt. Der Sachbearbeiter hatte eine ganz eigene Art, mit Zeugen zu sprechen. Das ergibt sich zum Beispiel aus dieser Telefonnotiz: „Den Befragten darauf hingewiesen, dass er der Wahrheitspflicht unterliegt und bei Falschaussage zu Gefängnis verurteilt werden kann. Einschüchterungsversuch wohl erfolgreich, Zeuge erklärte, er will eigentlich nichts mehr mit der Sache zu tun haben.“

Na, bei solchen Aktenvermerken dürfte einer steilen Karriere ja nichts mehr im Wege stehen.

MÜDE

MÜDE

Wenn ein Anwalt einfach nicht mehr kann und einschläft, kann er bei einer Fristversäumung nicht auf Gnade der Gerichte hoffen. Zumindest nicht der Finanzgerichte. Der Bundesfinanzhof hat festgestellt, dass ein Anwalt seine Arbeit so
vorplanen muss, dass er nicht plötzlich wegdöst.

JurText online veröffentlicht den Text der Entscheidung.

VIDEOKONTROLLE

Die Post darf ihre Briefverteilungszentren nicht flächendeckend per Video überwachen lassen. Das Bundesarbeitsgericht ist laut beck-aktuell der Auffassung, der damit verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer wiege schwerer als das mögliche Interesse der Post, Briefdiebstähle zu verringern. Die geplante Überwachung sei deshalb unverhältnismäßig.

Ein wichtiges Urteil. Bei der Post gibt es sicherlich ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis und wahrscheinlich auch eine beachtliche Verlustquote. Dazu kommt, dass die Post auch auf die Grundrechte (Postgeheimnis) ihrer Kunden Rücksicht nehmen muss.

Damit wird es für andere, „normale“ Unternehmen ohne Zustimmung des Betriebsrates wohl kaum noch möglich sein, Betriebsflächen mit Video überwachen zu lassen.

SMART

Heute tritt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in Kraft. Das erste größere Mandat, das nach den neuen Gebührenvorschriften abgerechnet werden muss, kam um 7.14 Uhr per Fax. Bis 23.59 Uhr gestern Abend wäre es sicher ein paar Euro günstiger gewesen…

Andererseits hatte ich letzte Woche eine smarte Dame hier sitzen, die nur mal ein „unverbindliches Gespräch“ über eine Scheidung führen wollte. Den Auftrag erteilt sie erst im Juli, weil Scheidungen nach dem neuen Gebührenrecht preiswerter werden.

DAHINGESAGT

Meine Mitarbeiterin bittet mich darum, den Mandanten nicht leichtfertig zu sagen, sie könnten „jederzeit“ vorbeikommen. Ein gewisser Teil nehme das wörtlich und wollte keine Termine mehr ausmachen. Diese Mandanten, die Höflichkeit und nackte Realität nicht zu unterscheiden vermögen, berufen sich dann standhaft auf mich und gucken böse, weil sich jemand in die intakte Beziehung zu ihrem Anwalt drängt. Das soll schon zu ernsten Enttäuschungen geführt haben – vor allem wenn ich die nächsten 6 Stunden nicht im Büro bin.

Aber wie sagt man es besser?

MITGELESEN

Vom mit Haftbefehl gesuchten Ex-Verteidigungsstaatssekretär Holger Pfahls gibt es vielleicht ein Lebenszeichen. Der ehemalige CSU-Politiker soll versucht haben, „per Fernschreiben“ Kontakt mit einem Anwalt aufzunehmen, berichtet tagesschau.de. Das Fernschreiben soll in einem französischen Postamt aufgegeben worden sein.

Da stellt sich die Frage, welcher schlaue Anwalt heutzutage noch in der Lage ist, Fernschreiben zu empfangen. (Schrecksekunde: Wie viele Topkriminelle mögen mir schon vergeblich ferngeschrieben haben?) Außerdem, welche Computersysteme da fleißig mitgelesen haben, so dass die Sache jetzt rausgekommen ist.

