BEREITWILLIG

Im Kreis Cochem-Zell veranstaltet die Polizei präventive Drogenkontrollen auf Schulhöfen, wie die Rhein-Zeitung berichtet wird:

Den Kontrollen verweigert hat sich gestern kein Schüler. Zur Freude von Kriminaloberkommissarin Schäfer. „Alle haben sich bereitwillig durchsuchen lassen“, so die 34-Jährige. Einige Durchsuchte nehmen es locker. Sie versuchen aber die gegenüber ihren Mitschülern doch recht peinliche Situation zu retten. „Ist doch Quatsch, was ihr hier macht. Ich habe doch noch nie Drogen genommen“, scherzt ein junger Mann, der gefilzt wird.

Moment, ich schnappe nach Luft. Ist es tatsächlich so, dass auch die Schultaschen unverdächtiger Schüler gefilzt werden? Das heißt also, dass ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt für Drogenbesitz junge Leute einen brutalen Eingriff in ihr Selbstbestimmungsrecht über sich ergehen lassen müssen. Und, wie sich ja wunderbar aus dem Bericht ergibt, gleich auch noch vor anderen bloßgestellt werden.

Dass die Polizei so was gut findet, geschenkt. Aber für entsetzlich halte ich die angebliche Zustimmung der Lehrer. Repression statt Pädagogik. Tolle Idee! Strafprozessordnung statt Schulordnung. Cool! Der Schulflur als Aufmarschgebiet der Polizei. Warum haben wir daran nicht schon früher gedacht? Das Ganze ist ausbaufähig. Wie wäre es mit dem Klassenzimmer als Operationsgebiet: „Kinder, legt die Bücher weg. Ihr hört ja schon die Stiefel auf dem Flur. Das sind die Herren vom SEK. Legt doch schon mal alles auf den Tisch, was ihr in den Taschen habt. Und zickt nicht wieder so rum, die tasten euch doch nur ab.“ Was für ein geniales Konzept.

Ich würde mein Kind jedenfalls sofort von einer Schule nehmen, an der es Angst haben muss, unter den Augen rückgratbefreiter Lehrer von 34-jährigen Kriminaloberkommissarinnen ohne konkreten Anlass festgehalten, durchsucht und möglicherweise „verhört“ zu werden.

Der auf so eine Durchsuchung folgende Antrag ans Gericht, die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen festzustellen, hätte wohl auch gute Erfolgsaussichten. Selbst in einem Land, wo verdachtsunabhängige Durchsuchungen möglicherweise zulässig sind. Immerhin gilt auch dort noch noch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit.

(Danke an Gerd Hoffmann für den Link)

GOOOOOOOAL !

tagesschau.de berichtet über wichtige Reformvorhaben:

Die so genannnte Sportanlagenlärmschutz-Verordnung ist WM-tauglich gemacht worden. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 dürfen die Fans lauter sein als die Polizei sonst erlaubt. Der Bundesrat verabschiedete eine Änderung, die die sonst geltenden Vorschriften lockert – insbesondere bei Abendspielen.

(Danke an Tom Steinwender für den Link)

RECHT GEBEUGT ?

Haben vier Richter am Oberlandesgericht Naumburg das Recht gebeugt? Fest steht jedenfalls, dass sie einem türkischen Vater beharrlich das Umgangsrecht mit seinem Kind verwehren. Und das, obwohl ihnen sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof schon mehrfach gravierende Rechtsverstöße bescheinigt haben.

Wie der Spiegel vorab berichtet, reicht es der zuständigen Staatsanwaltschaft immerhin für einen Anfangsverdacht und ein förmliches Ermittlungsverfahren. Die Richter sollen bereits Gelegenheit zur Äußerung erhalten haben.

Kommt es zu einer Verurteilung, müssen sich die Richter wahrscheinlich einen neuen Job suchen. Rechtsbeugung ist gemäß § 339 Strafgesetzbuch mit einer Mindesstrafe von einem Jahr bedroht. Die Mindesstrafe ist gleichzeitig die Grenze, bei der Beamte zwingend entlassen werden.

(Danke an Mathias Schindler für den Link)

SELBER FAUL

Ein Metablogger von der Zeit ereifert sich darüber, dass das „Du bist Deutschland“-Foto aus der Nazizeit in Blogs nur veröffentlicht wurde. Er ist nämlich der Meinung, die Blogger hätten auch recherchieren müssen. Aber sie wären zu feige oder zu faul gewesen, mal beim Stadtarchiv oder dem Buchautor anzurufen.

Abgesehen davon, dass diese Behauptung so offensichtlich nicht stimmt, ist dieser Satz im Beitrag wirklich witzig:

Und dann hat sich um Bildrechte mal wieder keiner geschert.

Gehört zum Recherchieren für einen Journalisten auch, dass man die rechtliche Seite abcheckt, bevor man juristisch etwas in Zweifel zieht?

Dann hätten die sicherlich in der Zeit-Redaktion vorhandenen Juristen oder gar die Rechtsabteilung dem Autor sicher was von § 51 Urheberrechtsgesetz erzählt. Und ihm erklärt, dass die Veröffentlichung des Fotos als “Bildzitat” mit Quellenangabe im aktuellen Kontext so was von rechtmäßig ist, dass es auf möglicherweise abgelaufene Schutzfristen gar nicht ankommt.

Aber es steht ja nur in einem Zeit-Blog. Da darf man etwas fauler sein. Oder auch feige.

EINE FRAGE

Vorhin bei Spar:

„Och, Sie habe ich doch in der Zeitung gesehen. Sagen Sie mal, darf ich bei dem Wetter eigentlich noch mit meinen Sommerreifen fahren? Die sind schon ein bisschen runter…“

Wirklich eine charmante Art, sich eine Kurzberatung zu erschleichen.

GEKLEBT UND KOPIERT

Wenn man einen Briefentwurf zerreißt, weil die endgültige Fassung sich geändert hat, sollte man vorher die Originalvollmacht als letztes Blatt entfernen. Ist aber halb so schlimm, wenn das Schreiben sowieso nur als Fax raus sollte.

Mit Scotch Magic Tape gelingt die Reparatur fast unsichtbar.

HIN UND HER

Lieber Raten statt Klage. Sagt der Gegner. Also schließen wir mit ihm eine Ratenzahlungsvereinbarung ab. Mit einer strengen Fälligkeitsklausel. Danach ist der Gesamtbetrag sofort fällig, wenn mit einer Rate mehr als zehn Tage Verzug eintreten.

Die Zahlung kommt pünktlich, aber in Form eines Schecks. Wir lösen den Scheck ein und überweisen unserer Mandantin den Betrag. Eine Auftraggeberin übrigens, bei der man sich keine Sorgen machen muss, wenn der Scheck des Schuldners platzt. Genau das passiert. Der bereits gut geschriebene Betrag wird unserem Konto wieder belastet.

Wir fordern also das von der Bank zurückgebuchte Geld bei unserer Mandantin an. Und außerdem einen Gerichtskostenvorschuss für die jetzt fällige Klage. Am Tag danach geht der Betrag einer Rate zuzüglich 15 € ein. Allerdings nicht von der Mandantin, sondern vom Gegner. Der möchte sich damit wahrscheinlich für den geplatzten Scheck entschuldigen; schlauerweise hat er die Rücklastschriftkosten direkt mit draufgelegt.

Am nächsten Tag überweist die Mandantin den Betrag des geplatzten Schecks, ebenfalls zuzüglich der Bankkosten. Außerdem geht noch der Gerichtskostenvorschuss ein. Die Klage ist mittlerweile raus.

Ich gebe die Akte erst mal meiner Mitarbeiterin. Nach meiner Meinung können wir der Mandantin jetzt wieder eine Rate überweisen. Aber das soll sie entscheiden. Die Bucherei ist nicht so mein Ding, und die Sache jetzt eindeutig eine Wendung zu viel.

UNKLARE RECHTSLAGE

Manche Versicherungen sind stur. Eine weigert sich zum Beispiel, mehr als 60 % eines Unfallschadens zu ersetzen. Dabei ist die Sachlage ziemlich klar. Vor Gericht hätte die Versicherung so gut wie keine Chance.

Möglicherweise schließt man aus dem Alter der Geschädigten, dass diese es vielleicht nicht auf einen Prozess ankommen lassen. Oder man geht davon aus, dass keine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist. Oder weiß man es?

Natürlich geben weder der Sachbearbeiter noch sein Abteilungsleiter zu, dass hier wider besseren Wissens einfach versucht wird, Geld zu sparen. Sie erzählen zwar was von „unklarer Rechtslage“. Das ist aber so absurd, dass die Geschädigten natürlich fragen, wie man sich so etwas erlauben kann. Tja, siehe den vorigen Absatz.

Ich habe mittlerweile Mühe zu erklären, dss ich nicht Harry Potter bin und die Versicherung nicht zur Zahlung zwingen kann. Außer durch einen Prozess. Aber – siehe den vorletzten Absatz. Was jetzt noch bleibt, ist eine Beschwerde bei der Versicherungsaufsicht. Mit Kopie an den Vorstand der Versicherung.

ENTENMANN VS. BARTELS

Ein Herr Entenmann probiert’s. Er möchte Marcel Bartels („Mein Parteibuch“) untersagen lassen, einen Link auf seine Seite zu setzen, für alle Zeit seinen Namen zu erwähnen und einiges mehr. Dazu hat Herr Entenmann eine Klage beim Landgericht Berlin eingericht. Marcel Bartels dokumentiert sie auf seiner Seite.

Zum Glück für Marcel ergibt sich schon aus den Hinweisen des Gerichts, dass der zuständige Richter offensichtlich mehr vom Internet und Ehrenschutz versteht als andere Beteiligte des Verfahrens.

AM BESTEN GESTERN

Die Antwort auf meine Anfrage nach Details dauerte achteinhalb Wochen. Die leicht empörte Rückfrage, warum denn noch kein Klageentwurf vorliegt, kam schon nach vier Tagen.

Da habe ich die (subjektive) Eilbedürftigkeit wohl falsch eingeschätzt. Sorry.

FORTBILDUNG

Na ja, wenigstens wird der Rest des Tages geruhsam. Zumindest, wenn man auf Power Point nicht allergisch reagiert. Es steht mal wieder das obligatorische Fachanwalts-Fortbildungsseminar an, welches die örtliche Anwaltskammer dankenswerterweise in ihren eigenen Räumen veranstaltet und so endlose Anfahrten erspart.

Heute Morgen kurz überlegt, ob angesichts der zweiten Tageshälfte im geschlossenen Kollegenkreis nicht auch legere Kleidung reicht. Jetzt bin ich froh, dass ich den Gedanken verworfen habe. Zwei Düsseldorfer Tageszeitungen wollen nämlich nachher unbedingt noch Fotos von mir machen, wegen einer Geschichte, die – natürlich – noch morgen ins Blatt soll.

Da muss ich dann halt mal kurz vor die Türe gehen, wenn die Fotografen anrollen. Ich hoffe nur, dass dann nicht ausgerechnet Kaffeepause ist…