Im Übrigen ein Grund, mal über wirksame e-mail-Verschlüsselung nachzudenken. Mathias Schindler, von dem auch die links stammen, hat mir schon mal einige Tipps zukommen lassen. Danke.

Für das Bundeskriminalamt gehört Holger Pfahls übrigens zu den meistgesuchten Verdächtigen.

HOCHSTAPLER

Ein bislang hochgeschätzter Experte auf dem Pflegemarkt hat sich möglicherweise als Hochstapler entpuppt. Er soll gar kein Professor sein, sondern lediglich ein Krankenpfleger. Auch andere Titel, mit denen sich der Mann schmückte, bleiben fragwürdig. Gegen einen Strafbefehl wegen Titelmissbrauchs habe der Betroffene jedenfalls keinen Einspruch eingelegt, berichtet Spiegel online.

GIERIG

Für Verteidiger kostet die Aktenversendung € 8,00. Benötigt man die Akteneinsicht dagegen zur Regulierung zivilrechtlicher Ansprüche, zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall, können die Ordnungsämter die Gebühr seit einiger Zeit selbst festsetzen. Die Stadt Düsseldorf nimmt € 16,00. Das kann ich ja noch ansatzweise nachvollziehen.

Aber Essen berechnet mir – oder besser meiner Mandantin – jetzt € 25,00 für die Übersendung einer Akte mit dem sagenhaften Gewicht von 150 Gramm. Das macht an Portokosten € 1,44, denn die Rücksendung zahlen wir ja ohnehin. Selbst wenn man den Arbeitsaufwand rechnet, dürfte eine Überschreitung des Normalsatzes von mehr als 300 % wohl kaum zu rechtfertigen sein.

Schon der Betrag als solcher kommt nach meiner Meinung einer Zugangsverhinderun zu notwendigen Informationen gleich. Das gilt vor allem für den Fall, dass der Mandant keinen Rechtsschutz hat.

Ich habe gegen die Festsetzung der Gebühr Widerspruch eingelegt. Vielleicht verhindert das ja zumindest, dass ein Beamter demnächst € 75,00 fordert.

BEDRÜCKEND

BEDRÜCKEND

Ich hatte mich gestern schon gewundert, dass ausgerechnet ein amtierender Bundesverfassungsrichter die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe per Interview kategorisch für verfassungswidrig erklärt. Und von einer „Schieflage“ des Sozialstaates spricht.

Jetzt dementiert der angeblich interviewte Verfassungsrichter Siegfried Broß in einer Pressemitteilung, dass er sich so scharf geäußert hat. Die Statements stammen nach seinen Angaben ausschließlich aus einem im Internet veröffentlichten Vortrag, den er auf dem Katholikentag gehalten habe.

In dem Statement stellt Broß – sehr einseitig – dar, wie das Bundesverfassungsgericht das Sozialstaatsgebot im Laufe der Jahrzehnte mit Leben erfüllt hat. Er äußert Zweifel, dass unbegrenzter und radikaler Sozialabbau stets zulässig ist. Und Broß erklärt am Schluss, die Verfassungsmäßigkeit von Hartz IV erschließe sich ihm „bisher noch nicht“.

Ansonsten finden sich in dem Papier weitere starke Worte. Außerdem konkrete Forderungen an die Politik. So verlangt Broß unverhohlen, Privatisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge rückgängig zu machen und „anstehende mit Börsengang“ zu unterbinden. Zitat:

Staatswirtschaft kann nicht nur negativ gesehen werden. Vielmehr ist Staatswirtschaft in den Infrastrukturbereichen der Daseinsvorsorge unumgänglich, damit der Staat selbst unabhängig bleibt und nicht erpressbar wird.

Im Rest des Textes schürt Broß die Globalisierungsfurcht. Er warnt vor der Abhängigkeit von internationalen Spekulanten, welche die Währung beeinflussen können und befürchtet, dass ausländische Banken zu großen Einfluss bekommen.

Insgesamt ist das Papier fast noch bedrückender als die (angeblichen) Äußerungen des Bundesverfassungsrichters gegenüber den Zeitungen. Deutlich wird jedenfalls, dass dieser Verfassungsrichter besser Politiker geworden wäre.